Unvollkommene Stadtentwicklung: Die Mietpreisbremse quietscht
Seit knapp einem Jahr gilt in Hamburg die Mietpreisbremse. Laut einer neuen Untersuchung sind die Mieten trotzdem kräftig gestiegen
Die Mietpreisbremse scheint in Hamburg nicht zu greifen. Das legt der Blick auf eine Studie des Gymnasiums Ohmoor zum Wohnungsmarkt 2016 nahe. Demnach muss, wer eine Wohnung neu mieten möchte, im Durchschnitt 5,6 Prozent mehr bezahlen als noch vor einem Jahr. Die Inflationsrate lag im April bei minus 0,1 Prozent.
Seit 1986 werten die Schüler des Wahlkurses Geografie die Immobilienangebote im Hamburger Abendblatt und Mietwohnungsbörsen im Internet aus. Der größte Teil der Daten stammt mittlerweile von dem Portal „Immonet“. In diesen Anzeigen wird für eine Wohnung durchschnittlich ein Mietpreis von 12,45 Euro gefordert. Die Durchschnittsmiete laut Mietenspiegel liegt bei 8,02 Euro. Der rot-grüne Senat versucht, der Wohnungsknappheit durch ein Bündnis mit der Wohnungswirtschaft zu begegnen, mit dem Ziel, künftig 10.000 statt bisher 6.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen.
Wie das Gymnasium mitteilte, verteuerten sich die Angebote im Umland mit 7,3 Prozent noch stärker als in der Stadt – allerdings auf einem weit niedrigeren Niveau. Auffällig ist, dass die Mieten in bisher günstigen Stadtteilen wie Bahrenfeld oder Harburg überdurchschnittlich anzogen. In manchen teuren Stadtteilen wie der Hafencity oder Blankene sanken oder stagnierten sie dagegen.
Aus Sicht des Mietervereins zu Hamburg zeigt die Auswertung, dass die Mietpreisbremse nicht so funktioniert, wie sie sollte. „Das Gesetz war gut gedacht, aber durch die Einwirkung der Wohnungswirtschaft ist daraus ein gerupftes Huhn geworden“, sagt dessen Vorsitzender Siegmund Chychla. Die Hauptursache dafür sei, dass sich Vermieter mit überhöhten Forderungen ungestraft über die Bremse hinwegsetzen könnten. Und wenn sich ein Mieter wehre, erhalte er das zu viel gezahlte Geld erst ab dem Zeitpunkt seines Widerspruchs zurück. Beides müsse sich ändern .
Die Mietpreisbremse kann für Gebiete mit einem angespannten Wohnungsmarkt verfügt werden.
Seit dem 1. Juli 2015 gilt sie flächendeckend für ganz Hamburg, für fünf Jahre. Der Wunsch der Immobilienwirtschaft, einzelne Stadtteile davon auszunehmen, ist vorerst vom Tisch.
Bei einer Neuvermietung darf die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen – es sei denn, die Wohnung wurde umfassend modernisiert oder war vorher schon teurer.
Eine Nachweispflicht für Letzteres gibt es bisher nicht.
Heinrich Stüven vom Grundeigentümerverband bewertet die Zahlen der Gymnasiasten als nicht repräsentativ. „Der größte Teil der Wohnungen geht unter der Hand weg“, sagt er. Außerdem würden über die Anzeigen nur Angebote erfasst. Zu welchen Preisen die Mietverträge abgeschlossen würden, stehe auf einem anderen Blatt. Repräsentativer sei da schon der Mietenspiegel, mit dem das Preisniveau offiziell ermittelt wird.
Demnach stiegen die Mieten im frei finanzierten Bestand von 2013 bis 2015 um 6,1 Prozent, wobei auch Neuvermietungen einflossen. Matthias Klupp vom Beratungsunternehmen Analyse & Konzepte gibt Stüven recht: Es würden bei Weitem nicht alle Wohnungen annonciert und „tendenziell die teuren“. Sein Institut stellte fest, dass die Mieten im vierten Quartal deutlich anstiegen. „Diese Entwicklung steht in einem Zusammenhang mit dem neuen Mietenspiegel“, der im November 2015 veröffentlicht wurde, stellt Analyse & Konzepte fest.
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