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Urheberrechtsabkommen in PolenACTA ad acta?

Polens Netznutzer protestierten mit Angriffen auf Regierungs-Websites und schwarzen Seiten, hoffen aber aufs EU-Parlament. Es soll das Urheberrechtsabkommen kippen.

So sehen sie zwischenzeitlich aus, die Webseiten der polnischen Regierung. Bild: screenshot: tvn24.pl

WARSCHAU taz | Cyber-Kriege kannte Polen bislang nicht. Doch seit Tagen bricht eine Regierungs-Website Poles nach der anderen unter Hacker-Angriffen zusammen. Der Grund: Polens Regierung will ACTA unterzeichnen, das internationale Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums im Internet.

Viele polnische Internet-Nutzer fürchten nicht nur, dass Acta ein Zensurgesetz nach sich ziehen werde, sondern auch, dass sie selbst – allein durch ihre Aktivität im Internet – einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt sein könnten. Denn die Kommunikation im Internet besteht im gegenseitigen Austausch von Texten, Filmen, Songs, Cartoons und Fotos.

Polnische Hacker-Organisationen wie "Anonymous" oder "Polish Underground" simulieren daher seit dem Wochenende den gleichzeitigen Zugriff zehntausender Nutzer auf die Websites der Regierung, des Parlaments, des Außenministers und des Präsidenten, hinterlassen auch schon mal ein witziges Filmchen, einen fettgedruckten Protest oder schlicht einen schwarzen Zensur-Balken. So wollen sie verhindern, dass Polens Regierung das Abkommen unterzeichnet.

"Wir lassen uns nicht erpressen", sagt Premier Donald Tusk von der liberalkonservativen Bürgerplattform. Das Abkommen werde wie geplant am Donnerstag in Tokio unterschrieben. Bogdan Zdrojewski, Polens Kulturminister, versicherte, dass Acta lediglich den Schutz des geistigen Eigentums in den wichtigsten Industriestaaten harmonisieren solle.

Neben dem Schutz des Urheberrechts betreffe es insbesondere Markenpiraterie, Arzneimittelfälschungen und Raubkopien von Filmen, Musik-CDs, und Computerprogrammen, die man demnächst international effektiver bekämpfen wolle.

Zu spät, sagt der Minister

"Alle europäischen Staaten haben unterschrieben. Es ist ein bisschen zu spät, nicht zu unterschreiben", sagte Michal Boni, der für Internetangelegenheiten zuständige Minister, in einem Radio-Interview.

Polen habe sich seit 2008 an den Beratungen über das Internetgesetz beteiligt und könne nun nicht einfach aussteigen. Da das Abkommen noch vom Parlament ratifiziert werden müsse, um es rechtsgültig werden zu lassen, würden die Konsultationen mit den Internet-Nutzern in den nächsten Monaten geführt.

Kritiker wenden ein, dass die Reihenfolge falsch sei und die Betroffenen zuerst gehört werden müssten, bevor ein internationaler Vertrag unterzeichnet werde, der ihre Rechte stark einschränke.

Tatsächlich ist seltsam, dass das Abkommen ab 2006 von den USA und Japan sowie ab 2008 auch von der EU und Staaten wie Kanada, der Schweiz, Südkorea, Singapur, Australien, Neuseeland, Mexiko und Marokko unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurden. Als Berater scheinen in erster Linie die entsprechenden Industrie-Lobbys fungiert zu haben.

Angst vor einer Internet-Polizei

Acht Staaten haben das Abkommen bereits unterzeichnet, am 16. Dezember 2011 auch der Europäische Rat – allerdings wiederum seltsamerweise – in einer nichtöffentlichen Sitzung des Agrar- und Fischereirates.

Das wenig transparente Verfahren weckt nun bei Internet-Nutzern in immer mehr Staaten den Verdacht, dass durch die Hintertür eines internationales Vertrages ein neues Strafrecht etabliert werden soll, das am Ende die Meinungsfreiheit massiv einschränken werde. Eine eigene Internet-Polizei werde womöglich soziale Netzwerke wie Facebook überwachen und dann nicht mehr erlaubte Verlinkungen von Filmen, Fotos oder Songs zur Anzeige bringen. Es drohe die Kriminalisierung weiter Bereiche des Internets.

Die Stiftung Panoptykon, die sich unter anderem für besseren Datenschutz einsetzt, hofft auf Straßburg. "Wenn das Europäische Parlament in Straßburg dem Abkommen nicht zustimmt, kippt der ganze Vertrag", ist die Panoptykon-Vorsitzende Katarzyna Szymielewicz überzeugt. "Das wäre die Rettung."

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9 Kommentare

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  • B
    Beifang

    Keine Gnade. Bei der Sache geht es nicht um Musik und Filme, sondern auch um Lizenzen für Sturmgewehre und Medikamente.

    Laut eigenen Angaben hatte 2010 die deutsche Spiele-, Musik- und Filmindustrie ZUSAMMEN gerade mal 5 Mrd Euro Umsatz, das entspricht etwa den Kölner Stadtwerken. Das Häppchen "Zensur von Filmchen" ist allenfalls Beifang - hier geht es garantiert um MEHR als Rechteverwertung. Wer jetzt um seine raubgeklonten Musikordner bangt hat nicht mal den Tellerrand erreicht. Allein der Gang zur Apotheke kostet mit 25 Mrd Euro glatt 5x mehr als der Gesamtumsatz der Contentindustrie. Wieviel Lizenzgebühren wir für unsere "Sicherheit" bezahlen mag sich jeder selbst ausrechnen ...

  • L
    leser

    euch interessiert es nicht besonders, wenn man euch auf einen fehler hinweist, oder?

     

    nochmal: die bildunterschrift ist falsch, sie sollte geändert werden.

     

    die bildunterschrift lautet: "So sehen sie zwischenzeitlich aus, die Webseiten der polnischen Regierung", während der snapshot das bild eines "blackouts" ist, also der snapshot einer der seiten, die sich am blackout beteiligt haben. hierbei schwärzen die am protest beteiligten seiten ihre seiten s.e.l.b.s.t, wie kürzlich beim protest gegen SOPA gesehen (und wie auch von euch damals berichtet).

     

    attacken gegen regierungswebseiten gab es auch (seit dem 22.), erfolgreich, die seiten sahen dann aber anders aus.

     

    wenn ihr snapshots von "tango down" einer regierungswebseite haben wollt, hier sind zum beispiel welche:

    http://www.demotix.com/news/1013412/polish-government-websites-hacked-protest-over-acta-law

     

    manchmal gelang es einigen anonymous-leuten, eine seite nicht nur nicht abrufbar zu machen, sondern eine nachricht zu hinterlassen, den snapshot einer solchen nachricht findet ihr hier:

    http://wiadomosci.wp.pl/title,Hakerzy-zostawili-wiadomosc-dla-Donalda-Tuska-na-stronie-jego-corki,wid,14188490,wiadomosc.html

  • TG
    total geheim

    Laut BBC haben erst folgende Länder unterschrieben:US, Australia, Canada, Japan, Morocco, New Zealand, Singapore und South Korea.

     

    Folglich wären die ersten Europäer die den Dreck unterzeichnen!

  • K
    klaus

    Die Tatsache ist nicht zu sagen. Es ist die Zensur im Internet. Verschiedene Länder in unterschiedlichem Maße behindern den Kontakt zwischen der Gesellschaft.

    Videos auf youtube beginnen, blockiert werden, die Materialien aus dem Ausland - sind unzugänglich für Ausländer.

    Streiks in Polen dauerte eine Woche, im Internet versammelten sich mehr als 0,5 Millionen in drei Tagen. Es gab Gutachten, die eindeutig sagt - das schädlich ist.

    Sind die Politiker wissen, was zu unterschreiben? Diese Einschränkung der Bürgerrechte Versklavung ..

  • S
    Sepe

    "Tatsächlich ist seltsam, dass das Abkommen ab 2006 von den USA und Japan sowie ab 2008 auch von der EU und Staaten wie Kanada, der Schweiz, Südkorea, Singapur, Australien, Neuseeland, Mexiko und Marokko unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurden."

     

    Der Satz macht keine Sinn. Es sei denn, dass nach dem "dass" "die Verhandlungen für" eingefügt wird. Oder die letzten beiden Worte des Satz in "eingeführt wurde" geändert werden.

  • L
    Leviathan

    War's der Europäische Rat oder der Rat der Europäischen Union? Ich tippe auf letzteres.

  • A
    agtrier

    "Alle europäischen Staaten haben unterschrieben" - komisch, nach meinen Informationen ist Polen das erste Land, das unterschreiben will. Entweder alle anderen erzählen Unsinn, oder da lügt einer...

     

    Übrigens: sobald Polen unterschrieben hat, ist es an den Vertrag gebunden. Auch wenn das Europaparlament sich dagegen ausspricht. Vielleicht hat es die Regierung dort deshalb so eilig..?

     

    ag.

  • 2
    22. (anonymous-attacken)

    ...sry korrektur datums im kommentar vorhin, die gingen schon am 22.1. (nicht 23.) los, die "tango down"-meldungen zu regierungsseiten. sonntag.

  • FB
    falsche bildunterschrift

    also hier ist bei der bildunterschrift was durcheinandergekommen.

     

    es gab einerseits angriffe von anonymous gegen webseiten der "polnischen regierung" (eure bildunterschrift) - die sagen dann aber anders aus :) - und dann gab es v.a. gestern viele seiten, die dem "blackout" gefolgt sind (eurer screenshot): hier also eine eigene beteiligung am protest gegen ACTA, nicht aufgrund eines angriffs.

     

    den screenshot hat die bildredaktion offenbar von dieser seite:

    http://www.tvn24.pl/12690,1732375,0,1,polski-internet-szykuje-sie-na-dobrowolny-blackout,wiadomosc.html

     

    wer sich über den verlauf nachinformieren will, findet hier eine auswahl von medienbeiträgen zum 23-25.1. über den protest gegen ACTA in Polen:

    http://wikinews030.wordpress.com/stop-sopa/ (man muss auf der seite runterscrollen, die artikel- und beiträgeliste ist weiter unten)