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Verbindungen zu AbtreibungsgegnernScharfe Kritik an Spitzen-Gynäkologin

Die Vizepräsidentin der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe tritt bei Abtreibungsgegnern auf. Es ist nicht das erste Mal.

Angela Köninger auf einer Frühchenstation im Jahr 2016 Foto: imago

Berlin taz | Angela Köninger ist Chefärztin der Frauenklinik in Regensburg. Sie ist außerdem Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG). Und: Sie tritt im Mai als Rednerin auf dem Kongress „Leben-Würde“ des Bundesverbands Lebensrecht auf – einer deutschen Dachorganisation für Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen.

Der Kongress am 9. Mai findet bereits zum zweiten Mal statt. Köninger wird dort ein Seminar mit dem Titel „Arbeiten im Gesundheitswesen – wie kann ich einer Pro-Life-Ethik treu bleiben?“ geben. Deutliche Kritik daran äußerte der Verein „Doctors for Choice Germany“. Man nehme „mit großer Besorgnis“ zur Kenntnis, dass Köninger bei dem Kongress als Seminarleiterin auftrete, heißt es in einer Pressemitteilung. Dadurch positioniere sie sich „einmal mehr im Kontext der Prolife-Bewegung, die das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch pauschal ablehnt.“

Das stehe laut Doctors for Choice „im klaren Widerspruch zu der Haltung der DGGG“. Dort heißt es, „dass jede Frau das Recht auf reproduktive Selbstbestimmung hat. Dies beinhaltet das Recht auf niedrigschwellige und verständliche Beratung zur Familienplanung sowie ungehinderten Zugang zu Kontrazeption, medizinische Betreuung während Schwangerschaft und Geburt sowie im Wochenbett, aber auch die sichere Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Köninger im Kontext der Anti-Choice-Szene auftritt. Damit sind Verbände und Einzelpersonen gemeint, die Schwangerschaftsabbrüche pauschal ablehnen. So trat Köninger beispielsweise schon bei Bibel.tv auf, wo sie auf eine vermeintliche „engmaschige Verbindung“ zwischen Mutter und Kind aufmerksam machte, und zwar „von Anfang an“.

Verband windet sich um klares Statement

Zuvor trat sie schon mehrfach als Rednerin und Expertin für den Bundesverband Lebensrecht auf. Nach Recherchen von BR und NDR wandte sie sich im Dezember 2024 zusammen mit weiteren Frau­en­ärz­t*in­nen in einem offenen Brief direkt an Unionsabgeordnete des Bundestags. Sie forderte sie auf, gegen den Gesetzentwurf zur Liberalisierung des in Deutschland immer noch sehr restriktiven Abtreibungsrechts zu stimmen – parallel zu einer Kampagne verschiedener Abtreibungsgegner-Organisationen, die den Abgeordneten ebenfalls Post schickten.

In der Bundestagsdebatte zum Gesetzentwurf bezogen sich mehrere Abgeordnete auf den Inhalt von Köningers Schreibens, als handle es sich um eine neutrale medizinische Fachmeinung. Die Nähe der Ärztin zu den organisierten Ab­trei­bungs­geg­ne­r*in­nen benannten sie dabei nicht.

Doctors for Choice fordert nun eine klare Positionierung der DGGG zur Beteiligung von Köninger an dem Kongress. Ein solch „einseitiges, ideologisch motiviertes Engagement“ sei „nicht mit der Position der ersten Vizepräsidentin einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft vereinbar und würde zumindest für den Zeitraum der Amtsinhabe ein Ruhen dieser Aktivitäten erfordern“, so die Pressemitteilung.

Die DGGG ist neben dem Bundesverband für Frauenärzte der bundesweit größte Dachverband für Gynäkologie und gehört zu den eher konservativen Stimmen, was reproduktive Selbstbestimmung und insbesondere Schwangerschaftsabbrüche angeht. Trotz mehrfacher Nachfrage der taz äußerte die DGGG sich zu dem Sachverhalt bis Redaktionsschluss nicht. Das Gleiche gilt für Angela Köninger selbst.

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14 Kommentare

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  • Ich dachte, sowas fällt unter Meinungsfreiheit.

    • @Gothograecus:

      Sie kann für sich beschließen, keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen zu wollen, aber nicht in offizieller Funktion Verunglimpfung von Frauen zu betreiben.

      • @snowgoose:

        Die Ärztin sieht das vermutlich differenzierter als sie glauben.

  • "So trat Köninger beispielsweise schon bei Bibel.tv auf, wo sie auf eine vermeintliche „engmaschige Verbindung“ zwischen Mutter und Kind aufmerksam machte, und zwar „von Anfang an“."



    Ich dachte auch, dass das so ist. Anscheinend aber nicht. Ab wann fängt den eine (enge) Bindung an zwischen Befruchtung des Eis und der Geburt?

    • @Hitchhiker:

      Was verstehen Sie unter "(enge) Bindung"? Nabelschnur und Plazenta ist ja auch eine Bindung, aber natürlich Hundeleine und Handschellen. Emotional - das hängt von der psychischen Verfassung der Mutter ab. Seitens des Kindes sind wir dann bei purer Spekulation.

  • Das ist doch ihr gutes Recht. Pro-Life und Pro-Choice sind am Ende des Tages ethisch-moralische Fragen, keine medizinischen. Solange sie sich im Beruf nicht gegen den Willen ihrer Patientinnen stellt, was Schwangerschaftsabbrüche angeht, sehe ich hier kein Problem.

  • Ich habe es nicht ganz verstanden. Wer für eine Wahl ist muss doch auch dafür sein, dass jemand sich dagegen entscheidet.

    Oder, weniger polemisch, warum darf sie in ihr Amt nicht ausüben nur weil sie gegen abbrüche ist? Der Punkt ist bei mir wirklich nicht angekommen.

    • @Dr. Idiotas:

      Es ist problematisch, weil "Pro Life" tatsächlich "Gebärzwang" entspricht. Die Schwangere und ihr Recht auf physische und psychische Unversertheit und auch was mit geborenen, aber ungewollten Babies passiert, ist dabei vollkommen egal.

    • @Dr. Idiotas:

      Pro Life = Gebährzwang. Bei Pro Life geht es darum, dass Abbrechen pauschal verboten sein, ohne Rücksicht auf die physische und psychische Unversehrtheit der Schwangeren. Pro Lifer interessieren sich darüber hinaus nicht für Babies, nachdem diese geboren wurden. Pro Choice ist das, was es sagt: "für die Entscheidung". Das inkludiert auch die Entscheidung für das Gebären.

    • @Dr. Idiotas:

      Die Patientin soll eine Wahl haben. Der Arzt oder die Ärtzin hat sich an die Wahl der Patientin zu halten.

  • Mir ist das Problem nicht ganz klar. In dem Spannungsfeld gibt es zwei Pole, die die Extreme darstellen, Pro-Choice und Pro-Life. Die genannte Ärztin ist offenbar dem zweiten Pol nahe, doch es dürfte auch genug Ärzte geben, die hart Pro-Choice sind und schonmal an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen haben. In so ziemlich jedem Dachverband dürften sich zu diversen auch kontroversen Themen diametral gegenüber stehende Meinungen finden. Ein Dachverband ist keine Partei, wo eine gewisse Grundhaltung zu bestimmten Themen vorausgesetzt werden kann.

    • @mm83:

      Ihrem Statement ist m.E. nur zuzustimmen.



      Eine Schwierigkeit besteht darin, dass die beiden "Extreme" (ihre Wortwahl) nicht als nur unterschiedliche Positionen im Meinungsspektrum des politischen Diskurses gelten, sondern eine der beiden Seiten für sich das universelle Gute in Anspruch nimmt und diese Position auch von anderen, wie hier geschehen, ultimativ einfordert, ohne dazu auch im geringsten legitimiert zu sein.



      Auf dieser Basis ist eine weiterer konstruktiver Dialog nicht möglich. Ein Dachverband ist allerdings in seiner Funktion eine Plattform für diesen Dialog, der, so mein Eindruck, nicht beabsichtigt ist und auf diese Weise unterbunden werden soll.

      • @e.a.n:

        Ist es wirklich nur die eine der beiden Seiten?



        Jeder, der rational über das Thema diskutieren will, erkennt an, dass es kein pauschales ja oder nein geben kann. Es gibt für beide Seiten Extremfälle, in denen man bereit wäre doch die andere Entscheidung vorgeben zu wollen.



        Nur Vollidioten wollen die Wahlfreiheit ohne medizinische Hintergründe bis zur 40ten Woche der Frau allein überlassen.



        Und nur Vollidioten wollen eine Abtreibung sogar dann verbieten, wenn bereits sichtbar ist, dass der Embryo nicht lebensfähig ist und das Leben der Mutter gefährdet.



        Alles dazwischen muss verhandelbar sein ohne jemanden von der Diskussion auszuschließen.



        Und dass eine Medizinerin, die mit Extremfrühchen arbeitet, da eine andere Meinung hat als eine Sozialarbeiterin, die vernachlässigte Kinder betreut, ist nicht wirklich überraschend.



        Wobei ich auch nachvollziehen könnte, wenn die Meinungen genau anders liegen, als jetzt impliziert.

    • @mm83:

      Das ist systematisch, manchen Menschen die Beteiligung am Diskurs zu verwehren. Besonders auffällig war es, als Frau Vollbrecht als Biologin sich nicht zu biologischen Geschlechtern äußern durfte, sie sei ja schließlich Keine Genderwissenschaftlerin.



      Die Argumentation ist eine andere, aber das Ziel ist, Fachleute mit anderer Meinung unmöglich zu machen.