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Urteil zu AfDler-Besuchen bei RechtenDabei-Sein ist nicht Teil-Sein

Der Hamburger Verfassungsschutz darf zwei AfDler nicht als Angehörige der „Identitären Bewegung“ bezeichnen. Das entschied das Verwaltungsgericht.

Senator Grote und VS-Chef Voß bei der Vorstellung des Hamburger Verfassungsschutzberichts im März Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Es ist eine peinliche Schlappe für Hamburgs Schlapphüte. Das Verwaltungsgericht hat am Montag einem Eilantrag des AfD-Landesverbands stattgegeben. Demnach muss der Verfassungsschutz Passagen aus seinem aktuellen Verfassungsschutzbericht wieder streichen. Konkret beanstandete die Partei, dass zwei ihrer Mitarbeiter im Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 als Angehörige der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ bezeichnet wurden.

Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation der AfD und entschied, dass die Behauptung gestrichen werden muss. Zwar habe das Landesamt für Verfassungsschutz über Angehörige der „Identitären Bewegung“ in Hamburg berichten dürfen; auch grundsätzlich, ob und wie sie Verbindungen in die AfD haben.

Dass die beiden betreffenden Personen, die bei der Bürgerschaftsfraktion beschäftigt sind, wirklich der rechtsextremen Gruppe zugehörig sind, war dem Gericht aber eine zu steile These. Die bloße Teilnahme der beiden an Aktionen der „Identitären Bewegung“ von 2017 bis 2019 dürfe die Annahme der Zugehörigkeit zur „Identitären Bewegung“ im damaligen Zeitraum nicht rechtfertigen, befand das Gericht. Das ließe „jedenfalls keinen Rückschluss auf eine (fortbestehende) Zugehörigkeit“ zu, heißt es in einer Mitteilung.

Einen weiteren Erfolg hatte die AfD schon zuvor errungen: Laut dem Ende März zusammen mit Innensenator Andy Grote (SPD) vorgestellten Bericht sei im vergangenen Jahr die Zahl der Rechts­ex­tre­mis­t:in­nen in der Stadt auf 380 Personen angewachsen. Der Zuwachs ergebe sich zum größten Teil aus 40 neu erfassten An­hän­ge­r:in­nen des von der AfD für aufgelöst erklärten extremistischen sogenannten „Flügels“.

Streit um Anzahl der „Flügel“-Anhänger

Auch diese Zahl monierte die AfD. Sie war Bestandteil des Eilantrags vor dem Amtsgericht, aber durch einen Vergleich vorher schon geklärt: Das Landesamt verpflichtete sich, die Textpassagen mit einer Erklärung zu versehen. Nun steht vorerst als Fußnote unter dem Bericht, dass die AfD diese Zahl bestreitet.

Kommt es zu einer Hauptverhandlung, kann sich dies aber noch einmal ändern: Das Gericht wollte dem Eilantrag in diesem Punkt weder zustimmen noch ihn ablehnen, weil es die geschwärzt übermittelten Akten nicht hinreichend beurteilen könne.

Trotzdem ist das Ergebnis ein Erfolg für die AfD. Denn beide Vorgänge musste der Verfassungsschutz laut Gerichtsbeschluss öffentlich mitteilen. Der Verfassungsschutz steht dumm da; die AfD, in der momentan offenbar „Flügel“-nahe Mitglieder versuchen, den Landesvorstand abzusetzen, freut’s.

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3 Kommentare

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  • LoL deutsche Gerichte "schaffen sich ab". Komisch das solche statements bei Linken die den Autonomen und/oder Linksextremisten zugeordnet werden (oder früher auch bei der Linken slebst, wo Politiker deswegen vom VS überwacht wurden) nie beanstandet wurden.



    Da reichte jeweils eine Teilnahme bei einer von "linken" organisierten Demo (wo es dann den "schwarzen Block" vielleicht gab) um jene Leute zu diskreditieren.

    Oder schauen wir nach #sucksen, dort wurde mehrere Landtagspolitiker die Immunität entzogen weil sie als "politische Beobachter" bei Ende Gelände dabei waren! Wie kann solch ein unterschiedliches Urteil zustande kommen. Klar trifft die armen Faschos, mit denen darf man ja nicht so scharf umgehen.

    Kann man mal bitte prüfen ob der Richter eventuell auch nicht ganz so unabhängig ist?

    Medien bitte einfach mal etwas genauer die Sache prüfen und dann mal die Gerichte anfragen. Danke.

  • Die AfD beschäftigt Menschen, die direkt in rechtsextremen Zusammenhängen rumgehen und dann prozessiert die Partei gegen den sowieso sinnentleerten Bericht des Inlandsgeheimdienstes.

    Der Punkt ist, doch Bericht hin und oder her, wen interessiert wirklich, was diese Schlaphütte ermitteln?



    Die AfD ist mit ihrem durchgebrannten extrem-bürgerlichen Hintergrund geradezu wie eine Plattform für radikale aus dem rechten Spektrum gibt, dass dort tatsächlich solche Meinungen eine Rolle spielen, zeigt doch, dass es eben nicht eine Partei von bürgerlichen Juristen und Volkswirten ist, sondern eine Bewegung darin verschachtelt ist, die gegen die liberale Demokratie mit Argumenten der liberalen Demokratie vorgehen würde und will.

    Dass die AfD kaum die Abläufe in der Bürgerschaft hinbekommt? Dass sie Anfragen stellen, wo es immer wieder um Nationalität und Migration geht? In einer Handelsstadt wie Hamburg sollte das reichen, um gegen diese Partei stärker vorzugehen, sie vorzuführen, was sie ist und was sie wirklich will.

    Dafür benötige ich jedenfalls keinen Geheimdienst oder Spitzel, die AfD verhellt ihren idiotischen, anti-demokratischen und anti-liberalen Charakter gar nicht. Schon Gründer Lucke wollte die Gesetze für Gewerkschaften und Tarifverhandlungen angreifen, also die Rechte von Arbeitnehmern. Solche Versuche gehen nicht, ohne das die Offenheit der Presse und der Gesellschaft verändert und eingeschränkt werden.

    ... Die AfD fühlt sich von der Öffentlichkeit schlecht behandelt, während sie diese gerne zu einem guten Teil abschalten würde. Früher hatte die AfD zwei Ziele: Die (Wieder)Einführung der DM und später die Begrenzung der Migration oder eine Rückkehr zum alten Ausländerrecht. Diese Sicht auf eine nationale Volkswirtschaft, die seit den 1960ern schon nicht mehr existiert, plus latente Ablehnung von Ausländern / Fremden, das riecht nach Rechtsextremismus. Um das zu verstehen, braucht man keinen Verfassungsschutz oder Gerichtsverfahren.

    • @Andreas_2020:

      Sollte man meinen, wie Du siehst, der VS hat mal es zusammengeschrieben. Aber das Gericht stellt sich dann hinter die Faschos...