Verbot von „Stop-TTIP“ war rechtswidrig: Zwei Jahre zu spät
Nach dem Urteil fordern Aktivisten eine Reform der Europäischen Bürgerinitiative. Doch die EU-Kommission drückt sich.
Die Gegner des Freihandelsabkommens mit den USA wollen sich damit nicht zufriedengeben. Sie fordern eine durchgreifende Reform der Europäischen Bürgerinitiative (EBI), die mehr Teilhabe sichern sollte: Wenn Unionsbürger in zwölf Monaten für ein bestimmtes Thema in einem Viertel der Mitgliedsstaaten eine Million gültige Unterstützungsbekundungen sammeln, muss sich die Europäische Kommission mit diesem befassen. Bisher entscheidet die Kommission aber allein, ob sie eine EBI zulässt. Vor zwei Jahren hatte sie die Stop-TTIP-Initiative mit der Begründung abgelehnt, diese greife in laufende Verhandlungen ein.
Das war rechtswidrig, urteilte das höchste EU-Gericht in Luxemburg. Das Engagement der Bürger stelle keine unzulässige Einmischung dar. Die Richter befanden im Gegenteil, dass die Initiative zur rechten Zeit eine legitime demokratische Debatte ausgelöst habe.
„Die Ablehnung unserer Initiative war willkürlich und politisch motiviert“, kritisiert Michael Efler von Stop TTIP. Jetzt verdienten die 3,3 Millionen EU-Bürger, die unterschrieben hatten, „mindestens eine Anhörung vor dem Europäischen Parlament“, so sein Kollege Karl Bär.
Juncker persönlich stoppte
Das Europaparlament signalisiert Zustimmung: „Das Urteil ist eine Ohrfeige für Jean-Claude Juncker“, sagte der grüne EU-Parlamentarier Sven Giegold. Der Kommissionschef habe die unliebsame Initiative persönlich gestoppt. Nun müsse er dafür sorgen, dass die Regeln überarbeitet werden. „Die Kommission muss die Europäische Bürgerinitiative zu einem voll funktionsfähigen Instrument der direkten Demokratie in Europa machen“, so Giegold. Doch die Behörde wiegelt ab.
Man habe bereits am 11. April eine Reform der EBI eingeleitet, eine öffentliche Anhörung folge, sagte ein Kommissionssprecher der taz. Zudem praktiziere Brüssel bereits mehr Transparenz beim Freihandel.
Für TTIP kommt dies jedoch zwei Jahre zu spät. Die Kritiker sind daher nicht mit vagen Zugeständnissen zufrieden. Für Ernst-Christoph Stolper vom BUND ist klar: „Europäische Bürgerinitiativen müssen von nun an auch in Fragen der EU-Handelspolitik zugelassen werden.“
Doch darauf hat sich Brüssel bisher nicht festgelegt. Man spielt weiter auf Zeit.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen