: Unterm Strich
Nach jahrelanger Recherche und Auswertung ungezählter Dokumente haben die Kunsthistoriker Konstantin Akinscha und Grigori Koslow aus Kiew und Moskau eindeutige Belege für die Planung eines sowjetischen „Beutekunst“-Museums gefunden. Das nie verwirklichte Museum, in dem Spitzenwerke der Weltkunst zur Schau gestellt werden sollten, war als riesiges „Denkmal für den russischen Waffenruhm“ gedacht. Vor dem Hintergrund dieses Planes wird auch klar, daß die „Beutekunst“ niemals lediglich nur willkürlich oder gar als „Rettung“, sondern sehr gezielt und geplant von den russichen „Trophäenkomissionen“ abtransportiert worden ist. Alle „mit politischer Rückendeckung“ getroffenen Planungen zu dem Museum, mit dem Moskau auch die Eremitage im rivalisierenden Leningrad habe überflügeln wollen, sind an Wjatscheslaw Molotow, den zweiten Mann nach Stalin, weitergereicht worden. Stalin selbst habe sich allerdings „nicht sonderlich“ für dieses Museum interessiert, fanden die beiden 34jährigen Kunsthistoriker heraus. Nach ihrer Darstellung wurden die Kunstschätze als „Äquivalent“ für die heute von Rußland mit 1,3 Billionen US-Dollar errechnete deutsche Kriegszerstörung an Kulturgütern in der UdSSR interpretiert. Aber nach dem Ende der Museums-Idee wanderten die wertvollen Trophäen in zahlreiche „Geheimdepots“ und wurden totgeschwiegen. Ihr Buch „Beutekunst. Auf Schatzsuche in russischen Geheimdepots“ soll im September im Deutschen Taschenbuch Verlag, München erscheinen.
Liv Ullmann arbeitet wieder mit ihrem Leib-und-Magen-Regisseur: Nächste Woche beginnt die Verfilmung eines neuen Drehbuches von Ingmar Bergman über dessen Eltern. Sie hält es für „das beste Drehbuch von Ingmar, das ich jemals gelesen habe“. Außerdem glaubt sie, wegen ihrer engen persönlichen Beziehung zu Bergman – die beiden haben eine Zeitlang zusammengelebt – der Filmarbeit „ganz spezielle Impulse“ geben zu können. Bergmann hatte bereits für „Die besten Absichten“ (1991) unter der Regie von Bille August und für den Film „Sonntagskinder“ (1992) seines Sohnes Daniel Bergman autobiographische Stoffe zu Drehbüchern verarbeitet. Mit dem neuen Filmvorhaben „Einzelgespräch“, dem heimliche Tagebücher der Mutter Anna über ihre Beziehung zu einem Liebha-
ber zugrunde liegen, will Bergman seine Familientrilogie abschließen. Der Film wird von mehreren nordeuropäischen Fernsehsendern finanziert, die ihn zu Weihnachten als Serie zeigen wollen. Bergman selbst hat seit „Fanny und Alexander“ (1982) nicht mehr gedreht und nur noch als Theaterregisseur gearbeitet.
Nach einem halben Jahr Pause meldet sich der traditionsreiche Leipziger Gustav Kiepenheuer Verlag mit personellen Veränderungen und einem Herbstprogramm zurück. Erst Ende letzten Jahres waren die Programmleiterin Birgit Peter und der Lektor Thorsten Ahrend von Reclam Leipzig zu Kiepenheuer gewechselt. Die kurze Zeit habe nicht gereicht, ein zufriedenstellendes Frühjahrsprogramm zu erarbeiten. Der Leipziger Kiepenheuer-Verlag, in den Wiedervereinigungswirren gleich zweimal privatisiert, gehört nun zur Aufbau-Verlagsgruppe Berlin. Vertrieb, Herstellung und Pressearbeit werden von Berlin aus organisiert, man habe aber eine Zusage des Inhabers Bernd F. Lunkewitz, in den nächsten drei Jahren das Programm in Ruhe aufbauen zu können.
Auch das Berliner Bild-Pendant BZ befindet sich im Stones-Taumel. In ihrer konzertvorbereitenden Serie titelten sie gestern: „Waldbühne kaputt. ,Fein, fein‘, sagte Mick Jagger.“ Jaggers klammheimliche Freude galt den Folgen des Bühnensturms beim Stones-Konzert am 17. September 1965. Das wird diesmal ganz anders. Diesmal spielen sie nämlich im Olympiastadion, und das ist schon kaputt. Und überhaupt: „30 Jahre nach dem Waldbühnen-Krawall“, stellte die BZ-Gesellschaftsreporterin (so nennt man das, glaube ich) fest, sind auch die Stones „ruhiger geworden – wichtiger als Sex und Drogen ist gutes Essen“. Beweis: Ron Wood („in schwarzen Jeans und weit offenem, hellblauem Hemd“) soll bei einem Berliner Japaner hintereinanderweg „Sushi, Tempura (fritiertes Gemüse), danach noch eine große Platte japanisches Barbecue (Muscheln, Filet und Huhn am Tisch gegrillt)“ genüßlich verspeist haben. Und seine Frau Jo, mit der er schon seit zehn Jahren verheiratet ist, verstieg sich zu dem Bekenntnis: „Als ich zum ersten Mal 1980 mit Ron in Berlin war, kaufte ich mir hier den schönsten Gürtel, den ich besitze!“ Wir können's kaum fassen, aber was wissen wir denn auch schon von Gürteln.
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