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Varoufakis bestätigt Gesprächs-MitschnitteJa, ich habe aufgenommen

Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat zugegeben, dass er beim EU-Treffen in Riga vertrauliche Gespräche auf seinem Mobiltelefon aufgezeichnet hat – als Erinnerungshilfe.

Benutzt sein Telefon nicht nur für Selfies: Finanzminister Varoufakis Bild: dpa

ATHEN afp | Der griechische Finanzminister Giannis Varoufakis hat eingestanden, vertrauliche Gespräche bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen Ende April mitgeschnitten zu haben. „Wenn es keine Sitzungsprotokolle gibt, nehme ich oft meine Wortbeiträge und die Antworten mit meinem Mobiltelefon auf“, schrieb Varoufakis am Sonntag in seinem Blog. „Das gleiche habe ich auch bei dem Treffen der Euro-Gruppe in Riga getan.“

Er nutze die Aufnahmen, um seine genaue Wortwahl zu rekapitulieren, wenn er Regierungschef Alexis Tsipras, den Mitgliedern des Kabinetts und dem Parlament Bericht erstatte.

Varoufakis bestätigte mit seinem Blogeintrag Angaben der New York Times. Die US-Zeitung hatte am Mittwoch in einem langen Text über den griechischen Finanzminister, der auch Interviewpassagen enthielt, über die Aufzeichnungen in Riga berichtet. In dem Artikel wies Varoufakis Behauptungen zurück, wonach er in der Sitzung beleidigt und bedrängt worden sei. Einen Tag später versicherte er, dass er die Vertraulichkeit des Treffens wahren werde.

Griechenland will bis Ende Mai eine Einigung über die Auszahlung noch ausstehender Hilfsgelder mit seinen Gläubigern erreichen und so einen drohenden Bankrott abwenden. Die linksgeführte Athener Regierung befindet sich seit vier Monaten in bislang ergebnislosen Verhandlungen mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds über die Freigabe von Hilfsgeldern in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro. Während der Verhandlungen wurde in den vergangenen Wochen immer wieder Kritik am Auftreten von Varoufakis laut.

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11 Kommentare

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  • Kann mir einmal einer erklären, warum bei einer Konferenz von demokratischen Amtsträgern Vertraulichkeit erforderlich ist? Ich meine, wenn das erforderlich wäre, bedeutete das doch, es wird da gemauschelt! Es werden Absprachen getätigt, die das Licht der Öffentlichkeit scheuen. Warum soll das in einer demokratischen Umgebung legitim sein?

    • @Bernhard Meyer:

      Vielleicht hat ja Vertraulichkeit etwas mit Vertrauen zu tun? Wäre ja nicht schlecht auf einer Konferenz.

       

      Und was würden sie denn sagen, wenn ihre Gesprächspartner, z.B. das Finanz- oder Bürgeramt, ungefragt ihre Gespräche mitschneiden?

    • @Bernhard Meyer:

      "Warum soll das in einer demokratischen Umgebung legitim sein?"

       

      Fragen Sie mal bei den Piraten nach. Die wollten alle Fraktionssitzungen öffentlich machen. Aber dann ist aufgefallen, dass so keine strategische Planung mehr möglich ist.

       

      Wenn alle Pläne der Finanzminister sofort öffentlich wären, könnten sich z.B. die Akteure auf den Finanzmärkten schnell darauf einstellen und ihrerseits Gegenstrategien entwickeln.

  • Voroufakis sollte in jedem Fall Finanzminister bleiben - gerade, weil er so ein kluger unabhängiger Kopf ist und nicht jede Verrenkung macht, um den Job zu behalten. Die sehr einseitige Medienhetze gegen ihn nimmt unerträgliche Züge an. Daher: Medien, schaut doch mal auf die anderen Finanzminister, was sie so treiben und lassen, um die neoliberale Agenda der Eurogruppe nicht in Frage stellen zu lassen. Der Link zu Norbert Häring vom User Iannis war da schon mal ein guter Tipp. Hoffe nur, Tsipras steht wirklich weiter hinter und zu seinem Finanzminister!!!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Bei Varoufakis wird ganz genau hingeguckt.

    Was andere treiben, interessiert deutlich weniger.

    Der Mann muss ja schon einiges an Pressemüll ertragen.

  • Solange Herr Varoufakis die Aufzeichnungen nur für sich verwendet und wie bisher die Vertraulichkeit wahrt, ist es meines Erachtens schon ok.

     

    Im Gegensatz zu Wolfgang Schäuble hat Varoufakis bisher noch kein einziges Mal die Vertraulichkeit verletzt.

     

    Wie man mit diesem Mann umgeht, ist eine einzige Unverschämtheit. Wer darüber mehr lesen will, wie die Brüsseler Rufmordmaschine funktioniert kann das hier nachholen:

    http://norberthaering.de/de/?start=6#weiterlesen-4

     

    Da kann einem schon der Kragen platzen, wenn man solches erfährt.

  • Vollkommen legitim.

    Giannis wurde ja von seinen Amtskollegen z.T. wie in einem Polizeiverhör behandelt.

    Da sind Gedächtnisstützen elektronischer Art für Gesprächsprotokolle durchaus klug und richtig.

  • Mich wundert, daß es nicht eine gemeinsame Aufzeichnung für jeden Teilnehmer und für ein Archiv (Und für das Offenlegen später der Wählerschaft gegenüber) gibt.

     

    Das es permanent Mißverständnisse und dauernd erneuten Gesprächsbedarf gibt, liegt wohl auch daran, daß die alten Herren sich nicht mehr detailliert erinnern können oder wollen.

     

    Das kann man ja einfach beheben.

    • @Claus Zuhaus:

      Na, mit Ihnen wollte ich aber keine vertraulichen Gespräche führen. Mit dieser Argumentation könnte man auch die Offenlegung geheimer Wahlen fordern. Das riecht nach Repression a la DDR.

      • @Chutriella:

        Waren alle Sitzungen des ZKs und alle Stasi-Akten in der DDR öffentlich zugänglich?

         

        Toll!

      • @Chutriella:

        Nö, riecht es nicht. Das hat nur scheinbar (in Ihrem Kopf) was miteinander zu tun.