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Valencia geht unter

Flutwellen und Vetternwirtschaft: „Gefährliches Wasser“ heißt der neue Roman von Daniel Izquierdo-Hänni

Von Reiner Wandler

Agua – vida te da, vida te quita!“ – „Wasser – Leben es dir gibt, Leben es dir nimmt!“ – dieser Satz zieht sich wie ein Leitfaden durch den neuesten Kriminalroman des an der spanischen Mittelmeerküste ansässigen Schweizer Autors Daniel Izquierdo-Hänni. In „Gefährliches Wasser“ geht Taxifahrer und Ex-Star­ermittler der spanischen Nationalpolizei in Valencia, Vicente Alapont, erneut auf Verbrecherjagd. Wie so oft, seit er Dienstmarke und Dienstwaffe gegen den Zündschlüssel eines Taxis eingetauscht hat, nimmt Alapont als Abwechslung gerne einen Ermittlungsauftrag an.

Nach Ausflügen in die Weinbaugebiete im Landesinneren der Region Valencia im ersten Alapont-Roman „Mörderische Hitze“ und einem tiefen Einblick in die Vetterleswirtschaft rund um die bis heute nicht fertiggestellte Verkehrsverbindung entlang der Mittelmeerküste in „Falsches Spiel in Valencia“ beschäftigt sich Izquierdo-Hänni nun mit der Welt der Bewässerungslandwirtschaft, der Trockenheit, aber auch der Überschwemmungen, die Valencia immer wieder heimsuchen.

Alapont nimmt einen Auftrag des Tribunal de las Aguas – des Wassergerichts an. In die Räume der ältesten Justizinstanz in ganz Europa, die seit über 1.000 Jahren Konflikte der Landwirte um das begehrte Nass, das über Kanäle aus dem Landesinnern auf die Felder gelangt, schlichtet, wurde eingebrochen. Das ist nur der erste einer Reihe von Vorfällen, die ausgerechnet kurz vor der Tagung des Welt-Wasserrats in Valencia Presse und Bevölkerung aufschrecken. Schnell wird Taxi-Ermittler Alapont klar, dass es sich um mehr als Vandalismus radikalisierter Umweltschützer handelt.

Daniel Izquierdo-Hänni: „Gefährliches Wasser“. Gmeiner, Messkirch 2025, 224 Seiten, 14 Euro

Einmal mehr nimmt Izquierdo-Hänni die Leserschaft mit auf eine Reise hinter die Kulissen aus Sonne und Strand, die der Besucher meist nur zu sehen bekommt. Er berichtet von der Wasserwirtschaft und -misswirtschaft, dem Bau von unzähligen Stauseen zu Zeiten der Franco-Diktatur, der Wasserverwaltung und der großen Überschwemmung 1957, die die gesamte Innenstadt von Valencia unter Wasser setzte, der anschließenden Umleitung des Flusses Turia. All das ging – tragischer Zufall – genau dann in den Druck, als im vergangenen Oktober einmal mehr Starkregen mit anschließenden Flutwellen in den südlichen Vororten von Valencia über 200 Todesopfer forderte. „Gefährliches Wasser“ eben.

Izquierdo-Hänni, der aus Basel stammt, ist Sohn eines spanischen Vaters und einer Schweizer Mutter. Vor 20 Jahren zog in die Heimat seiner spanischen Frau. Mittels Alapont lässt er die Leserschaft am spanischen Großfamilienleben teilhaben, entführt sie in die reichhaltige kulinarische und gastronomische Welt an der Küste und vermittelt Traditionen wie etwa die Pelota, das Spiel mit dem kleinen harten Lederball und der nackten Hand. „Beim Schreiben meiner Kriminalromane geschieht es immer wieder, dass mich Dinge und Gegebenheiten, die ich als besonders interessant oder amüsant empfinde, beflügeln“, schreibt Izquierdo-Hänni in seinem Nachwort. Was dabei herauskommt, ist einmal mehr ein kurzweiliger und informativer Roman.

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