Urteil gegen Journalistinnen in Belarus: Weiter draufhauen
Zwei belarussische Journalistinnen sind zu Lagerhaft verurteilt worden. Das Regime will damit einschüchtern und seine Verbrechen verschleiern.

Z ynischer geht es nicht: Da werden zwei belarussische Journalistinnen zu zwei Jahren Straflager verurteilt, weil sie eine der zahlreichen Prügelorgien der Sicherheitskräfte gefilmt haben. Immerhin sollen sie ihre Strafe im „normalen Vollzug“ verbüßen, was zumindest auf regelmäßige Essensrationen und etwas feiner dosierte Misshandlungen hoffen lässt.
Innenminister Igor Lutzki fällt dazu nicht Besseres ein, als Interesse am Schicksal von Medienmacher*innen zu bekunden, die allerdings gesetzestreu sein müssen. Damit sind zum Beispiel Opportunisten und Speichellecker wie Grigori Asarenok gemeint, der für seine platte Propaganda beim Staatssender STW unlängst von dem sogenannten Präsidenten Alexander Lukaschenko mit einem Tapferkeitsorden ausgezeichnet wurde.
All die anderen jedoch, die mehr als ein Fünkchen Ehre im Leib und so etwas wie Berufsethos haben, sind zum Abschuss freigegeben – selbstverständlich ohne strafrechtliche Konsequenzen. Ob dabei Existenzen und Leben zerstört werden – wen schert das schon?
Was dieser Versuch, kritische Stimmen zum Verstummen zu bringen, bedeutet, ist fast jeden Tag zu besichtigen. Kein Vorwand ist zu plump, um in die Privatsphäre von Journalist*innen einzudringen, sie festzunehmen, zu misshandeln sowie in politisch motivierten Verfahren zu verurteilen. Die Absicht dahinter ist klar: Es geht um nichts Geringeres, als die Verbrechen zu verschleiern, derer sich dieses menschenverachtende Regime immer wieder aufs Neue schuldig macht.
Einem Machthaber, der so agiert, sitzt die Angst im Nacken. Dabei müsste auch zu Alexander Lukaschenko mittlerweile die Information vorgedrungen sein, dass im digitalen Zeitalter nichts im Verborgenen bleibt und auch er unter ständiger Beobachtung steht. Doch die Devise lautet: Draufhauen.
Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Wie sonst wäre es zu erklären, dass sich Berichterstatter*innen nicht abschrecken lassen und weitermachen – ohne Rücksicht auf Konsequenzen? Sie wissen genau: Die Agonie des Regimes könnte noch einige Zeit dauern.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Wählen mit Migrationshintergrund
Studie zu Wahlverhalten und Herkunft