Urteil zu Bordellen: Sex für Geld auch in Wohnungen
Bordellbetreiberin gewinnt Verfahren gegen den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.
Strahlend verließ Bordellwirtin Kerstin Berghäuser am Mittwoch das Berliner Verwaltungsgericht. Ihr "Salon Prestige" darf Liebesdienste weiterhin in einem Wohnhaus anbieten. Das Gericht gab der Klage der gelernten Einzelhandelskauffrau gegen Schließungspläne der Bezirksbehörde statt. Dem zuständigen Stadtrat im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf war das Wohnungsbordell im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses nahe dem Kurfürstendamm ein Dorn im Auge gewesen.
Die Frage, ob Bordelle in Wohnungen zulässig sind, wurde von Bezirken bisher unterschiedlich beurteilt. Das Verwaltungsgericht ließ allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles die Möglichkeit der Berufung in der nächsten Instanz zu. "Zwar haben wir einen einzelnen Fall beurteilt, er geht aber über die bisherige Rechtsprechung hinaus", sagte die Vorsitzende Richterin der 19. Kammer, Annegret von Alven-Döring.
Nach Auffassung der Richter ist der "Salon Prestige" als Gewerbebetrieb mittlerer Größe an seinem jetzigen Standort in einem Mischgebiet aus Wohnungen und Gewerbe bauplanungsrechtlich ausnahmsweise zulässig. Anhörungen mehrerer Experten und Umfragen in der Nachbarschaft hätten ergeben, dass für die Nachbarn keine sogenannten milieubedingten Störungen zu verzeichnen seien. Die Richter hatten sich bei einem Ortstermin mit eigenen Augen davon überzeugt, dass der seit vier Jahren bestehende Salon in der Ringbahnstraße auf Anonymität und Diskretion ausgerichtet sei (taz berichtete). Es gebe keine Reklameschilder, Alkohol werde nicht ausgeschenkt, hieß es in der Urteilsbegründung.
Der Kontaktbereichsbeamte des Viertels hatte im Prozess betont, ihm seien keinerlei Klagen zu Ohren gekommen. Das Gericht forderte den Gesetzgeber zum Handeln auf. Von Alven- Döring verwies darauf, dass Prostitution nicht mehr als sittenwidrig gelte. Auch bauplanungsrechtlich dürfe Prostitution nicht wegen moralischer Bedenken eingeschränkt werden. Bei der Berliner Polizei waren im vergangenen Jahr 232 Wohnungsbordelle bei insgesamt 633 Prostitutionsbetrieben registriert. (Az.:VG 19 A 91.07) (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!