Urteil zur Kinderbetreuung: Tagesmutter braucht Erlaubnis
Urteil: Nur mit Erlaubnis des Hausverwalters darf man in einem Wohnhaus als Tagesmutter arbeiten. Der BGH betonte aber, dass es keine grunsätzliche Vorgaben mache.
FREIBURG taz/dpa | Eine Kölner Tagesmutter darf ihre Tätigkeit nicht fortführen, solange die Eigentümer des Wohnhauses nicht mit Dreiviertelmehrheit zugestimmt haben. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Allerdings ließ er die Grundsatzfrage offen, ob eine Kindertagesstätte aus Lärmgründen für Hausmitbewohner unzumutbar ist.
Die Kölner Tagesmutter betreut täglich bis zu fünf Kleinkinder. Sie ist Mieterin einer Wohnung in einem größeren Wohnhaus. Die Eigentümer dieser Wohnung sind mit der Nutzung einverstanden, nicht aber die Eigentümerin der Wohnung unter der Kleinkita.
Der BGH erläuterte nun die Rechtslage nach dem Wohnungseigentumsgesetz. Danach muss in einem Haus mit mehreren Eigentumswohnungen vor Ausübung eines Berufs oder eines Gewerbes der Verwalter um Erlaubnis gefragt werden. Der Verwalter muss die Erlaubnis geben, wenn kein wichtiger Grund dagegen spricht.
75 Prozent müssen einverstanden sein
Ist der anfragende Eigentümer mit der Verweigerung der Erlaubnis nicht einverstanden, kann er die Versammlung der Wohnungseigentümer um Erlaubnis bitten. Diese müssen zu 75 Prozent einverstanden sein. Kommt auch hierdurch keine Erlaubnis zustande, kann der Eigentümer gegen den Beschluss klagen. Dann entscheidet ein Gericht, ob ein wichtiger Grund für die Verweigerung vorlag.
Im konkreten Fall hatten die Eigentümer mit der Kita-Wohnung nicht gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung geklagt. Deshalb konnte der BGH die allgemein interessierende Frage nicht entscheiden, ob drohender Lärm beim täglichen Bringen und Abholen der Kinder ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung ist. Das Landgericht Köln hatte dies zuvor angenommen. Der BGH bestätigte jetzt dessen Urteil aber nur im Ergebnis und nahm zur Lärmfrage keine Stellung.
Gut, dass es keine neuen Hürden für Tagesbetreuer gibt
Das Urteil löste zwiespältige Reaktionen aus: Betroffene beklagten „Rechtsunsicherheit“. Dagegen meinte etwa der Landesverband der Tagesmütter-Vereine Baden-Württemberg: „Gut ist, dass das Gericht keine neuen Hürden für Tagesmütter und -väter errichtet.“
Der Präsident des Deutschen Städtetages, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), sieht nun ausdrücklich anerkannt, dass Kinderlärm im Immissionsschutzrecht „nicht als schädliche Umwelteinwirkung gilt“. Zugleich betonte er, ohne Tagesmütter und Tagesväter sei der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz nicht zu erfüllen. (Az.: V ZR 204/11)
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