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Ursachenforschung nach FlugzeugunglückMysteriöser Absturz in den Alpen

Der Stimmrekorder des Unglücks-Airbus kann ausgelesen werden, noch aber bleibt der Inhalt unbekannt. Den Helfern am Absturzort bietet sich ein furchtbarer Anblick.

Suchmannschaften untersuchen das Trümmerfeld des abgestürzten Airbus. Bild: dpa

PARIS taz | Was ist kurz vor und während des achtminütigen Sinkflugs der Germanwings-Maschine passiert, bevor der offenbar vom automatischen Piloten auf Kurs gesteuerte Airbus 320 in den Bergen zerschellte? Entscheidende Hinweise erwartet man von den Flugschreibern.

Die erste der beiden „Black Boxes“, der Stimmrekorder, der alle Gespräche und Geräusche im Cockpit der letzten zwei Stunden aufzeichnet, ist bereits am Dienstag aufgefunden worden. Obwohl dieser stark beschädigt ist, könne man die auf einer Speicherkarte registrierten Daten auswerten, erklärten dazu die französischen Flugunfallexperten des Bureau Enquêtes Accidents (BEA) in Le Bourget auf einer Pressekonferenz.

Ein BEA-Sprecher bestätigte, dass Aufzeichnungen bis zum Ende des Flugs und „auswertbare Audiodaten mit Stimmen und Geräuschen“ vorliegen. Über den Inhalt von Gesprächen und über die Identität der Sprecher könne er aber nichts sagen. Die Auswertung brauche mehr Zeit. Die zweite Blackbox konnte noch nicht gefunden werden.

„Es ist ein wenig so, als wenn niemand im Cockpit gewesen wäre“, meinte der Luftfahrtspezialist Bernard Chabert. Der französische Premierminister Manuel Valls sagte, vorläufig werde „keine Hypothese ausgeschlossen“, auch wenn „eine Explosion in der Luft“ nicht mehr in Betracht gezogen werde. Dass es sich eventuell um einen Terrorakt handelte, gehöre nicht zu den vorrangigen Hypothesen.

An der Bergflanke pulverisiert

Schon in den frühesten Morgenstunden waren die französischen Bergungsmannschaften im Südalpenmassiv Les Trois Evêchés nördlich von Digne-les-Bains wieder im Einsatz. Am Tag nach dem Absturz der Airbus-Maschine mit 150 Menschen an Bord bot sich ein unvermindert schreckliches Bild. Selbst die Angehörigen der Feuerwehr und der Gendarmerie, die Erfahrung in Einsätzen bei anderen Katastrophen haben, gestanden, dass sie der fürchterliche Anblick der Unglücksstelle überfordere. Die Aufnahmen vom Hubschrauber aus vermitteln nur einen entfernten Eindruck. Man kann erkennen, wie das Flugzeug bei seinem Aufprall auf die Bergflanke buchstäblich „pulverisiert“ wurde.

Der von Schluchten zerfurchte Berghang des 2.500 Meter hohen Gipfels Tête de l’Estrop aus dunklem Fels ist auf mindestens zwei Quadratkilometern mit kleinen, hellen Trümmern übersät, von denen nur sehr wenige länger als einen Meter sind. Die zum Teil steil abfallenden Hänge sind wegen der Regen- und Schneefälle der letzten Nacht glitschig. Die Arbeit der Suchtrupps ist gefährlich.

Sie müssen zudem vermeiden, irgendetwas am Unglücksort zu verändern, was der Aufklärung dienlich sein könnte. Bisher konnten die meisten Helfer nur per Hubschrauber zum Unglücksort transportiert werden. Insgesamt sind 700 Mann mit 15 Hubschraubern im Einsatz. Sie wurden noch verstärkt durch 30 Psychologen und Ärzte sowie 40 Dolmetscher, die in den kommenden Tagen den Familienangehörigen beistehen sollen.

Am Ort sind die Angehörigen der Bergungsmannschaften unter schwierigsten Bedingungen dabei, Leichenteile mit kleinen Fähnchen zu markieren. Sie werden dabei unterstützt von Gerichtsmedizinern. Die „Bergung der Opfer und deren Identifizierung hat neben der Suche nach dem zweiten Flugschreiber mit den registrierten Daten erste Priorität beim Einsatz“, sagte der aus Marseille angereiste Staatsanwalt Brice Robin.

Er warnte vor Ungeduld: Die Bergung der Opfer werde mehrere Tage und die Bemühungen zur Identifizierung würden womöglich mehrere Wochen dauern. Zu diesem Zweck wurden bei Familienangehörigen der verunglückten Passagiere und Besatzungsmitgliedern DNA-Proben entnommen.

Noch nicht alle Familien benachrichtigt

Nach französischen Angaben konnten erst 127 betroffene Familien benachrichtigt werden. Nach Angaben von Germawings stand zunächst wegen möglicher Doppelbürgerschaften die Nationalität von mehreren Passagieren nicht eindeutig fest. In der Maschine sollen sich auch je zwei US-amerikanische, australische, iranische, venezolanische, argentinische Staatsangehörige sowie je ein Passagier aus Kolumbien, Japan, Dänemark, Belgien, Israel und den Niederlanden befunden haben. Die Zahl der getöteten Deutschen wird nun mit 72 angegeben.

Am Mittwoch trafen in der Nähe des Crashs die ersten Angehörigen ein. Sie können in dieser Bergregion mit einer großen Solidarität der Bevölkerung rechnen. Viele Einwohner der umliegenden Dörfer haben spontan erklärt, sie würden die Familien der Opfer bei sich beherbergen. Für diese Angehörigen, die aus Deutschland und Spanien eintrafen, war in La Seyne-les-Alpes eine Trauerkapelle eingerichtet worden, wo sich am Nachmittag auch Angela Merkel und Mariano Rajoy, begleitet von Staatspräsident François Hollande, zu einer schlichten Gedenkzeremonie mit einer Schweigeminute trafen. Zuvor konnten sie sich bei einem Rundflug ein Bild von der Katastrophe und dem Großaufgebot bei der Bergungsoperation machen.

Die Flugkatastrophe hat Europa über Frankreich, Spanien und Deutschland hinaus in Trauer vereint.

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3 Kommentare

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  • „Es ist ein wenig so, als wenn niemand im Cockpit gewesen wäre“, meinte der Luftfahrtspezialist Bernard Chabert?

    Schade, dass sich Herr Chabert nicht dazu geäußert hat, welche Möglichkeiten den Piloten bleiben, wenn ihre Maschine im Sinkflug in die Alpen gesteuert wird.

     

    8 Minuten sind sicherlich sehr schnell vorbei, wenn man mehrere Szenarium durchgehen muss, um den Sinkflug zu stoppen. Nur auf die Bremse treten wird wohl nicht möglich gewesen sein. Die Piloten haben auch sicher gewußt, dass sie von den Fluglotzen keine Hilfe in der Situation erwarten können.

     

    Berichte zur A320 von Air Asia sind dazu auch interessant:

    www.aerotelegraph.com/flug-qz8501-air-asia-pilot-war-nicht-im-sitz-co

    mputer-probleme

     

    Um 06:14 Uhr: Der Flugkapitän ist nicht im Sitz. Gemäß den

    Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg ist er offenbar

    aufgestanden, weil es Warnungen vor einer Fehlfunktion der

    Flugunterstützungscomputer (englischer Fachbegriff: Flight

    Augmentation Computer) gab. Zuerst versuchten die beiden diese

    Probleme noch nach üblichen Methoden - mit einem Restart – in den

    Griff zu kriegen. Doch das klappte nicht. Und so machte sich der

    Kapitän auf, die Sicherung der beiden Flugunterstützungscomputer zu unterbrechen. Er wollte damit wohl den Computer ganz ausschalten und ihn danach neu starten. Gemäß Experten sollte man das aber nie tun,

    weil im A320 viele Systeme direkt zusammenhängen. Eine Unterbrechung der Stromzufuhr sei deshalb gefährlich.

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Autopilot? Der Bordcomputer wollte sich wohl nicht mehr abschalten lassen. Einen ähnlichen Fall gab es vor einiger Zeit in Südamerika, wo eine Großraummaschine gegen einen Berg prallte. Die Technik wird in Wahrheit nicht besser, sondern immer unbeherrschbarer.

    • @774 (Profil gelöscht):

      Alles nur Spekulation, genauso wie die wohl wahrscheinlichere These vom Druckabfall, sodass die Piloten zwar noch einen Sinkflug einleiten konnten, danach aber bewusstlos waren, weswegen die Maschine auf ihrem einprogrammierten Kurs in die Berge flog.

       

      Aber wie gesagt, alles Spekulationen. Was wirklich passiert ist, werden wir wohl erst in Wochen oder Monaten erfahren, wenn die Flugdatenschreiber ausgewertet und die Trümmer analysiert wurden.