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Unwort des Jahres gewählt"Döner-Morde" geht gar nicht

Das Unwort des Jahres steht fest: "Döner-Morde". Mit dem Begriff werde eine Mordserie verharmlost und stereotyp etikettiert, entschied die Jury.

In den Medien popularisiert: das Unwort des Jahres. Bild: dapd

DARMSTADT dpa | Zum "Unwort des Jahres 2011" ist der Begriff "Döner-Morde" gewählt worden. "Damit wurden von Polizei und Medien die von einer neonazistischen Terrorgruppe verübten Morde an zehn Menschen bezeichnet", sagte die Sprecherin der "Unwort"-Jury, Sprachwissenschaftlerin Nina Janich, am Dienstag in Darmstadt. Das Schlagwort verharmlose, sei eine sachlich unangemessene, folkloristisch-stereotype Etikettierung.

"Döner-Morde" waren 269 Mal eingereicht worden, der Begriff lag an der Spitze. Damit waren im Kern Morde an acht türkischstämmigen und einem griechischen Kleinunternehmer bezeichnet worden. Janich zählte auch den Mord an einer Polizistin mit.

Zum "Unwort des Jahres 2010" war "alternativlos" gewählt worden. Neben der unabhängigen, sprachkritischen Jury wählt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS/Wiesbaden) das "Wort des Jahres". 2011 ist es der Modebegriff "Stresstest".

Die "Unwort"-Jury kritisiert in diesem Jahr außerdem die Formulierung "Gutmensch". Mit dem Ausdruck werde besonders im Internet das ethische Ideal des "guten Menschen" in hämischer Weise aufgegriffen. Kritisiert wurde auch der Begriff "marktkonforme Demokratie", den Bundeskanzlerin Angela Merkel benutzt habe. Es handele sich um eine "höchst unzulässige Relativierung".

Die "Unwort"-Jury besteht aus sechs Mitgliedern: Vier Sprachwissenschaftler, ein Journalist sowie ein jährlich wechselndes Mitglied aus dem öffentlichen Kultur- und Medienbetrieb.

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8 Kommentare

 / 
  • DB
    Dieter, Basel

    Klar muss man die total kranke Wortschöpfung "Dönermord" bashen, so oft es geht. Es sind halt Kreationen von Blödzeitungs-Journis für Dummleser. In die gleiche Kategorie gehört "Benzinwut" (ebenfalls Blöd-Zeitung), was uns NICHT sagen will: wütendes Benzin, Wut auf das Benzin o.ä. Die absolut dümmste Wortschöpfung kommt übrigens von uns Schweizern und dem hauseigenen Dummblatt "Blick". Es war die Rede von einem "Busenmörder": Ein Mann, der eine alte Dame erstochen hatte. Peinlicher gehts nicht mehr.

  • M
    mambo

    @carsten. Welchen clown hast du den gefrühstückt? Kindischer gehts nimmer.

  • A
    anke

    Vier Sprachwissenschaftler, ein Journalist sowie ein jährlich wechselndes Mitglied aus dem öffentlichen Kultur- und Medienbetrieb haben also fast 5 Jahre, einen mittleren Skandal und diverse Presseberichte benötigt um zu erkennen, dass "Dönermorde" ein "Unwort" ist. Und ohne die Explosion von Zwickau, muss ich annehmen, wäre ihnen noch heute nicht klar, dass der Begriff "sachlich unangemessen" und "folkloristisch-stereotyp" ist. Aber immerhin: Man ist mal wieder auf der Höhe der Zeit. Großartige Leistung, das!

     

    Oma wusste schon vor Jahrzehnten von ihren Ahnen: Wenn das Kind im Brunnen liegt, kommt ganz gewiss ein sehr verantwortungsvoller Mensch und decken ihn zu. Ich erwarte nun, dass die Bild sich umgehend ein neues Schlag-Wort ausdenkt muss für ihr schein-soziales Schmarotzer-Bashing. Das alte, nicht wahr, ist ja abgestempelt. Ob sie ins Schwitzen kommen werden deswegen?

  • N
    Nassauer

    "Unwort" selbst ist doch schon der Gipfel der Blödheit. Und die dauerempörten Altlinken, die es jedes Jahr aussuchen (oder manchmal auch ausdenken) erst recht!

  • C
    Carsten

    Ihr könnt mich! Dönermorde! Dönermorde! Dönermorde!

    Mein Unwort des Jahres ist "folkloristisch-stereotype Etikettierung".

  • Z
    Zoe

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    Die Bezeichnung "Dönermorde" ist nicht stereotyp-folkloristisch, sondern absolut diskriminierend. Man stelle sich eine ähnliche Mordserie an Deutschen in der Türkei vor und dazu dann die Headlines "Kartoffelmorde" oder "Sauerkrautmorde".

  • D
    Dr.Gonzo

    Vor der Entdeckung der NSU, wird rückblickend die Ignoranz gegenüber der bloßen Möglichkeit rassistischer Morde deutlich!: Fremdenfeindlichkeit oder Naziterror wurden trotz ausschweifender behördlicher und medialer Spekulationen nie als Motiv in Betracht gezogen.

    Stattdessen wurde in der BRD routinierter (Alltags-)Rassismus betrieben: mit stereotypischer Klassifikation ("Dönermorde") wurde pietätlos und in rassistischer Manier mit einer "SoKo Bosporus" nach einer "düstere(n) Parallelwelt" im "kriminellen Mileu" der MigrantInnen gesucht. (Spiegel)

    Der Terror militanter Nazis ist in der BRD keine neue Entwicklung und wird bleiben, auch und/oder gerade weil die staatliche Aufklärung lückenhaft sein wird. Es ist also zu befürchen, dass die Verstrickungen der VS-Behörden in die NSU-Aktivitäten nie aufgeklärt werden. Sehr bald schon wird das Thema "Terror des NSU“ unter den Teppich gekehrt und kaum mehr eine Meldung in den bürgerlichen Medien wert sein.

    Die Wahl des Begriffs "Dönermord" als Unwort des Jahres, ist daher in diesem Kontext zu sehen und unbedingt zu begrüßen!

  • D
    Dr.Gonzo

    Vor der Entdeckung der NSU, wird rückblickend die Ignoranz gegenüber der bloßen Möglichkeit rassistischer Morde deutlich!: Fremdenfeindlichkeit oder Naziterror wurden trotz ausschweifender behördlicher und medialer Spekulationen nie als Motiv in Betracht gezogen.

    Stattdessen wurde in der BRD routinierter (Alltags-)Rassismus betrieben: mit stereotypischer Klassifikation ("Dönermorde") wurde pietätlos und in rassistischer Manier mit einer "SoKo Bosporus" nach einer "düstere(n) Parallelwelt" im "kriminellen Mileu" der MigrantInnen gesucht. (Spiegel)

    Der Terror militanter Nazis ist in der BRD keine neue Entwicklung und wird bleiben, auch und/oder gerade weil die staatliche Aufklärung lückenhaft sein wird. Es ist also zu befürchen, dass die Verstrickungen der VS-Behörden in die NSU-Aktivitäten nie aufgeklärt werden. Sehr bald schon wird das Thema "Terror des NSU“ unter den Teppich gekehrt und kaum mehr eine Meldung in den bürgerlichen Medien wert sein.

    Die Wahl des Begriffs "Dönermord" als Unwort des Jahres, ist daher in diesem Kontext zu sehen und unbedingt zu begrüßen!