: Verantwortung abgekauft
■ Senat haftet für „schuldhafte Versäumnisse“ von Scherf
„In der freien Wirtschaft würden solche Leute fristlos entlassen“, schimpfte die Grüne Christine Bernbacher gestern in der Debatte um die Hans-Wendt-Stiftung. „Diese Leute“, das sind in erster Linie der frühere Vorsitzende des Stiftungs-Vorstandes Henning Scherf und sein stellvertreter Hans Christoph Hoppensack. Beide waren nicht im Parlament, als um ihre Verantwortung debattiert wurde.
Der Rechnungshof hatte eine Schädigung des Stiftungsvermögens um 4-5 Millionen durch mangelhafte Geschäftsführung und fehlende Aufsicht festgestellt. Vor wenigen Tagen haben alle Personen, sie seit 1973 im Stiftungsvorstand waren, einen Brief von Hoppensack bekommen: Der Senat habe ihre Verantwortung übernommen. Der Staatsrat durfte diesen Brief auch sich selbst schreiben. Scherf, der den Beschluß mit gefaßt hat, hat auch einen bekommen.
1992 hatte die Stiftungsaufsicht festgestellt, daß die Stiftung Schadensersatzansprüche geltend machen müsse, u.a. gegen die Stadtgemeinde. Jahre später hat der Vorstand das auch getan. Vergeblich fragten auch jetzt noch die Grünen, was denn der Hintergrund der Geld-Forderungen war. Veruntreuung, mangelnde interne Kontrolle, Millionenverluste aus Grundstücksgeschäften kämen hinzu.
Die SPD-Abgeordnete Elke Steinhöfel sprach stellvertretend für den abwesenden Scherf von „nicht ganz fähiger Geschäftsführung“, den „Schnee von gestern“ wollte sie aber nicht wieder aufrühren. Merkwürdig fand es dagegen der AfB-Sprecher Andreas Lojewski, daß ohne weitergehende rechtliche Begründung oder Wertung den Vorstands-Mitgliedern, deren „schuldhafte Versäumnis“ offiziell festgestellt sei, hier vom Senat ganz generell die Haftung abgenommen wurde.
Die Zahlung von 1,75 Millionen Mark, gegen die die Stiftung auf Entschädigung verzichtet hat, ist für die Grüne Bernbacher nur die Fortsetzung der Verschleierung. Aus Geldern für das Kita-Bauprogramm sei das Geld genommen, da würde es jetzt fehlen. Wenn das Rathaus in seiner Pressemitteilung davon ausgeht, daß die Stiftung verpflichtet sei, das Geld für ihr Engagement im Kita-Bereich zu verwenden, sei das die Fortsetzung des rechtswidrigen Hineinregierens der Stadt in die Stiftung. Offenbar habe es wieder inoffizielle Nebenabsprachen gegeben, vermutet Bernbacher. Zu allem Überfluß ist es so, daß die von der Stiftung betriebenen Kita-Einrichtungen sowieso voll von der Stadt finanziert werden. K.W.
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