: Vatikan schreibt schwarze Zahlen
■ Seit langem war die finanzielle Bilanz des Papstes nicht so gut / Vor allem durch Spenden steht der Heilige Stuhl gut da
Rom (rtr/taz) – Nicht nur die Glocken bimmeln im Petersdom – auch die Kassen klingeln wieder. Der Vatikanstaat hat im letzten Jahr zum zweiten Mal seit 1970 einen Gewinn erwirtschaftet. Der amerikanische Kardinal Edmund Szoka erklärte am Freitag, die Jahresbilanz wiese einen Überschuß von 412.000 Dollar auf. 1993 hatte der Heilige Stuhl mit einem Gewinn von 1,5 Millionen Dollar nach über zwei Jahrzehnten erstmals schwarze Zahlen geschrieben. Seit 1970 veröffentlicht der Vatikan seine Wirtschaftsdaten. „Wir haben erfolgreich unsere Kosten begrenzt und werden das auch weiter tun“, sagte Szoka, Leiter der Präfektur für wirtschaftliche Angelegenheiten des Vatikans.
Der Peterspfennig war ein voller Erfolg
Der größte Teil der 174 Millionen Dollar Einnahmen seien im vergangenen Jahr Spenden der Gläubigen gewesen. Sie füllten das Schatzkästlein des Papstes zu 40 Prozent. Besonders erfolgreich war 1994 die Sonderkollekte für den Vatikan, der sogenannte Peterspfennig. Viele Pfennige machen auch einen Geldberg: Allein auf diese weise nahm der Vatikan 48,7 Millionen Dollar ein. „Ich hoffe, daß sie die Tatsache, daß wir zwei Jahre nacheinander kein Defizit hatten, ermutigt, noch großzügiger zu sein und dem Heiligen Vater bei der Erfüllung seiner weltweiten Mission zu helfen“, sagte Szoka.
Damit knüpfte er an die Politik an, die der 1978 zum Oberhirten berufene Karol Wojtyla schon länger proklamiert: Spenden werden nicht mehr mit dem Hinweis auf die Hölle eingetrieben, wie es der Prediger Tetzel und seine Kumpanen einst erfolgreich praktizierten, sondern mit dem Hinweis auf den Finanzbedarf einer großen Administration.
Die Einnahmen des Vatikans aus Finanzgeschäften sanken 1994 offiziell um zwei Drittel auf 19,3 Millionen Dollar. Szoka führte den Rückgang auf die schwierigen Bedingungen an den internationalen Finanzmärkten und die Wechselkursschwankungen zurück. Die flaue Lira ist schließlich auch in dem nur 0,44 Quadratkilometer großen Vatikanstaat Zahlungsmittel. Der dramatische Kursrutsch gegen Ende des Winters verheißt da auch für dieses Jahr keine guten Aussichten.
Töne und Zeichen des Heiligen Stuhls
Der Jahresabschluß des Heiligen Stuhls umfaßt auch die Hauptverwaltung der Katholischen Kirche und ihre diplomatischen Vertretungen. Auch die heiligen Töne aus dem Vatikan-Radio sind in die Bilanz miteingegangen. Außerdem verfügt der Papst noch über mehrere Wirtschaftsunternehmen im Verlagsbereich: Die Zeitung L'Osservatore Romano, Verlagshäuser und Druckereien gehören ihm. Nicht in die letzte Woche veröffentlichten Zahlen eingegangen sind hingegen die Geschäfte der Vatikan-Bank.
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