Urteil über Deniz Yücel in der Türkei: Zwei Jahre und neun Monate

Ein türkisches Gericht hat den den Journalisten Deniz Yücel in Abwesenheit zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Sein Anwalt kündigt Berufung an.

Der Journalist Deniz Yücel.

Verurteilt: Deniz Yücel Foto: Patrick Franck/imago

Istanbul dpa/afp/taz | Ein Gericht in Istanbul hat den „Welt“-Journalisten Deniz Yücel wegen Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu mehr als zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Vom Vorwurf der Volksverhetzung und der Propaganda für die Gülen-Bewegung sei Yücel freigesprochen worden, sagte sein Anwalt, Veysel Ok, am Donnerstag.

Das Urteil wurde in Yücels Abwesenheit gefällt. Der Journalist war nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis im Februar 2018 aus der Türkei ausgereist. Ok kündigte Berufung an und sagte: „Wir akzeptieren dieses Urteil nicht.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Laut Ok gab das Gericht zudem bekannt, dass zwei weitere Ermittlungen gegen Yücel liefen. Yücel wird Beleidigung des Präsidenten und des türkischen Staates vorgeworfen, wie aus dem Gerichtsprotokoll hervorgeht.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Verurteilung wegen Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und Volksverhetzung gefordert. Darauf stehen bis zu 16 Jahre Haft. Für den Vorwurf der Terrorpropaganda für die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen verlangte die Staatsanwaltschaft schon im Februar einen Freispruch.

Yücel war von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Monatelang saß er in Einzelhaft. Wie erst im Mai vergangenen Jahres bekannt wurde, war Yücel in seiner Haftzeit misshandelt worden.

Der Fall hatte die deutsch-türkischen Beziehungen schwer belastet. Die Bundesregierung und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werteten das Verfahren gegen Yücel als politisch motiviert und setzten sich für seine Freilassung ein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte Yücels Inhaftierung einen „Skandal“. Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete Yücel als eine „Geisel“ des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

Der islamisch-konservative Staatschef hatte Yücel öffentlich einen „deutschen Agenten“ genannt. Erst nach langem politischen Tauziehen kam Yücel frei und durfte ausreisen. Gleichzeitig wurde Anklage wegen Terrorpropaganda und Volksverhetzung erhoben. Im Sommer 2019 entschied aber das türkische Verfassungsgericht, dass Yücels Inhaftierung rechtswidrig gewesen war.

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