Urteil in Burkina Faso: Lebenslang für Expräsident
In Burkina Faso verurteilt ein Militärgericht den 2014 gestürzten Langzeitherrscher Blaise Compaoré zu lebenslanger Haft. Allerdings in Abwesenheit.
Sankara, der sich selbst 1983 an die Macht im damaligen Obervolta geputscht hatte, und zwölf Gefährten wurden während einer Sitzung am 15. Oktober 1987 in Ouagadougou erschossen. Compaoré, sein damaliger Wegbegleiter, übernahm daraufhin die Macht. Er blieb Präsident bis zu seinem Sturz durch friedliche Proteste der Zivilgesellschaft im Herbst 2014.
Seitdem lebt Compaoré im Nachbarland Elfenbeinküste im Exil und hat die ivorische Staatsbürgerschaft angenommen. Von dort heißt es, dass er gerade eine Villa für mehrere Millionen Euro errichten lässt. Seine Anwälte ließen vor Prozessauftakt im Oktober verkünden, dass ihren Mandanten kein faires Verfahren erwarte, weshalb er nicht vor Gericht erscheinen werde. Unmittelbare Folgen für ihn hat das Urteil also nicht.
Auch Compaorés späterer Sicherheitschef Hyacinthe Kafando wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, ebenso sein späterer Armeechef Gilbert Diendéré. Aufgrund eines Putschversuchs im Jahr 2015 verbüßt der einstige Kommandeur der Armee bereits eine Strafe von 20 Jahren. Er war anders als die anderen beiden Hauptangeklagen beim Prozess auf der Anklagebank anwesend.
Kafando, der auch wegen des „Verbergens einer Leiche“ schuldig gesprochen wurde, ist seit Ende 2015 oder Anfang 2016 auf der Flucht. Nach Informationen der Zeitschrift „Jeune Afrique“ soll er in Togo und Benin gewesen sein, sich aber ebenfalls überwiegend in der Elfenbeinküste aufhalten.
Beide Länder sind Nachbarn und eng miteinander verbunden. Eine mögliche Auslieferung war nie Thema. Compaoré hat außerdem weiterhin Unterstützer*innen im eigenen Land, die von seiner Herrschaft profitiert haben.
In letzter Zeit hieß es außerdem immer wieder, dass Burkina Faso während seiner 27-jährigen Herrschaft immerhin sicherer gewesen sei als heute. Seit Compaorés Sturz haben islamistische Terrorgruppen, teils aus Mali eingedrungen, weite Landesteile unsicher gemacht, durch Terrorangriffe starben zwischen 2016 und 2021 mehr als 2000 Menschen. Mehr als 1,8 Millionen sind auf der Flucht.
Drei Angeklagte wurden freigesprochen. Noch sind die Urteile nicht rechtskräftig. Die Revisionszeit beträgt 15 Tage.
Die Urteile wurden mit Applaus aufgenommen, geht doch ein historischer Prozess zu Ende, der sechs Monate gedauert hat. Er wurde immer wieder unterbrochen, etwa aufgrund des neuerlichen Militärputsches im Januar. Damals hatte es Befürchtungen gegebwen, die neuen Militärmachthaber könnten das Verfahren ohne Urteil einstellen. Nun endet es aber mit harten Urteilen, die noch über die Forderrungen der Anklage hinausgehen. Das gilt als Signal an alle Staats- und Regierungschefs: Verbrechen können auch Jahrzehnte später noch aufgearbeitet werden.
Trotzdem mischt sich auch Enttäuschung in das Urteil. Der Anwalt der Familie Sankara, Prosper Farama, spricht Medienvertreter*innen gegenüber von Erleichterung, sagt aber auch: „Leider hat während dieses Prozesses kein Angeklagter gestanden oder Buße getan.“
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