: Unterm Strich
brenner Vereinigung mit dem West-PEN – ja oder nein? Jetzt steht die Jahresversammlung, die gestern begann, unter dem Motto „Dichters Ort“ und zielt auf die Verantwortung des Schriftstellers und der Literatur in dieser unserer Zeit. Viel Vergnügen!
Wir bleiben bei der Sprachpflege. Der „Schatz an aussagekräftigen Zitaten“, meldet's aus dem Ticker, sei ins Wanken geraten, und zwar durch „Abwandlungen und Sprüche, die Althergebrachtes auf den Kopf stellen, überzeichnen und ad absurdum führen“. So steht es geschrieben im Lebenswerk des Germanisten Wolfgang Mieder von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GFdS), der mit 2.000 Belegen für 172 Zitate „dem Leser vor Augen führt, wie Schriftsteller, Journalisten oder unbekannte Sprücheklopfer und Graffiti-Sprüher Zitatgut abwandeln“ und, so der Autor, dabei „manchem ehemals geflügelten Wort die Flügel gestutzt“ werden. Hauptopfer dieser Handlungen seien immer noch Goethe und Schiller. Aus „Edel sei der Mensch, hilfreich und gut“, wird – jetzt kommt's – „Edel ist die Gilette, hilfreich und sanft“ oder auch „Edel sei der Mensch, milchreich die Kuh“!! Auch sehr intensiv hat Mieder sich mit der Bibel und ihren Umdichtern auseinandergesetzt: „Der Greis ist willig, aber das Fleisch ist schwach“, „Der Geist ist willig, das Fleisch will auch“, „Der Preis ist billig ...“ – aufhören!! Wer kennt noch den: Mach doch keinen Heckmeck, sonst schleck ich dich vom Fleck weg?
Die in Jerusalem heftig umstrittene Wanderausstellung des israelischen Künstlers Ram Katzir „Your Colouring Book“ (siehe auch „Unterm Strich“ von gestern) soll Ende Juni dieses Jahres auch in Berlin gezeigt werden. Jeder Besucher der zur Zeit im Jerusalemer Israel-Museum gezeigten Schau erhält zum selber Ausmalen ein Buch mit 13 Zeichnungen, die auf Umrissen in der Nazi-Zeit aufgenommener Fotos beruhen. Am Ende des Buches werden die tatsächlichen Fotos gezeigt, unter anderem Hitler, der einen Hirsch füttert, Goebbels mit seiner Familie und Nazis, die gefangene Juden quälen.
Der Vorstand der Wiener Philharmoniker hat, nachdem er sich tagelang bedeckt gehalten hatte, jetzt offiziell erklärt, künftig auch Frauen in das Orchester aufzunehmen. Anders als in Berlin, wo man schon in der Ära Karajan dem reinen Männerverein ein Endebereitet hatte, schien bei den 150 Jahre alten Philharmonikern von Wien noch bis vor kurzem alles beim alten zu bleiben. „Tatsächlich kommt zu dem Selbstbewußtsein, das jedem neu in die Wiener Philharmoniker eingetretenen Mitglied zum Einstand geschenkt wird, eine esunde Dosis unverhohlenen Chauvinismus“, hatte der Wiener Kurier unlängst geschrieben. Gut 60 Prozent der Studenten an den Wiener Hochschulen sind inzwischen Frauen. Schon deshalb konnten sich die Philharmoniker dem „Trend der Zeit“ (Orchesterchef Wesel) nicht verschließen.
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