piwik no script img

Verbot von Facebook-FreundschaftenAuseinander!

Lehrer und Schüler dürfen in Rheinland-Pfalz auf Facebook nicht mehr befreundet sein. Das soll helfen, die pädagogische Distanz zu wahren.

Hauptsache Distanz: Keine Facebook-Freundschaften mehr Bild: dpa

Nach Bayern und Schleswig-Holstein nun also auch Rheinland-Pfalz: Das Bundesland verbietet künftig qua Gesetz Facebook-Freundschaften zwischen Lehrern und Schülern.

Auch als Lernplattform oder zum Planen von Schulausflügen sollen Lehrer das soziale Netzwerk nicht mehr nutzen dürfen. Weil es pädagogisch nicht besonders wertvoll, sprich: nicht mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag zu vereinbaren sei, wenn man selbigen mit der Unternehmensphilosophie eines Datenhändlers verknüpfe.

Und schließlich: weil sonst, so fürchtet das rheinland-pfälzische Bildungsministerium, die pädagogische Distanz zwischen Lehrern und Schülern nicht mit Sicherheit gewahrt werden könne. Das klingt gut, das klingt richtig, wer wollte da schon was dagegen sagen? Fragt sich nur: welche pädagogische Distanz eigentlich?

Wenn sich allmorgendlich im Land die Tür zum Klassenraum schließt, steht in der Regel ein Lehrer 20 bis 30 SchülerInnen unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegenüber. Und kann, definiert man persönlichen Abstand nicht nur als die An- oder Abwesenheit einer wie auch immer gearteten Freundschaft, sich so angemessen distanziert – oder eben auch nicht – verhalten, wie es ihm oder ihr passt.

Apfelkorn in der Oberstufe

Da gibt es, man erinnere sich an die eigene Schulzeit, die Rumschreier (nervig, aber eigentlich hilf- und deswegen auch harmlos), die maliziösen Sadisten (wirklich nervig), die Verbitterten („Ihr gebt euch keine Mühe, ich geb mir keine Mühe“), die Chauvinisten („Diese chemische Formel sollte dich interessieren. Daraus wird der Weichspüler gemacht, mit dem du deiner Familie später die Wäsche wäschst“). Und in der Oberstufe gab’s auch mindestens den einen jungen Referendar, der, als die Klassentreffen langsam interessant wurden, immer am längsten blieb und mit den Mädchen Apfelkorn trank.

Die pädagogische Distanz ist nicht erst durch Facebook zum gefährdeten Gut geworden. Mit Facebook öffnet sich die Klassenraumtür eher ein Stück weit, es ist für einen größeren Kreis zu sehen, was die Schülerinnen bewegt, was besprochen wird, eventuell auch, was schiefläuft. Öffentlichkeit kann schützen. Sie kann Abhängigkeitsverhältnisse austarieren – im besten Fall. Problematisch wird es natürlich, Stichwort: Lehrer-Mobbing auf Facebook, wenn sich Abhängigkeitsverhältnisse umkehren.

Und manches eindeutig Zweideutige mag sich leichter schreiben, als es sich ins Gesicht zu sagen. 2012 machte der Fall eines Hamburger Lehrers Schlagzeilen, der sich mit einer damals 14-Jährigen auf Facebook schrieb – und Sex mit ihr hatte. Vielleicht hat Facebook diesen Machtmissbrauch einfacher gemacht.

Aber ein Verbot wird nicht helfen, so etwas zu verhindern. Das weiß übrigens auch das rheinland-pfälzische Bildungsministerium. „Das lässt sich nicht kontrollieren, das wissen wir“, sagte ein Sprecher des Bildungsministeriums dem Magazin Focus. Deswegen seien auch keine konkreten Sanktionen bei Verstößen gegen das Antibefreundungsgesetz angedacht. Wenn man sich hilflos fühlt, schlägt man manchmal um sich, mit Verboten etwa. Und das geht dann auch mal daneben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Die Schulgesetze schützen die Schülerdaten - da geht fresse buch schon mal gar nicht. Oder wie soll da ein Datenschutzkonzept aussehen? Es gibt andere Plattformen, die man nutzen kann. Außerdem sind Lehrkräfte nicht mit Schüler/innen "befreundet" - sie sind ihre Chefs und geben Noten. Und wegen der Gleichbehandlung müßte man dann mit allen gleich befreundet sein. Da muss eine professionelle Distanz eingehalten werden. Und außerdem weiss man nicht, wer unter dem Account schreibt - das kann ja auch wer anders sein, oder die "persönlichen" Ratschläge an die schwangere Schülerin werden gleich von den Eltern gelesen, und die modern sein wollende Lehrkraft merkt das nicht mal...Ich empfehle, altmodisch das persönliche Gespräch. Lasst diese Welten doch den Schüler/innen - die Freunde meines Sohnes (Klasse 7) sind übrigens alle NICHT bei fresse buch - und wir Eltern finden das gut. Ich würde ein solches Angebot in seiner Klasse sofort torpedieren - Frage nach Datenschutz und gleichbehandlung mit pädagogischem Kozapt und Zusammenarbeit mit Firma - muss genehmigt und öffentlich ausgeschrieben werden - sollte reichen.

    • @guido-nrw:

      ... das ist natürlich sehr schön, wenn Eltern ihren Kindern eine gewisse Medienkritik ermöglichen. Grundsätzlich wäre es aber viel schöner, wenn die Entscheidung, sich an einem sozialen Netzwerk zu beteiligen, ab einem gewissen Alter dem Jugendlichen überlassen bleibt. Natürlich wird auf Facebook viel Unsinn gemacht, aber das trifft auch auf viele andere Lebensbereich zu. Ich denke Lehrern sollte man die Entscheidung selbst überlassen, mit wem sie in ihrer Freizeit kommunizieren. Die Aufgaben des Lehrers gehen heute weit über die Wissensvermittlung hinaus und ähneln sehr dem Anforderungsprofil eines Sozialpädagogen. Facebookkommunikation zu verbieten ist so ziemlich die unwichtigste Aktion zur Verbesserung der Bildungsarbeit und geht komplett an den wirklichen Bedürfnissen vorbei! Ach ja... ich bin promovierter Pädagoge und Lehrer und ja: Ich kommuniziere im Rahmen von Projekten mit meinen Schülern über Facebook.

      • @kunstgelb:

        Was sagt Ihr Schulgesetz denn zum Datenschutz der Schülerdaten?

  • G
    Gast

    Rumschreier, Sadisten, Verbitterte, Chauvinisten und der junge Referendar. Nur gut, dass keine Stereotypen vorkommen! War wirklich kein normaler Mensch dabei, der einfach mal besser, mal schlechter seinen Job gemacht hat?

  • A
    Alex

    Scheinbar bietet das Gesetz Interpretationsfreiraum, oder Spiegel kann sich auch mal konkreter ausdrücken :P

    http://www.spiegel.de/schulspiegel/rheinland-pfalz-facebook-verbot-fuer-lehrer-und-schueler-a-929109.html

  • B
    Besserwisser

    Seid wann darf der Staat mir als verbeamteter Lehrer vorschreiben, mit wem ich befreundet sein darf?

    • G
      Gast
      @Besserwisser:

      Seitdem verbeamtete Lehrer nicht einmal mehr korrekte Rechtschreibung beherrschen.

      • K
        kleinkarriert
        @Gast:

        Das heißt Grammatik, nicht Rechtschreibung...