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Vegetarier im US-BaseballKein Homerun ohne T-Bone-Steak

Seit Baseball-Profi Prince Fielder sich vegetarisch ernährt, bleiben die Homeruns aus. Die Fans sind schockiert und skandieren: "Iss mal ein Steak!".

Einsamer Vegetarier auf weiter Flur. Bild: dpa

Der Ball flog. Und flog. Flog weiter, übers Feld hinweg und hinein in die Zuschauerreihen. Ein Homerun, dessen Flug die Kommentatoren später "gigantisch" nennen würden, "majestätisch" gar. Doch für Prince Fielder, dessen Schläger den Ball auf seinen weiten Weg befördert hatte, war es nur ein kleiner Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität.

Denn Fielder, gerade mal 23 Jahre alt, hoffnungsvollster Homerun-Prügler im Baseball und seit wenigen Monaten überzeugter Vegetarier, steckt in einer tiefen Krise. Der Homerun half seinen Milwaukee Brewers zwar die Florida Marlins mit 4:3 zu besiegen, war aber erst sein vierter in dieser Saison. Im vergangen Jahr hatte er insgesamt 50 Mal den Ball über den Zaun geschickt, so oft wie niemand sonst.

Für die Fans in Milwaukee gibt es eine einfache Erklärung für das Schwächeln des 120 Kilo schweren Schlagmanns: Der hat sich letzten Winter entschieden, seinen Athletenkörper fortan nur noch vegetarisch zu ernähren. Der Grund ist kein medizinischer oder gesundheitlicher: Fielder las einen Artikel über Tierhaltung und war erschüttert.

Der bis zu seiner folgenschweren Entscheidung nicht gerade austrainiert wirkende Fielder hat mittlerweile drei Kilo abgespeckt und fühlt sich so fit wie nie zuvor. Doch als die Homeruns ausblieben, skandierte das Publikum in Milwaukee, wo eine große deutschstämmige Community lebt, vor dem Stadion traditionell Koteletts in Bier gegrillt werden und eine zünftige Bratwurst unbedingt zum Baseball gehört: "Iss mal ein Steak!" Kein Wunder: Ist es im Miller Park doch Tradition, dass nach dem sechsten Inning fünf bedauernswerte Menschen um die Wette laufen - verkleidet als Würstchen.

Von einigen Fans immerhin bekam Fielder vegetarische Kochbücher zugeschickt und Brewers-Manager Ned Yost äußerte Verständnis: "Was immer er tut, wird schon das Richtige für ihn sein." Dann aber stellte Yost erst mal klar, dass er keine Ahnung habe, was zum Teufel Tofu sei, und heuerte einen Ernährungsberater an, der der ganzen Mannschaft einen Vortrag über die Unverzichtbarkeit von Proteinen hielt.

Tatsächlich ist Fielder der einzige Vegetarier in den beiden großen Major Leagues. Jedenfalls der Einzige, der sich dazu bekennt, in einem Sport, der so sehr verwurzelt ist wie kein anderer in der amerikanischen Kultur - und dazu gehören neben Homeruns nun einmal auch T-Bone-Steaks und Spare Ribs.

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3 Kommentare

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  • BF
    beatrice frasl

    es ist tatsaechlich immer wieder erschreckend wie sehr (wie z.b. in diesem artikel) wieder und wieder der konnex zwischen maennlicher physischer kraft/fitness und fleischkonsum hergestellt, bzw. reproduziert wird.

    metaphorische bedeutungsebenen von "fleisch" werden unhinterfragt uebernommen und fleiszig re-zitiert.

    ich empfehle dem autor dieses artikels die lektuere "the sexual politics of meat" von carol j.adams (dt titel: "zum verzehr bestimmt")

  • AV
    Andreas V.

    Also, den sportlichen Leistungen von Carl Lewis und Martina Navratilova hat ihr Vegetariersein offenbar nicht geschadet...

  • PH
    Philipp H.

    Was soll mir dieser Artikel bitte sagen? Soll das ironisch klingen? Und warum wird die Entscheidung als folgenschwer behauptet? Wollen sie hier einen Zusammenhang herstellen, so wie es die Fans anscheinent tun?