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Ursachen der WaldbrändeIm Feuerdreieck

In der Saison 2025 haben die Brände in Europa mehr als 1,4 Millionen Hektar Wald vernichtet. Eine Analyse in Zahlen.

Feuerwehr versucht Brand bei Tancoso in Portugal zu bekämpfen Foto: Pedro Nunes/reuters

Wenn es Herbst wird, geht die Waldbrandsaison in Europa zu Ende. Das ist eine der wenigen Konstanten, die in Bezug auf Brände in Zeiten der Erderhitzung weiterhin zu gelten scheinen – auch wenn aktuell vereinzelte Feuer in Spanien und anderen Ländern auch an dieser Gewissheit rütteln. Die große Verwüstung durch zunehmende Waldbrände ist für dieses Jahr schon angerichtet. Deswegen lohnt sich jetzt ein Blick auf die Daten, die das Ausmaß der Feuersaison in diesem Jahr zeigen.

Mehr als 1,4 Millionen Hektar Waldfläche sind 2024 bisher in Europa abgebrannt. So zeigen es Satellitendaten des European Forest Fire Information Systems (Effis). Das ist, als wäre der Schwarzwald 140-mal komplett abgebrannt. Mehr als ein Zehntel der gesamten deutschen Waldfläche fasst die Zerstörung. So viel war es noch nie in einem Jahr. Das hat auch massive Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß der europäischen Länder.

Einen Beitrag zu dieser, im schlechtesten Sinne, rekordträchtigen Waldbrandsaison hat auch Deutschland geleistet. Auch wenn das Ausmaß der Brände hierzulande im europäischen Vergleich nur eine relativ geringe Fläche betrifft, ist seit dem Start der Aufzeichnung 2008 bis Ende September noch nie so viel Wald verbrannt wie 2025. Mehr als 14.000 Hektar Fläche wurden seit Anfang des Jahres in Deutschland vernichtet, immerhin fast anderthalbmal die Fläche der Nordseeinsel Sylt. Der mit Abstand größte Waldbrand 2025 in Deutschland war in der Gohrischheide im sächsischen Landkreis Meißen. Mehr als 2.060 Hektar verbrannten dort.

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Besonders viel Futter für Waldbrände

Brände sind für Tiere und Pflanzen eine große Gefahr und bedrohen auch Menschen in immer größerem Maß. Im Juli näherte sich ein Waldbrand der südfranzösischen Stadt Marseille bis zum Stadtrand, mehr als 70 Häuser wurden durch das Feuer beschädigt. 2025 erreichten die Brände in Europa neue Gebiete und hatten dort besonders viel Futter.

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Das zeigt besonders der Blick auf die iberische Halbinsel. Denn der Nordwesten Spaniens und der angrenzende Norden Portugals ist vegetationsreich und gehört für dortige Verhältnisse eigentlich zu den feuchteren Gegenden der Länder. In den vergangenen Jahren blieb er dadurch von größeren Waldbränden verschont, andere Regionen Spaniens und Portugals waren viel stärker betroffen. Doch der Klimawandel schafft neue Realitäten. Ein Blick auf die Daten zeigt, dass gerade diese Landesteile von Spanien und Portugal in dieser Waldbrandsaison besonders stark von Bränden betroffen waren.

„Für einen Waldbrand braucht es drei Zutaten, das sogenannte Feuerdreieck“, sagt Christopher Reyer, der am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Wälder forscht. Das Feuerdreieck, wie Forscher wie Reyer es nennen, besteht aus heißem, trockenem Wetter, aus Vegetation als Futter für das Feuer und einem Entzünder. „In Europa kommt es im Verhältnis viel seltener als in Kanada oder Sibirien zu einem Feuer, das durch Blitze entzündet wird. Der Auslöser ist hier fast immer mutwillige Brandstiftung oder einfach Unachtsamkeit.“

Wissenschaftler Reyer betont, dass vor allem Brände in vegetationsreichen Gebieten wie dem Nordwesten Spaniens dazu führen, dass große Mengen CO2 ausgestoßen werden. Der Grund: Die Pflanzen, die eigentlich Kohlendioxid speichern, verbrennen und setzen die gespeichterten Treibhausgase frei.

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Rekord an CO2-Emissionen in 2025

Die Daten des Global Wildfire Information System (GWIS) zeigen, dass in Spanien noch nie so hohe CO2-Emissionen durch Waldbrände freigesetzt wurden wie 2025. Verantwortlich dafür sind vor allem die massiven Waldbrände Anfang August. Bis zum 5. August lagen die CO2-Emissionen durch Waldbrände in Spanien noch deutlich unter dem langjährigen Mittel, dann nehmen sie innerhalb kürzester Zeit stark zu und steigen bis Ende August auf knapp 18 Millionen Tonnen. Das ist mehr als Slowenien als ganzes Land 2023 ausgestoßen hat.

Für die kommenden Jahre ist zu befürchten, dass das Ausmaß der Waldbrände nur noch weiter zunehmen wird. „Die Waldfläche in Europa, die noch verbrennen kann, ist noch viel größer. Das kann leider noch eine Weile so weitergehen“, sagt der Waldforscher Reyer. Als zen­tralen Grund sieht der Wissenschaftler dafür den Klimawandel.

Durch steigende Temperaturen könne die Luft mehr Wasser speichern, die Vegetation trocknet aus und ist leichter entzündlich als früher. Menschen haben, betont Reyer, im Feuerdreieck kurzfristig vor allem einen Einfluss auf die Entzündung von Wäldern. Ein großes Problem ist allerdings, dass die „Feuertage“, wie Reyer sie nennt, also Tage mit hohem Waldbrandrisiko, durch den Klimawandel in der Zahl zunehmen. So steigt auch das Risiko von Unachtsamkeiten – und das Ausmaß der Schäden, die mutwillige Brandstiftung nach sich ziehen.

Wenig Hoffnung auf Besserung macht auch eine Untersuchung von World Weather Attribution. Die Organisation untersucht bei Extremwetterereignissen wie den Bränden in Spanien, welchen Einfluss der Klimawandel auf deren Auftreten und Intensität hat. In einer aktuellen Untersuchung zu den Feuern in Spanien und Portugal in diesem Jahr kommen sie zu dem Ergebnis, dass Feuer mit diesem Ausmaß beim aktuellen Stand der Erderhitzung etwa alle 15 Jahre auftreten werden. Das Risiko für Brände hat durch die menschengemachte Erwärmung seit der vorindustriellen Zeit um den Faktor 40 zugenommen. Außerdem verschlimmert sich die Intensität der Feuer um 30 Prozent.

Viele Brände auf ehemaligen Truppenübungsplätzen

Christopher Reyer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung fordert in Anbetracht dieser Aussichten ein Umdenken und langfristige Investitionen in neue Maßnahmen. In Deutschland ereigneten sich die Brände zum Beispiel vor allem auf ehemaligen Truppenübungsplätzen. Ein Grund für die Häufung von Bränden auf aktiven oder ehemaligen Militärgeländen ist, dass dort meist kein aktives Forstmanagement betrieben wird und mehr dünnes Totholz im Wald bleibt, was leichter entzündlich ist.

Die Bekämpfung von Bränden ist durch die Munitionsbelastung des Bodens besonders schwer. Die Feuerwehr kann die Bereiche nur bedingt auf dem Boden betreten, auch Hubschrauber dürfen oft nicht aus der Luft löschen. Eine Maßnahme zur Anpassung muss, fordert Reyer, daher darin bestehen, dass man spezielle Fahrzeuge für diese Gebiete anschafft, die trotz der Explosionsgefahr dort operieren können. „Man braucht dann spezielle Räumpanzer beziehungsweise gepanzerte Löschfahrzeuge, um in den Gebieten arbeiten zu können, ohne das Leben von Feuerwehrmännern und -frauen zu gefährden.“

In besonders betroffenen Gebieten, etwa innerhalb Spaniens, müsse sogar darüber nachgedacht werden, in bestimmten Gegenden nicht mehr neu zu bauen. „Gerade im besonders betroffenen Mittelmeerraum wissen die Menschen viel besser als wir in Deutschland, dass bestimmte Brände nicht verhindert werden können.“ Ähnlich wie das bereits in küstennahen Gebieten mit hohem Hochwasserrisiko passiert, müsse man in bestimmten Waldbrandgebieten kritisch prüfen, ob dort Häuser gebaut werden können oder ob das Risiko von Brandschäden zu hoch ist. „So ein Umdenken gibt es bisher noch nicht großflächig“, sagt Christopher Reyer. Aber die Realität von Jahren wie 2025 könnte es nötig machen.

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