Unterleib und Tagespolitik: Bush kommt nicht gut weg

Die große Unten-ohne-Party: John Hurwitz und Hayden Schlossbergs "Harold & Kumar - Flucht aus Guantanamo".

Harold Lee (John Cho) und Kumar Patel (Kal Penn): Höherer Blödsinn. Bild: promo

Die Kiffer mit Migrationshintergrund Harold Lee (John Cho) und Kumar Patel (Kal Penn) sind auf Vaginen fixiert. Darum reden sie und redet "Harold & Kumar - Flucht aus Guantanamo", der zweite Film um das Gespann, nicht herum. Zwischentöne werden hier ganz ausdrücklich nicht gemacht. Gefangene diesmal schon.

Was damit beginnt, dass die beiden Helden in ihr ganz persönliches Schlaraffenland, soll heißen: nach Amsterdam reisen. Oder jedenfalls machen sie sich auf den Weg und sitzen, nach einem rassismustheoretischen Zwischenfall bei der Personenkontrolle, im Flieger dorthin.

Kumar hat seine selbstgebastelte Bong mitgebracht und will zur Einstimmung auf der Toilette was rauchen. Leider klingt "bong" auf Englisch so ähnlich wie "bomb", und das Teil sieht auch ganz nach dieser Ähnlichkeit aus. Es kommt zur Massenpanik, die Air Marshals greifen ein, und Harold und Kumar sitzen gleich darauf als Terroristen in Guantánamo hinter Gittern.

Nicht nur auf Vaginen, sondern auch auf Schwänze sind, wenngleich anders, Harold und Kumar fixiert. Auftritt Big Bob und das schöne Guantánamo-Ritual "Schwanzfleisch"-Sandwich, das, weil der Film Eindeutigkeiten liebt, genau das ist, wonach es klingt. Ganz knapp kommt es zum Blowjob-Dreier dann - nicht. Vielmehr gehen Harold und Kumar über Leichen und fliehen. Sie schippern mit Kubanerinnen und Kubanern auf der Flucht Richtung Florida übers Meer.

Sie geraten aufs Anwesen eines guten Freunds, der gerade eine Unten-ohne-Party veranstaltet, bei der es sich um haargenau das handelt, was man bei dem Namen vermutet. Eine der sehr vielen Frauen hat ihr Schamhaar in der Manier der amerikanischen Flagge gefärbt. Der Veranstalter trägt untenrum Bart wie - man sieht es und es wird auch ausdrücklich festgestellt - Ussama Bin Laden. Wer die USA für das Land einzig von weggebeepten "Fucks" oder Nipplegate hält, ist hier im falschen Film.

"Harold & Kumar - Flucht aus Guantanamo" funktioniert episodisch. Zwar gibt es beinahe etwas wie einen Plot, der aber vor allem Gelegenheit zu allerlei Begegnungen bietet. So treten in weiteren Episoden unter anderem auf: Der Pilze in sich hineinstopfende "Starship Troopers"-Star Neil Patrick Harris (gespielt von Neil Patrick Harris) und sein ganz persönliches Einhorn. Ein freundlich-unheimlicher kleiner Kyklops, der die Frucht der Inzestbeziehung eines nicht uninteressanten Südstaaten-Redneck-Geschwisterpaars ist.

Eine gesellige Runde von Ku-Klux-Klan-Mitgliedern am Lagerfeuer im Wald, die reihum Geschichten erzählen zum Thema "Und welchen Angehörigen einer Minderheit hast du heute gequält?". Es kommt auch, im Bordell und in Träumen, zu Sex oder so was Ähnlichem. Etwa, ganz ausgesprochen explizit, mit einem Spongebob-artigen Marihuana-Sack, der hat Arme und Beine und, natürlich, eine Vagina hat er auch.

Später im Film landen Harold und Kumar - nach der komischsten Fallschirmszene seit der Zucker-Abrahams-Zucker-Komödie "Top Secret" - auf der Ranch von George W. Bush, der ihnen, einen Joint im Mund, mit einem sehr einleuchtenden Handjob-Vergleich kommt.

Nichts von alledem ist im engeren Sinn politisch korrekt. Der Witz des Films kennt wirklich genau zwei Ziele: den Unterleib und/oder die Tagespolitik. Bei Letzter kommt die Bush-Regierung, freundlich gesagt, nicht gut weg. "Harold & Kumar - Flucht aus Guantanamo" ist, mit anderen Worten, ein wirklich unfassbares Artefakt.

in Werk, in dem höherer Blödsinn, schärfste politische Satire und abgrundtiefe Geschmacklosigkeit einander beim Scheißen begegnen. Ein Werk, das nach Underground aussieht, aber von Warner Brothers stammt.

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