Urteil wegen Bestechlichkeit: Polizist verscherbelte Meldedaten
Ein Hamburger Polizist fotografierte Daten des Einwohnermeldeamtes ab. Damit wollte ein Kioskbesitzer Boni bei einer Zigarettenfirma kassieren.

Betroffen waren insgesamt 750 Personen, von denen Auszüge aus dem Einwohnermelderegister weitergeleitet wurden. Auf die Daten hatte der frühere Polizist zwischen Juli und September 2019 von seinem Arbeitsplatz im Polizeikommissariat zugegriffen, um die Daten abzufotografieren und anschließend an einen Freund zu senden.
Dieser leitete die Daten wiederum an einen Kioskbesitzer weiter, der sie anschließend zu Geld gemacht haben soll: Mit den Meldedaten soll er die betroffenen Personen bei der E-Zigaretten-Marke Iqos registriert und dafür Boni erhalten haben. Wie Ö. wurde auch sein Freund am Freitag verurteilt, zu einer achtmonatigen Bewährungsstrafe. Gegen den Kioskbesitzer läuft ein gesondertes Verfahren, das noch nicht abgeschlossen ist.
Vor Gericht gab sich Ö. reumütig. Er wisse, dass er „sein Lebenswerk kaputt gemacht“ hat. Durch die Taten sei er vom Dienst suspendiert und vor drei Jahren förmlich aus dem Polizeidienst entlassen worden. Heute sei dem zum Tatzeitpunkt 24-Jährigen klar, dass er damals „die charakterliche Eignung für die Polizei“ nicht gehabt hat. Seitdem habe er Schwierigkeiten gehabt, eine neue Anstellung zu finden. Mittlerweile arbeite er fest in einem Bistro.
Angeklagte erhalten Bewährungsstrafe
Dass es am Freitag überhaupt noch zur Gerichtsverhandlung gekommen ist, kam den Angeklagten beim Strafmaß nicht zugute. Nach Abschluss der Ermittlungen hatte die Hamburger Staatsanwaltschaft bereits Strafbefehle über eine zwölfmonatige und eine achtmonatige Bewährungsstrafe erlassen. Damit wollten die beiden Angeklagten sich nicht zufrieden geben und legten Widersprüche ein.
So kam es zur Verhandlung – und der Vorsitzende Richter Maximilian Engel machte zur Überraschung der Angeklagten direkt deutlich, dass er die Strafmaße sogar für zu niedrig erachtet. Schließlich handele es sich um sensible Daten, die „krass gut geschützt“ sein sollen. Deshalb sei über Haftstrafen von bis zu 20 Monaten auf Bewährung nachzudenken. Auch der Staatsanwalt betonte die hohe kriminelle Energie und Dreistigkeit der Angeklagten.
Weil beide aber Geständnisse ablegten und sie zuvor und seitdem nicht straffällig geworden waren, blieb das Urteil am Ende unterhalb der 20 Monate. Zugute kam ihnen auch, dass seit der Tat schon bald sechs Jahre verstrichen sind und dass kein Kontakt zu dem Kioskbesitzer mehr bestehe. Dennoch ließ es sich der Richter nicht nehmen, den beiden Angeklagten seinen Unmut über ihre Straftaten deutlich zu machen. Die seien „richtig krass uncool“ gewesen, gerade für „so einen Bullshit wie die Iqos-Nummer“.
Ö. kündigte nach dem Urteil an, auf eine Berufung verzichten zu wollen.
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