: Unterm Strich
Mit „Entsetzen“ hat die Gesellschaft für Geburtsvorbereitung (GFG) auf Äußerungen des Düsseldorfer Philosophen Dieter Birnbacher reagiert, der sich für eine stärkere Freigabe genetischer Selektionen und Abtreibungen bis zur Geburt „bei Abweichungen“ ausgesprochen hatte. Durch diese Äußerungen werde die gesellschaftliche Diskriminierung behinderter oder kranker Menschen weiter verschärft, kritisierte die Bundesvorsitzende der Gesellschaft für Geburtsvorbereitung, Familienbildung und Frauengesundheit, Ines Albrecht-Engel.
Birnbacher hatte beim Deutschen Kongress für Philosophie unlängst gesagt, die Vorteile einer gewissen Auswahl am Lebensbeginn seien höher als die möglichen Nachteile. Aus ethischer Sicht seien ungeborene Kinder nicht unbedingt schutzwürdig. Die entscheidende Schwelle für den Lebensschutz sei die Geburt. Wer kein behindertes oder weibliches Kind „hier und jetzt“ haben wolle, sei deswegen nicht behinderten- oder frauenfeindlich, meinte Birnbacher. Eine solche Selektion könne manchmal aus übergeordneten ethischen Gründen heraus gerechtfertigt sein.
In diese Argumentation auch die Abtreibung unerwünschter weiblicher Feten aufzunehmen, „ist nicht nur Frauen verachtend, sondern eine nicht steigerbare männliche Überheblichkeit“, sagte die Vorsitzende des Verbandes, in dem bundesweit rund 900 Mediziner, Hebammen und Experten organisiert sind. Wahrscheinlich will aber der Herr Birnbacher auch nur so ins Gerede kommen wie der Herr S.
Nach Birnbachers Argumentation hätte sie als Frau, mithin Behinderte, der Selektion übergeordneter ethischer Gründe zum Opfer fallen und nicht geboren werden können: Assia Djebar, algerische Schriftstellerin und Filmemacherin. Nun aber ist sie in der Nachfolge von Julien Green in die Académie belge de littérature française aufgenommen worden. Assia Djebar unterrichtet derzeit Französische Literatur an der Universität von BÛton Rouge, im Bundesstaat Louisiana, in den Vereinigten Staaten. Unter ihren Büchern sind die bekanntesten „Oran, langue morte“ und „Les nuits de Strasbourg“. Ihr Film „La nouba des femmes du mon Cherowa“ erhielt 1979 den Preis der internationalen Kritik auf den Filmfestspielen von Venedig.
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