Urteil gegen 17-jährige Palästinenserin: Acht Monate Haft für Ahed Tamimi
Wegen Ohrfeigens eines Soldaten war sie angeklagt: Jetzt haben sich ihre Anwältin und das israelische Militärgericht auf einen Deal geeinigt.
Tamimi hatte in ihrem Heimatort Nabi Saleh, im Westjordanland, einen israelischen Soldaten geohrfeigt und beschimpft, sich dabei filmen lassen und den Videospot anschließend im Internet veröffentlicht. Seit Mitte Dezember sitzt sie deshalb hinter Gittern. Insgesamt zwölf Punkte listete die Anklageschrift anfangs auf, darunter der Aufruf zur Gewalt und Steinewürfe auf Soldaten.
Seine Tochter sei „moralisch sehr gefestigt“, erklärte Vater Bassem Tamimi im Anschluss an den Prozess eines israelischen Militärgerichts. Unmittelbar bevor Soldaten die 17jährige aus dem Verhandlungsraum führten, schimpfte sie über die Besatzung, unter der es „keine Gerechtigkeit gibt“, und bezeichnete das Gericht als „illegal“.
Längst gilt die kämpferische junge Frau mit den dichten blonden Locken als Heldin unter den Palästinensern. Schon als Zwölfjährige machte sie Schlagzeilen, als sie auf Konfrontation mit schwer bewaffneten Soldaten ging.
Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit
Sie werde die Zeit im Gefängnis nutzen, „um viel zu lesen und zu lernen“, sagte ihr Vater, der federführend war bei der lebhaften Medienkampagne. So forderte eine internationale Unterschriftenaktion die Freilassung der Palästinenserin.
Trotz der gegensätzlichen Forderung der Anwältin ordnete das Gericht an, die Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. „aus Rücksicht auf die minderjährige Angeklagte“, wie es offiziell hieß. Das beschleunigte Prozedere deutet darauf, dass das Militärgericht den international große Aufmerksamkeit erregenden Fall schnell vom Tisch haben wollten.
Die Menschenrechtsorganisation Addameer, die sich der Rechte der palästinensischen Häftlinge annimmt, zählt aktuell 450 sogenannte Administrativhäftlinge, die zum Teil über Jahre hinter Gittern sitzen, ohne dass ihnen der Prozess gemacht wurde. 330 Häftlinge seien noch keine 18 Jahre alt.
Acht Monate Gefängnishaft gelten im noch besetzten Westjordanland als kein sehr strenges Strafmaß. Anwältin Laski stimmte der Vereinbarung zu, um ihrer Mandantin eine längere Gefängnisstrafe zu ersparen. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Haft gefordert. Die Zeit der Untersuchungshaft soll anerkannt werden. Spätestens im August dürfte Tamimi wieder auf freiem Fuß sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich