: Van Nispen in der Kritik
■ Grüner Innenpolitiker Martin Thomas zur Abschiebepraxis nach dem Asylkompromiß
Der Bremer Innensenator ist in den letzten Tagen in die Kritik geraten: Seit einiger Zeit, so der Vorwurf, habe sich die Abschiebepraxis der Bremer Behörden enorm verschärft. Mehrere Fälle wurde bekannt, in denen Asylbewerber trotz vermeindlicher menschlicher Härten abgeschoben wurden, obwohl gerade in solchen Fällen Einzelfallprüfung zugesagt worden war. Die taz fragte den Grünen Innenpolitiker und Fraktionssprecher Martin Thomas.
Wie kommt es zu der härteren Gangart ich Sachen Abschiebung?
Martin Thomas: Die politischen Rahmenbedingungen haben sich durch den Asylkompromiß und die Aufhebung des Abschiebestopps für Kurden sehr verschlechtert. Das hat ganz offensichtlich auch Auswirkungen auf die Praxis in den Verwaltungen. Es wird mit weniger Sensibilität auf Rechtsstaatlichkeit und humanitäre Kriterien geachtet. Bei uns haben sich die Beschwerden in den letzten Wochen gehäuft. Die widerrechtliche Abschiebung in der vergangenen Woche war von daher kein Zufall. Die politische Führung im Innenressort muß die Kontrollen gegenüber dem Ausländeramt verstärken.
Hat das Konsequenzen für die Koalition?
Natürlich. Wir werden die Abschiebepraxis zum Thema in der Innendeputation machen. Außerdem werde ich den Innensenator ersuchen, daß ein Gespräch zwischen Rechtsanwalt Timmer, der Ausländerbehörde und dem Innenressort anberaumt wird, um Verfahrensmängel zu beheben und widerrechtliche Abschiebungen in Zukunft auszuschließen.
Was passiert mit den Fällen, bei denen jetzt die Abschiebung droht?
Ich gehe davon aus, daß im Fall Aydin aus humanitären Gründen keine Abschiebung erfolgt. Das laufende Abschiebeverfahren versetzt vor allem die Kinder in Angst und Schrecken und ist zutiefst inhuman. Ich bedauere, daß der Innensenator die Bürgerinitiative gegen die Abschiebung der Familie Aydin nicht zu einem Gespräch empfangen hat. Ich weiß, daß er bis über beide Ohren mit Arbeit eingedeckt ist, aber das wäre eine gute Gelegenheit gewesen, sich bei der Initiative für ihr Engagement zu bedanken, auch wenn das noch ein laufendes Verfahren ist.
Fragen: J.G.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen