Urteil zu Ferienwohnungen: Freibrief für Vermieter
Das Verwaltungsgericht kippt ein Verbot des Bezirks Mitte, die Nutzung von Wohnungen als Ferienwohnungen zu untersagen.
Nachdem das Verwaltungsgericht überraschend ein Verbot von Ferienwohnungen in Mitte kassiert hat, will die Politik erst mal abwarten. Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) kündigte an, zunächst auf die Urteilsbegründung warten zu wollen. Erst dann wolle er entscheiden, ob er eine Beschwerde einlegt und vor das Oberverwaltungsgericht zieht.
Das Gericht hatte am Montag bekannt gegeben, dass der Bezirk die Nutzung von Wohnungen in der Wilhelmstraße nicht mit der Begründung untersagen dürfe, dass es sich um Ferienwohnungen und damit einen nicht genehmigten Beherbergungsbetrieb handele. Genau das aber hatte Spalleks Amt gemacht. Die Begründung: In elf von 21 Wohnungen in der Wilhelmstraße 89 würden Wohnungen - ohne Genehmigung - als Beherbergungsstätte genutzt. Anlass waren Beschwerden der Mieter wegen Lärmbelästigungen.
Die Eigentümerin des Hauses dagegen hatte behauptet, "dass die bestehenden Mietverträge eine Nutzungsdauer von drei bis acht Monaten umfassten", so der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Stephan Groscurth. Damit habe für die Mieter die Möglichkeit einer eigenständigen Haushaltsführung bestanden. "Bei dieser Sachlage wohnten die Nutzer in den Apartments und würden nicht von einem Unternehmer beherbergt."
In das Verfahren hatte nicht nur Mitte große Hoffnungen gesetzt. Insgesamt werden in Berlin etwa 12.000 Wohnungen als Ferienwohnungen genutzt - sie fehlen dem ohnehin bereits angespannten Berliner Wohnungsmarkt. Besonders angespannt ist die Lage in der Wilhelmstraße, wo es rund 300 Ferienwohnungen gibt. Für Spallek war das Verfahren deshalb auch wegweisend für andere Bezirke. Sein Argument: Die Vermietung einer Wohnung als Beherbergungsbetrieb erfordere eine besondere Ausstattung - etwa beim Brandschutz und beim Lärm.
Für den Mieterverein ist das Urteil aber auch eine Chance. "Das Gericht hat klar signalisiert, dass die Politik das Problem auf der Ebene der Zweckentfremdung klären muss", sagt Geschäftsführer Reiner Wild.
Tatsächlich könnte eine sogenannte Zweckentfremdungsverbotsverordnung dem Spuk mit den Ferienwohnungen ein Ende bereiten. Allerdings hat das Oberverwaltungsgericht 2002 eine solche Verordnung mit dem Hinweis für ungültig erklärt, dass es in Berlin keine Wohnungsnot gebe. "Das hat sich inzwischen verändert", meint Wild.
Im Senat ist man da zurückhaltender. "Wir prüfen, ob eine Wiedereinführung möglich ist", sagt Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD). Das prüft seine Verwaltung schon seit mehreren Monaten. Noch vor den Wahlen im Herbst hatte Rot-Rot einen entsprechenden Prüfauftrag an den Senat gerichtet. (Az.: VG 19 L 294.11)
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