Urteil nach LKW-Unfall in Hannover: Mutter zeigt Stärke
Der LKW-Fahrer, der einen Elfjährigen in Hannover beim Rechtsabbiegen getötet hat, ist zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden.
Vor den Türen des Saals geht B. auf die Eltern zu. Er möchte sich entschuldigen. Ein Dolmetscher übersetzt vom Rumänischen ins Deutsche: „Das ist eine Tragödie“, sagt B., der selbst zwei kleine Kinder hat.
Er erinnere sich daran, dass er die Spiegel überprüft habe, sagt der Fahrer dann in der Verhandlung. „Ich habe nichts gesehen“, sagt B. „Ich kann es mir nicht erklären.“
Doch er hatte sich nicht langsam an den Radweg herangetastet, sondern war gefahren, als er grün hatte – genau wie der Junge mit seinem Fahrrad.
Mutter nimmt die Entschuldigung an
Die Mutter des Jungen spricht sehr leise. Sie war mit ihrem Sohn auf dem Weg zur Kinderstunde in der Kirche, als der Unfall passierte. „Es war keine Eile“, erinnert sie sich. Eine alltägliche Situation. Nach ihrer Aussage verlässt die 51-Jährige sofort den Saal – kommt dann aber noch einmal zurück.
Sie stellt sich mit geradem Rücken vor den Tisch des Angeklagten und sagt dann zwei Worte in seine Richtung: „Ich vergebe.“ Zögerlich steht B. auf und geht auf sie zu. „Ich wollte diese Sache nicht machen“, sagt er. Bevor sie endgültig den Saal verlässt, legt sie ihm noch leicht die Hand auf die Schulter.
Richterin Monika Pinski verurteilt B. wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung und 1.500 Euro Geldstrafe.
Vermieden werden könnten viele schwere Unfälle durch Abbiegeassistenten, sagt die Richterin. „Dieses Kind könnte noch leben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!