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Unterm Strich

Das chinesische Kulturministerium hat seine Teilnahme an den „Chinesischen Kulturwochen“ im Juni in München abgesagt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus diplomatischen Kreisen in Peking. Hintergrund für die Absage sind offenbar die in München geplanten parallelen Gesprächsreihen über Menschenrechte, an denen auch namhafte chinesische Dissidenten teilnehmen sollten.

Damit sind die Kulturwochen geplatzt. Nach Darstellung des Kulturministeriums können die chinesischen Künstler durch die Absage nicht mehr nach München reisen. „Die deutsche Seite hat die Vereinbarung für das Festival verletzt“, sagte Bai Yang, der Leiter der Westeuropaabteilung des Kulturministeriums, der dpa in Peking. In München sollten „antichinesische“ Seminare abgehalten werden, sagte er unter Hinweis auf die Gesprächsreihen über Menschenrechtsfragen. Nach langen Verhandlungen habe die deutsche Seite weiterhin an den Diskussionsreihen festhalten wollen. „Deswegen haben wir entschieden, nicht daran teilzunehmen“, sagte Bai Yang.

Das Kulturministerium war einer der Mitveranstalter des Festivals, das auf deutscher Seite von der Agentur Hahn, dem Beck-Forum und dem Goethe- Institut vorbereitet worden ist.

In der Absage wurden wieder namentlich drei Dissidenten genannt, die zu den begleitenden Gesprächsreihen eingeladen worden waren und an denen sich Peking am meisten gestoßen hatte. Es sind der Arbeiteraktivist Han Dongfang, der Menschenrechtskämpfer Harry Wu und Wei Shanshan, die Schwester des inhaftierten chinesischen Dissidenten Wei Jingsheng, genannt. Das Festival sollte vom 10. bis zum 28. Juni stattfinden. 180 Künstler wollten einen Überblick über Entwicklungen in den Bereichen Theater, Musik, Film, Tanz, Literatur und bildende Künste des modernen Chinas geben.

Die Absage der geplanten „Chinesischen Kulturwochen“ in München durch Peking wird vor allem die Künstler aus der Volksrepublik treffen, die sich bereits auf ihren Deutschlandbesuch vorbereitet hatten. „Sie sind die Hauptleidtragenden dieser Entwicklung“, sagte der im Dezember aus China ausgewiesene Journalist Henrik Bork am Freitag der dpa. Bork, der auch an der Veranstaltung mit chinesischen Regimekritikern hatte teilnehmen sollen, wandte sich gegen die Haltung der chinesischen Regierung. „Wenn die chinesische Regierung einen kulturellen Austausch will, dann kann dies nicht nur nach ihren Spielregeln erfolgen. Kein China-Festival ist immer noch besser, als die chinesische Regierung alles mitbestimmen zu lassen.“ Es dürfe der chinesischen Regierung nicht erlaubt werden, Zensur auf deutschem Boden durchzusetzen. Schon recht, aber wo werden jetzt die Dissidenten zu Wort kommen? Wieder nur in Zeitschriften von Menschenrechtsorganisationen?

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