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Unterm Strich

Während Gladbach Stinkefinger Effenberg eine Chance gibt und Werder Bremen in die Röhre gucken muß, hat sich der Luchterhand Verlag gegen seinen zu Kiepenheuer & Witsch entlaufenen Spieler Peter Härtling mit Verve durchgesetzt: „Mein Buch darf nicht erscheinen“, klagt der Autor in einer von K&W verbreiteten Erklärung, das Hamburger Gericht hat entschieden. Es verbietet ihm die Öffentlichkeit. „Einem Buch, in dem ich von einer Frau erzähle, Bozena, der der Staat das Leben vorschreibt. Seit vierzig Jahren veröffentliche ich. Seit mehr als zwanzig Jahren hatte ich mit dem Luchterhand Verlag zusammengearbeitet. Ich war sogar noch geblieben, als es dem Verlag schlecht ging. Kollegen wie Ernst Jandl und Gerhard Köpf hatten mich gebeten, auszuharren und mit meinem Schubert-Roman nicht zu einem anderen Verlag zu gehen. Die Treue wurde mir zur Falle. Erst boten meine Verlegerinnen mich und mein Werk auf dem Markt feil. Jetzt beansprucht mich der neue Verlagsherr – so als ginge es um ein paar Kisten Kaffee. Mit juristischen Finessen versucht er, meine Existenz zu ruinieren, mich zum Schweigen zu bringen und meine Phantasie zu lähmen. Ich lerne, wie schmerzlich die Spanne zwischen Recht und Gerechtigkeit sein kann. Aber ich weiß, die Bücher hören nicht auf zu reden. Und ,Bozena‘ wird an die Öffentlichkeit kommen, nicht bei Luchterhand, sondern bei Kiepenheuer & Witsch.“

Für eine Handvoll Kaffee mehr hat sich das Landgericht Hamburg aber nicht bereit erklärt, Härtling laufen zu lassen. Das bereits gedruckte Buch darf nicht ausgeliefert werden.

Das vor einer Woche abgesagte Woodstock-Konkurrenz-Festival Bethel 94 findet doch noch statt. Dies und nichts anderes teilte die Sprecherin von Richie Havens mit. Havens und andere Herrschaften, die damals dabei waren, werden am kommenden Wochenende in Bethel spielen. Es wird umsonst sein und draußen. Die Firma Shea Entertainment hatte zunächst, nachdem von 50.000 Karten nur 2.000 verkauft worden waren, ihre Unterstützung zurückgezogen. Sid Bernstein, der Hauptorganisator, wollte sich nicht genauer auslassen, wie er's nun anstellen und wo die vielen Hände Kaffee herkommen sollen, die nun der ganz freie Eintritt kostet. Jedenfalls liegt Bethel etwa 70 Kilometer von Woodstock entfernt.

Derweilen bleiben die Veranstalter von Woodstock auf ihren Karten sitzen: Die Konzertagentur Polygram Diversified Entertainment mußte den Vorverkauf um zehn Tage verlängern, um noch mehr von ihren 250.000 Tickets an den Fan zu bringen, die pro Stück 175 Dollar kosten. Damit auch ja genügend Frivol-Nostalgisches aufkommt, wird es neben Comics, Tätowierungen und Tätowierimitationen, Feuerzeugen, Lederjacken und so weiter auch Kondome geben. Was ist mit den Regenschirmen.

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