Urlaub in Coronazeiten: Tourismusbranche droht Debakel

Die EU-Tourismusbranche muss mit 400 Milliarden Euro Verlust rechnen. Kommissionschefin von der Leyen sucht nach „intelligenten Lösungen“.

Touristen am Steinstrand

Zugegeben, nicht Capri. Touristen am Steinstrand, in Rijeka, Kroatien Foto: Eibner Europa/imago

BRÜSSEL taz | Nach der Zwangspause in der Industrie droht der EU nun auch noch ein Debakel in der Tourismusbranche. Wegen der Coronakrise könnte der Umsatz in diesem Jahr um bis zu 70 Prozent einbrechen, sagte EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton in Brüssel. Nach ersten Schätzungen könnten der europäischen Reisebranche zwischen 275 und 400 Milliarden Euro verloren gehen, so der Franzose.

Vor allem die besonders von der Coronakrise getroffenen Länder Italien, Spanien und Frankreich rechnen mit massiven Einbrüchen. Dort ist bisher nicht einmal ein Ende der Ausgangssperren absehbar. Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer. So bereiten sich Griechenland, Portugal, Kroatien und Österreich trotz aller Probleme mit Covid-19 auf die Urlaubssaison vor.

Doch noch gelten fast überall Reisewarnungen, Grenzkontrollen und andere Einschränkungen etwa an den Häfen und Flughäfen. Die Reisefreiheit ist im gesamten Schengen-Raum eingeschränkt oder aufgehoben. Über eine mögliche Lockerung müssten sich zunächst die Außenminister einigen, hieß es am Montag am Rande einer Videokonferenz der EU-Tourismusminister.

Ihre Hoffnung ruht vor allem auf bilateralen oder regionalen Absprachen. So brachte die österreichische Tourismusministerin Elisabeth Köstinger eine mögliche Vereinbarung mit Berlin ins Gespräch. „Wenn Länder auf einem sehr guten und positiven Weg sind, wie beispielsweise Deutschland, dann gibt es durchaus auch die Möglichkeit, dass man sich bilateral einigt.“

Ursula von der Leyen, EU

„Urlaub vielleicht ein bisschen anders, mit mehr Abstand“

Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg stellte am Montag jedoch klar, dass sein Land keine Alleingänge plane. Er schwenkte damit auf die Linie seines deutschen Amtskollegen Heiko Maas ein, der vor einem „europäischen Wettlauf“ gewarnt hat. Das führe zu unvertretbaren Risiken, so Maas. Europa brauche gemeinsame Kriterien für einen Weg zurück zur Reisefreiheit – „so schnell wie möglich, aber so verantwortlich wie nötig“. Mit einem schnellen Ende der Reisewarnungen sei nicht zu rechnen. Die aktuelle deutsche Warnung gilt bis zum 3. Mai.

Der Deutsche Reiseverband (DRV) drängt unterdessen auf eine allmähliche Lockerung. Die Risikoabschätzung für die Reiseländer müsse wieder differenzierter werden, fordert DRV-Präsident Norbert Fiebig. Nach einer Öffnung bestimmter Regionen in Deutschland könnten schrittweise auch jene Länder in Europa freigegeben werden, welche die Coronapandemie gut gemeistert hätten.

Optimistisch gibt sich auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Wir werden intelligente Lösungen finden, um etwas Urlaub machen zu können“, erklärte die CDU-Politikerin. „Vielleicht ein bisschen anders, mit anderen Hygienemaßnahmen, etwas mehr Abstand.“ Die EU-Kommission will am Mittwoch erstmals über die Tourismusbranche und mögliche EU-Hilfen beraten.

Dabei dürfte es auch um die Frage gehen, ob bereits gebuchte Urlaubsreisen erstattet werden können. Berlin hat sich für eine Gutscheinlösung ausgesprochen. Brüssel hält jedoch dagegen und fordert eine Rückerstattung. Nach EU-Recht hätten Verbraucher die Wahl, ob sie einen Gutschein akzeptierten oder eine Erstattung bevorzugten, sagte der zuständige EU-Kommissar Didier Reynders.

Doch Brüssel könnte Berlin in der Frage genauso entgegenkommen wie am Montag bei der Rettung der angeschlagenen Fluggesellschaft Condor. Die Kommission hat einen Notkredit der Bundesregierung von 550 Millionen Euro an die Airline im Eilverfahren durchgewinkt. Dies sei eine angemessene Reaktion auf die Krise, hieß es in Brüssel.

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