Urteil zu NSA-Selektorenliste: Klage auf Herausgabe ist gescheitert
Eine Tageszeitung wollte wissen, welche deutsche Ziele der BND für den US-Geheimdienst NSA überwachte und zog vor Gericht. Die Richter haben die Klage abgewiesen.
Geklagt hatte der Redaktionsleiter einer Tageszeitung. In ihrem Spruch verwiesen die Richter auf „berechtigte schutzwürdige Interessen“ des BND, die einer Veröffentlichung der Liste entgegenstünden. Zwar habe die Presse aufgrund ihrer grundgesetzlich verankerten Pressefreiheit ein Recht darauf, dass Bundesbehörden ihr Auskunft erteilten. Dieses Recht gelte aber nicht allgemein, sondern müsse jeweils im Einzelfall abgewogen werden.
Im vorliegenden Einzelfall – der so genannten Selektorenliste – verwiesen die Leipziger Richter zum einen auf die Besonderheiten der nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung, die unter Umständen eine Geheimhaltung erforderten, und zum anderen auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit ausländischen Partnerdiensten.
Der BND sei darauf angewiesen, verdeckt zu arbeiten, heißt es in dem Urteil. „Müssten Auskünfte über solche Vorgänge erteilt werden, würde die Gewinnung von weiteren Informationen erschwert, wenn nicht verhindert, und wäre damit die Erfüllung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes gefährdet“, argumentieren die Richter.
Gericht folgt Regierungslinie
Zudem wiesen sie darauf hin, dass der BND zur Erfüllung seiner Aufgaben mit ausländischen Diensten zusammenarbeiten müsse: „Die Zusammenarbeit setzt voraus, dass die beteiligten Nachrichtendienste sich wechselseitig darauf verlassen können, dass von ihnen für geheimhaltungsbedürftig angesehene Informationen auch von der anderen Seite geheim gehalten werden.“ Andernfalls könne die Arbeit des BND beeinträchtigt werden.
Die Verwaltungsrichter folgten in ihrem Urteil damit weitgehend jener Linie, welche die Bundesregierung, aber auch die Spitze des BND in ihrem Umgang mit der Selektorenliste verfolgen. BND und Regierung hatten beispielsweise dem Wunsch des zuständigen Bundestagsausschusses, in die Liste Einblick zu nehmen, mit ähnlichen Argumenten zurückgewiesen wie jenen, die nun die Leipziger Richter formulierten.
Regierung und BND wiesen wiederholt darauf hin, dass eine Weitergabe der Liste der Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten einen schweren Schaden zufügen würde. Derzeit nimmt allerdings ein Sonderermittler im Auftrag des Untersuchungsausschusses Einblick in die Liste.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen