Verbalattacke auf den Bundestrainer: Frings vermisst qualitative Auswahl
Nach dem 4:2 in Wolfsburg greift Bremens Ex-Nationalspieler Torsten Frings den Bundestrainer an. Joachim Löw stelle "nicht nach Leistung auf". Er selber spielte nur den soliden Organisator.
Nach dem 4:2 beim VfL Wolfsburg steht der SV Werder Bremen drei Spieltag vor Saisonende auf Platz 3. Das ist die Zugangsberechtigung zur Champions League-Qualifikation. Wer den Werder-Trainer Thomas Schaaf indes darauf anspricht, erhält den üblichen, länglichen Vortrag über konzentriertes Arbeiten von Woche zu Woche. Die Chance nach einem Jahr Pause in Europas Geldmaschine zurückzukehren, ist jedenfalls da, die Chance auf den Pokalsieg ebenfalls.
Es sah sich enttäuscht, wer ein Spektakel zwischen den beiden Teams erwartet hatte, die in dieser Saison eigentlich - neben den Bayern - den Ballbesitz- und Dominanzfußball durchsetzen wollten. Zwar fielen die erwarteten Tore, aber große Unterhaltung war das nicht. Werder reichte ein starke zweite Hälfte, um ein 1:2 umzudrehen. Die Werder-Treffer erzielten Frings (36., Foulelfmeter, 62.), Pizarro (49.) und Almeida (75.). Dem VfL fehlte die Kompaktheit der ersten Hälfte, als man die Bälle schnell gewonnen und schnell nach vorn gespielt hatte.
Trainer Lorenz-Günther Köstner fühlte sich an die Schwächephase der Vorrunde erinnert, als er sah, wie sein Mittelfeld undiszipliniert aufrückte und sich vor der Viererkette große Räume für Werder auftaten. Köstner attestierte auch "eine gewisse Müdigkeit" nach der Aufholjagd der letzten Wochen (7 Siege aus 8 Spielen). Die dürfte nun zu Ende sein, die Chance auf die Europa League-Qualifikation ist sehr gering geworden.
VfL Wolfsburg - Werder Bremen 2:4 (2:1)
VfL Wolfsburg: Benaglio - Johnson (85. Dejagah), Riether, Barzagli, Schäfer - Josué - Hasebe (70. Martins), Gentner - Misimovic - Grafite, Dzeko
Werder Bremen: Wiese - Fritz, Mertesacker, Naldo, Pasanen - Frings, Bargfrede (84. Jensen) - Marin (58. Hugo Almeida), Özil, Hunt (72. Borowski) - Pizarro
Schiedsrichter: Drees (Münster-Sarmsheim)
Zuschauer: 30.000 (ausverkauft)
Tore: 1:0 Dzeko (18.), 1:1 Frings (38./Foulelfmeter), 2:1 Grafite (40.), 2:2 Pizarro (49.), 2:3 Frings (62.), 2:4 Hugo Almeida (75.)
Gelbe Karten: Misimovic (7) / Borowski (5), Frings (7), Hugo Almeida (2)
Realistischer ist die Chance, mit Edin Dzeko den Torschützenkönig zu stellen. Sein 20. Saisontreffer zum 1:0 (18.) war mal wieder ein grandioses Tor. Grafites Treffer zum 2:1 (40.) initiierte er. Aber so richtig war er sonst nicht im Spiel. Mann des Spiels war Werder-Kapitän Torsten Frings. Sein spielentscheidender Treffer zum 3:2 war vielleicht nicht wirklich brasilianisch, aber doch sehr gekonnt. Dass man den Ex-Nationalspieler (79 Länderspiele) danach zum nächsten Spätheimkehrer in Joachim Löws WM-Kader machen wollte, euphorisierte aber weder seinen Trainer Thomas Schaaf noch Werders Sportdirektor Klaus Allofs.
Beide ließen erkennen, dass sie die Sache abgehakt haben. Frings selbst ließ sich zu der Bemerkung hinreißen, dass in die Anwesenheit des Bundestrainers in Wolfsburg "überhaupt nicht interessiert" habe. Dann brummte er gar: "Wir wissen doch alle, dass es in der Nationalmannschaft nicht nach Leistung geht - oder nicht nur." Sein "Charakter" sei nicht gefragt. Frings unterstellt Löw also, dass er die Nationalmannschaft nach Charakter aufstellt? Es gibt Schlimmeres. Frings war im übrigen ein solider Organisator des Werder-Spiels. Allerdings war die Partie in Wolfsburg nicht grade auf WM-Finalniveau; vor allem fehlte ihr das auf höchster Ebene übliche Tempo. Das hatte sie mit Frings gemein.
Naja, sagte Allofs, das sei eine "subjektive Wahrnehmung" und verdanke sich der immer noch anhaltenden Enttäuschung seines Spielers. Wenn Allofs etwas ärgert, dann die Schwächelphase zu Beginn der Rückrunde, in der man den Anschluss nach ganz oben verloren hatte. Ob Werder für ihn zu den drei besten deutschen Teams gehört, wurde er gefragt: "An einigen Tagen schon", antwortete Allofs.
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