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Urteil des Internationalen Strafgerichtshofes14 Jahre Haft für Milizenchef Lubanga

Der ehemalige kongolesische Milizenchef Lubanga ist zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nach Ansicht des Gerichts rekrutierte Lubanga auch Kindersoldaten.

Muss für 14 Jahre ins Gefängnis: Thomas Lubanga Dyilo. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat den kongolesischen Warlord Thomas Lubanga zu 14 Jahren Haft verurteilt. Es ist die erste Verkündung eines Strafmaßes seit Gründung des Weltgerichts vor zehn Jahren.

Lubanga war am 14. März der Rekrutierung von Kindern während seiner Zeit als Präsident der Miliz UPC (Union kongolesischer Patrioten) in der Zeit 2002-2003 für schuldig befunden worden.

Die UPC war eine von vielen bewaffneten Gruppen, die im zweiten Kongokrieg 1998-2003 um die Vorherrschaft im nordostkongolesischen Distrikt Ituri kämpften.

In Ituri fanden damals die schwersten ethnischen Massaker des Krieges statt. Die UPC rekrutierte sich hauptsächlich aus der Volksgruppe der Hema, die besonders viele Opfer zählte und auch Minderjährige zum Dienst in „ihre“ Miliz entsandte.

Dies war der Grund, warum Lubanga im Jahr 2006 aus seiner Haft in Kongos Hauptstadt Kinshasa nach Den Haag überführt und angeklagt wurde.

Höchststrafe gefordert

Mit dem Strafmaß bleibt das Gericht weit hinter der Forderung der Anklage zurück. Chefankläger Luis Moreno-Ocampo hatte in der Anhörung zur Festsetzung des Strafmaßes am 13. Juni die Höchststrafe von 30 Jahren Haft gefordert, aber zugleich in Aussicht gestellt, man werde sich mit 20 Jahren zufriedengeben, sollte der Angeklagte Reue zeigen, sich entschuldigen und in Zukunft „seine Führungsposition dazu nutzen, um für Maßnahmen zur Vereinigung und Heilung geschädigter Gemeinschaften einzutreten“.

Lubanga hatte danach in seiner Stellungnahme dem Gericht vorgehalten, dass kein einziger der angeblichen einstigen Kindersoldaten als Zeuge aufgetreten sei und dass er die UPC um des Friedens willen gegründet habe.

Zahlreiche Verfahrensfehler

Die Verteidigung hatte keine konkrete Forderung gestellt außer der, das Gericht möge die politischen Umstände und die zahlreichen Verfahrensfehler der Anklage, die Lubangas Grundrechte verletzt hätten, berücksichtigen.

Diesem Wunsch scheint die Erste Verfahrenskammer mit ihrem eher milden Urteil nun gefolgt zu sein. Auf die 14 Jahre Haft werden auf jeden Fall die 6 Jahre angerechnet, die Lubanga bereits in Den Haag einsitzt.

Die Verteidigung hätte auch gern seine Jahre in Hausarrest und Haft vor der Überführung nach Den Haag mitgezählt. In jedem Fall kommt der 51-Jährige wohl noch vor seinem 60. Geburtstag wieder frei.

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2 Kommentare

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  • R
    rita

    Liebe magy, mir scheint, Sie verwechseln da etwas.

     

    Thomas Lubanga hat nichts zu tun mit der FDLR, auch nicht mit dem Präsidenten oder dem kongolesischen Militär. Das ist eine ganz andere "Baustelle". Ja, es stimmt, dass er zu seiner Zeit verantwortlich war für Menschenrechtsverletzungen. Das geschah innerhalb eines blutigen Konfliktes zwischen verschiedenen Ethnien. Aber Lubanga wollte diesen Konflikt auf friedliche Weise beenden, indem er in die Politik geht. In Kin wurde er dann festgesetzt und an das Int. Strafgericht ausgeliefert. Von Kabila, der gleichzeitig die weiterhin agierenden Rebellen in seine Armee eingegliedert und Bosco Ntanganda zum General befördert und geschützt hat, obwohl der zu dieser Zeit ebenfalls schon wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen gesucht wurde.

  • M
    magy

    Das Urteil ist ja wohl unglaublich. ist das so gering weil er ein Ranghoher war. Das ist ein Schlag ins Gesicht all der Opfer im Kongo, all dem unglaublichen Leid das die Menschen dort erfahren und ertragen mussten und heute noch müssen.

    Was ist mit Anklage Anstiftung zum Morden, Mädchenhandel, Sexsklaverei, Drogenmissbrauch usw.

    Wer aber verurteilt alle die Täter und deren Befehlshaber bis ganz oben, die so viele Menschen grausam ermordet haben, Kindesentführung, all die Frauen die vergewaltigt, verstümmelt und getötet wurden oder an den Folgen starben, all die Kinder die durch die Zwangsrekrutierung zu Mördern herangezogen und schwerst misshandelt wurden, schwerst traumatisiert wurden, all die Kinder die durch die Vergewaltiger entstanden sind. Wo ist auch die Anklage und das Urteil auf Gutmachung der Verluste, der Schmerzen und all dem Verlust von Hab und Gutder Bevölkerung. Das alles entsteht doch durch Befehlshaber wie der so milde Verurteilte und die haben doch alle eine Menge Geld, siehe all die Berichte, das das Militär sich von den Erdschätzen locker finan-

    ziert.

    Meiner Ansicht nach hätte man sich vor der Anklageschrift genau informieren müssen wie der Präsident tickt, wenn es um sein Militär geht, was das Strafrecht allgemein betrifft, speziell wie die Militärjustiz tickt wo der Präsident der Oberste ist, somit der oberste Verantwortliche was im Land passiert.

    Dazu hätte man weit mehr Leute, mehr der Kindersoldaten, der Sexsklavinnen, der Vergewaltigungsopfer verhören müssen ohne das Militär in der Nähe ist, so verhören, das keiner von den Verhören erfährt, dann können die Kinder, die Bevölkerung, die damaligen Soldaten vor allem die vielen Opfer frei reden.

    Liest man den Bericht des Ex-Militärrichters, verfasst von taz de am 7.7.2012, wundert einen nicht mehr, das all die Verbrechen ungestraft bleiben, dafür werden die Gesetze entsprechend kreiert, somit kann und wird es nie Verurteilungen geben. Das scheint mir ein ganz übler Trick sich bei Anklagen straffrei zu halten. Die Bevölkerung wird zwischen den Fronten, der Gewalt, der Macht, Geld, und Besitzgier zerrieben und geopfert.

    Man kann es nicht oft genug betonen die Welt schaut zu bzw. weg. Die Bevölkerung besonders in Ostkongo sagt, die UN könne auch gehen, sie helfen der Bevölkerung nicht. Nicht nur die Grausamkeit in Kongo ist erschreckend, auch die Gleichgültigkeit einiger Leute in Kongo selbst und viel zu vieler Menschen im Rest der Welt.