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■ Untersuchungskommission kritisiert Hamburger PolizeiEin Modell für die Republik

Ein zarter Klaps auf die Finger und die Aufforderung, es nicht wieder zu tun: Das war das Ergebnis, mit dem viele Beobachter des Untersuchungsausschusses zum Hamburger Polizeiskandal gerechnet hatten. Zu oft war in den Debatten von vereinzelten „schwarzen Schafen“ die Rede gewesen, zu viele Politiker waren um Entschuldigungen für die von Drogenmilieu und autonomer Szene „überforderten“ Polizisten bemüht.

Um so erstaunlicher, daß sich nun selbst die großen Parteien SPD und CDU dazu durchgerungen haben, die äußerst eigenständige Auslegung der Menschenrechte bei der Hamburger Polizei zur Kenntnis zu nehmen. Zwar wird auch in dem Abschlußbericht einmal mehr suggeriert, daß der arme, von bösen Ausländern eingekreiste und in zu engen Wachen eingepferchte Beamte zuweilen gar nicht anders kann als zuzuschlagen. Doch selbst die notorischen Schutzmänner der Polizei aus den Reihen der CDU glauben daran im Grunde nicht mehr – zu tief war der Blick in das unansehnliche Innenleben des Vollzugsapparates.

Natürlich sind viele Untersuchungsergebnisse nicht kritischer als die Polizei erlaubt und bestätigen kaum mehr als bereits gefällte Gerichtsurteile. Auffällig ist auch, daß die parlamentarischen Ermittler gerade dort besonders heftig zu rügen wagen, wo bereits die Verantwortlichen versetzt, Reformen eingeleitet und Einsatzzüge aufgelöst wurden. Verdienstvoll war das zweijährigen Tappen im Dunkeln der polizeilichen Unterwelt schon, weil der Hamburger Polizeiskandal nun nicht länger ein „sogenannter“ ist, sondern ein anerkanntes Faktum. Die Feststellung, daß nicht die gesamte Polizei rechtsradikal und rassistisch eingestellt ist, ändert daran nichts. Denn das hatte ohnehin niemand behauptet.

Erstmals wird die kuschelige Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft problematisiert. Erstmals auch werden aus dem kollektiven Mißbrauch staatlicher Gewalt Konsequenzen gezogen. Der jetzt vorgelegte 1.200 Seiten lange Bericht ist deshalb mehr als eine schöne Arbeitsgrundlage für Polizeiforscher. Die Kontrollkommission könnte, wenn sie sich in Hamburg bewährt, auch in anderen Bundesländern Nachahmer finden. Und dann müßten sich womöglich auch die Freunde und Helfer in Frankfurt, Hannover oder Berlin warm anziehen. Silke Mertins

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