Vatikan: Härtere Gangart bei der Mission
Die katholische Kirche hat eine "lehrmäßige Note" veröffentlicht. Darin beschreibt sie die Evangelisierung für eine Pflicht - auch in Ländern der orthodoxen Kirche und unter Juden.
BERLIN taz Der Vatikan hat am Freitag eine "lehrmäßige Note" veröffentlicht, die zu Streit mit der russisch-orthodoxen Kirche und den Juden führen könnte. Die Mission ist das Thema des Textes, der von der "Kongregation für die Glaubenslehre" federführend verfasst und von Papst Benedikt XVI. genehmigt wurde. Das Brisante: In dem Text wird die Mission werde in Ländern der orthodoxen Kirche noch unter den Juden ausgeschlossen. Doch gerade das Vordringen von Roms Kirche in Russland und das Thema Judenmission haben in jüngster Zeit zu anhaltendem Ärger in den Ostkirchen und jüdischen Verbänden geführt.
Schon der Einstieg in den Text ist nicht nur für Atheisten und Agnostiker sperrig, da darin der im Markus-Evangelium überlieferte Satz Jesu zitiert wird: "Wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden." Die Evangelisierung, im Wesentlichen mit Mission gleichzusetzen, wird nicht nur als Aufgabe und Recht der Christen beschrieben, sondern ausdrücklich auch als ihre "Pflicht". Dem "Missionsauftrag des Herrn" werde auch nicht gerecht, wer glaube, es wäre nur erlaubt, die eigenen Ansichten darzulegen und die Menschen einzuladen, nach ihrem Gewissen zu handeln, "ohne ihre Bekehrung zu Christus und zum katholischen Glauben zu fördern".
Zwar bekennt sich der Text klar zur Religionsfreiheit und beruft sich auf das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65), das dieses Prinzip für die katholische Kirche akzeptierte. Dennoch wird am Ziel festgehalten, dass am Ende alle Menschen weltweit Mitglieder dieser Kirche sind: "Die Sendung der Kirche ist universal und nicht auf bestimmte Regionen der Erde begrenzt."
Und: Das Gebot der Mission gelte auch für Länder, "wo nicht katholische Christen leben, vor allem in Ländern mit alter christlicher Tradition und Kultur". In diesem Fall seien zwar "sowohl echter Respekt für ihre Tradition und ihre geistlichen Reichtümer als auch aufrichtiger Wille zur Zusammenarbeit gefordert", gerade aber die Mission in den Ländern der russisch-orthodoxen Kirche und die Entsendung katholischer Bischöfe in diesen Raum riefen in den letzten Jahren erheblichen Unmut im Moskauer Patriarchat hervor. Papst Benedikt XVI. wie auch sein Vorgänger Johannes Paul II. haben versucht, Missionsreisen nach Russland zu unternehmen, erhielten aber keine Einladung.
Zumindest missverständlich ist zudem die Tatsache, dass der Text zum Thema Judenmission kein Wort verliert. Seit dem Konzil ist in Rom mehr oder weniger Konsens, dass die Kirche es unterlässt, Juden zum Christentum zu bekehren. Allerdings vermutete die jüdische Seite hinter vorgehaltener Hand zuletzt öfter, dass dieses Prinzip derzeit im Vatikan aufgeweicht wird. Die "Note" scheint diese Befürchtung zu bestätigen.
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