: VW auf Schleuderkurs
■ Vize-Chef Daniel Goeudevert tritt zurück
Deutschlands größter Automobilkonzern, die Volkswagen AG in Wolfsburg, schlingert von einer Krise in die nächste. Im ersten Quartal dieses Jahres fuhr VW 1,25 Milliarden Mark Verlust ein; der Absatz ging in den ersten fünf Monaten 1993 um 23,1 Prozent zurück; im Streit um den von Opel zu VW gewechselten Top-Manager Ignacio Lopez hat die Staatsanwaltschaft Darmstadt am Freitag Unterlagen von Lopez-Mitarbeitern beschlagnahmt; am Samstag schließlich warf der stellvertretende Vorsitzende von VW, Daniel Goeudevert, das Handtuch.
Goeudevert, im Automobilkonzern zuständig für die Marke VW, scheidet zum 31.Juli „in gegenseitigem Einvernehmen“ aus dem Konzern aus, bleibt aber als Berater für VW tätig. Intern heißt es, Goeudevert verlasse Wolfsburg aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit VW- Chef Ferdinand Piech, der die Rückendeckung des Aufsichtsrates genießt. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verluste, der Kurzarbeit und des erwarteten zusätzlichen Personalabbaus bei Deutschlands Autobauer Nummer Eins soll Goeudevert sich für größeren Personalabbau ausgesprochen haben. Piech dagegen soll vor dem Hintergrund der starken Stellung des Betriebsrats eine Position des „Machbaren“ vertreten haben. Auch dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder, der für das Land als größtem Einzelaktionär im Aufsichtsrat sitzt, paßt ein weiterer Stellenabbau nicht ins Konzept, heißt es, wenn er bei der Landtagswahl 1994 wiedergewählt werden will.
Der Wunschtraum des Betriebsrates, mit Piech und Goeudevert „das beste Führungstandem“ der weltweiten Automobilbranche zu haben, war nur von kurzer Dauer. Ohnehin war fraglich, wie der als „ökologisch orientiert“ eingestufte Goeudevert als zweiter Mann hinter dem technikorientierten Piech arbeiten könnte.
Einen „entscheidenden Schritt voran“ im Ermittlungsverfahren gegen den neuen VW-Einkaufs- und Personalchef Ignacio Lopez nannte die Oberstaatsanwaltschaft in Darmstadt die Beschlagnahme der Akten. Die Papiere waren in einem Haus gefunden worden, in dem zwei ehemalige General-Motors-Mitarbeiter wohnen, die jetzt für VW tätig sind. VW-Sprecher Otto Wachs bestätigte die Meldung, betonte aber, es handele sich nicht um „geheime Daten“. In dem Verfahren wirft Opel, das zum General-Motors-Konzern gehört, Lopez vor, bei seinem Wechsel zu VW Betriebsgeheimnisse verraten zu haben.
dpa/bpo
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