Urteil gegen AfD-Politiker Thomas Seitz: Rechter Staatsanwalt gefeuert
Auf seiner Facebook-Seite hetzte der AfDler Thomas Seitz immer wieder gegen Geflüchtete und Muslime. Jetzt verliert er seinen Beamtenstatus.
Das Disziplinarverfahren gegen Seitz war bereits 2017 vom damaligen Landesjustizminister Guido Wolf (CDU) eingeleitet worden. Es stützte sich auf Kommentare, die Seitz auf seiner Webseite und vor allem auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hatte, als er noch Staatsanwalt war.
Mit diesen außerdienstlichen Postings habe Seitz gegen mehrere beamtenrechtliche „Kernpflichten“ verstoßen, heißt es nun in dem 76-seitigen Urteil, das der taz vorliegt. Zwar könne sich auch ein Beamter auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen, so die Richter. Ein Beamter müsse dabei jedoch immer die Pflicht zur Mäßigung beachten, um das Vertrauen in die Neutralität seiner Amtsführung nicht zu gefährden.
Zahlreiche Posts, etwa ein Koran in einer Toilette, seien geeignet, Zweifel an Seitz' Unvoreingenommenheit gegenüber Muslimen zu begründen, so die Richter. Indem er den Begriff „Migrassoren“ verwandte (eine Zusammensetzung aus Migrant und Aggressor) habe er den Eindruck erweckt, er halte Flüchtlinge generell für gewaltätig. Jeder einzelne der 15 aufgelisteten Kommentare, aber erst recht die „Gesamtschau“, löse die Sorge aus, dass Seitz' Einstellung gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund „von starken Ressentiments geprägt ist“, so die Bilanz der Richter.
„Geistige Brandstiftung“
Zweiter großer Vorwurf: Seitz bekenne sich nicht mit seinem ganzen Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung. Zwar dürfe auch ein Beamter Kritik an staatlichen Handlungen äußern, aber nicht den Staat und seine Grundlagen in Frage stellen, so die Richter.
Sie warfen Seitz vor allem vor, dass er die deutsche Justiz als „Gesinnungsjustiz“ bezeichnete. Dies sei geeignet, das Vertrauen in die rechtsstaatliche Justiz zu schädigen, weil er als Staatsanwalt den Eindruck erwecke, dass er über Insiderwissen verfüge. Indem Seitz die Voraussetzungen für ein „Recht auf Widerstand“ bejahte, habe er „geistige Brandstiftung“ betrieben. Zudem habe Seitz die Menschwürde verletzt, als er einen rassistischen Begriff als Bezeichnung für Ex-US-Präsident Barack Obama verteidigte.
Der Dienstgerichtshof sah kein milderes Mittel als die Entlassung von Seitz aus dem Beamtenverhältnis – obwohl es das erste Disziplinarverfahren gegen Seitz war und ihm keine Verfehlungen im Dienst vorgeworfen wurden. Aufgrund der schweren und wiederholten Dienstvergehen habe das Land als Dienstherr und auch „die Allgemeinheit“ jedoch das Vertrauen in ihn „vollständig und endgültig“ verloren, so die Richter.
Zwar könne Seitz künftig nicht mehr als Staatsanwalt arbeiten, die Entlassung sei aber verhältnismäßig, weil Seitz als Volljurist „mannigfaltige“ andere berufliche Möglichkeiten blieben.
Der Dienstgerichtshof ließ keine Revision zu. Hiergegen kann Seitz noch Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen. Falls diese scheitert, dürfte der Jurist das Bundesverfassungsgericht anrufen, wie er früher bereits ankündigte.
Auf eine schnelle Entscheidung ist Seitz nicht angewiesen, denn er wird in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter Bundestagsabgeordneter bleiben. Seitz kandidiert bei der Wahl im September auf dem als sicher geltenden Platz 9 der baden-württembergischen AfD-Landesliste. (Az.: DGH 2/19)
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