Verbindungen zu Abtreibungsgegnern: Scharfe Kritik an Spitzen-Gynäkologin
Die Vizepräsidentin der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe tritt bei Abtreibungsgegnern auf. Es ist nicht das erste Mal.
Der Kongress am 9. Mai findet bereits zum zweiten Mal statt. Köninger wird dort ein Seminar mit dem Titel „Arbeiten im Gesundheitswesen – wie kann ich einer Pro-Life-Ethik treu bleiben?“ geben. Deutliche Kritik daran äußerte der Verein „Doctors for Choice Germany“. Man nehme „mit großer Besorgnis“ zur Kenntnis, dass Köninger bei dem Kongress als Seminarleiterin auftrete, heißt es in einer Pressemitteilung. Dadurch positioniere sie sich „einmal mehr im Kontext der Prolife-Bewegung, die das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch pauschal ablehnt.“
Das stehe laut Doctors for Choice „im klaren Widerspruch zu der Haltung der DGGG“. Dort heißt es, „dass jede Frau das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung hat. Dies beinhaltet das Recht auf niedrigschwellige und verständliche Beratung zur Familienplanung sowie ungehinderten Zugang zu Kontrazeption, medizinische Betreuung während Schwangerschaft und Geburt sowie im Wochenbett, aber auch die sichere Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen.“
Es ist nicht das erste Mal, dass Köninger im Kontext der Anti-Choice-Szene auftritt. Damit sind Verbände und Einzelpersonen gemeint, die Schwangerschaftsabbrüche pauschal ablehnen. So trat Köninger beispielsweise schon bei Bibel.tv auf, wo sie auf eine vermeintliche „engmaschige Verbindung“ zwischen Mutter und Kind aufmerksam machte, und zwar „von Anfang an“.
Verband windet sich um klares Statement
Zuvor trat sie schon mehrfach als Rednerin und Expertin für den Bundesverband Lebensrecht auf. Nach Recherchen von BR und NDR wandte sie sich im Dezember 2024 zusammen mit weiteren Frauenärzt*innen in einem offenen Brief direkt an Unionsabgeordnete des Bundestags. Sie forderte sie auf, gegen den Gesetzentwurf zur Liberalisierung des in Deutschland immer noch sehr restriktiven Abtreibungsrechts zu stimmen – parallel zu einer Kampagne verschiedener Abtreibungsgegner-Organisationen, die den Abgeordneten ebenfalls Post schickten.
In der Bundestagsdebatte zum Gesetzentwurf bezogen sich mehrere Abgeordnete auf den Inhalt von Köningers Schreibens, als handle es sich um eine neutrale medizinische Fachmeinung. Die Nähe der Ärztin zu den organisierten Abtreibungsgegner*innen benannten sie dabei nicht.
Doctors for Choice fordert nun eine klare Positionierung der DGGG zur Beteiligung von Köninger an dem Kongress. Ein solch „einseitiges, ideologisch motiviertes Engagement“ sei „nicht mit der Position der ersten Vizepräsidentin einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft vereinbar und würde zumindest für den Zeitraum der Amtsinhabe ein Ruhen dieser Aktivitäten erfordern“, so die Pressemitteilung.
Die DGGG ist neben dem Bundesverband für Frauenärzte der bundesweit größte Dachverband für Gynäkologie und gehört zu den eher konservativen Stimmen, was reproduktive Selbstbestimmung und insbesondere Schwangerschaftsabbrüche angeht. Trotz mehrfacher Nachfrage der taz äußerte die DGGG sich zu dem Sachverhalt bis Redaktionsschluss nicht. Das Gleiche gilt für Angela Köninger selbst.
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