Verbände befürchten Wohnungsnot: Jährlich 250.000 neue Wohnungen
Junge Mieter und Senioren bekommen Probleme, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Vor allem für die alternde Gesellschaft ist der Wohnungsmarkt nicht gerüstet.
Junge Familien und Senioren könnten es künftig schwer haben, bezahlbar und barrierefrei zu wohnen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Kampagne "Impulse für den Wohnungsbau", die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Auftraggeber sind Verbände der Bauwirtschaft, Gewerkschaften und der Mieterbund. "Wir brauchen 250.000 neu gebaute Wohnungen pro Jahr", sagte der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau, Hans Georg Leuck. Gerade an Wohnungen mit einem Quadratmeterpreis von sechs bis sieben Euro mangele es. Für Investoren müssten steuerliche Anreize geschaffen werden, sonst rechne sich bezahlbarer Wohnungsbau nicht, sagte Leuck.
Lukrativ sind bisher Sanierungen bestehender Altbauten in den begehrten Viertel der Großstädte. Allerdings steht mit der Sanierung oft auch eine kräftige Mieterhöhung ins Haus. Allein in Berlin-Kreuzberg sind die Mieten seit 2007 um bis zu 20 Prozent gestiegen. "Es wird schwierig werden, dort bezahlbar zu wohnen, wo die Wirtschaft brummt", sagte Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes e. V.
Neben jungen Mietern sind laut Studie Senioren potenzielle Opfer der Wohnungsknappheit. Infolge des demografischen Wandels steige besonders der Bedarf altersgerechter Wohnungen: Zusätzlich 100.000 müssten pro Jahr gebaut werden. "Die Zahl der über 80-Jährigen steigt von 2004 bis 2030 um nahezu 70 Prozent", sagte Stefan Thurn, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel e. V. (BDB).
Die meisten bevorzugten es, möglichst lange selbstbestimmt zu wohnen, sagte Thurn mit Verweis auf eine aktuelle Emnid-Umfrage. Ältere Eigentümer und Mieter dürften bei der Finanzierung von altersgerechtem Wohnraum nicht alleinegelassen werden. Die Verbände fordern deshalb Investitionszuschüsse aus der Politik.
Gleichzeitig betonten die Vertreter der Bauwirtschaft, dass eine Sanierung nicht immer sinnvoll sei. Bei jedem zehnten Haus sind Abriss und Neubau laut der Studie demnach günstiger. Besonders bei Mietshäusern, die relativ kostengünstig in den 1950er und 1960er Jahren errichtet wurden, lohne sich der Neubau: Bis zu 270 Euro pro Quadratmeter könnten so im Vergleich zu einer Vollsanierung gespart werden. "Natürlich bleibt das immer eine Einzelfallentscheidung", betonte Loewenstein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern