Unterkunft für Asylbewerber: Flüchtlinge kommen später
Die Eröffnung des umstrittenen Asylbewerberheims in Hellersdorf verschiebt sich – wegen Statikfragen, heißt es.
Der Einzug der Asylbewerber in das ehemaligen Max-Reinhardt-Gymnasium in Hellersdorf verzögert sich. Grund seien allerdings nicht die Bürgerproteste der vergangenen Wochen, sondern technische Probleme, sagte am Dienstag Jörn Hube vom Landesamt für Gesundheit und Soziales der taz. Ein Statikgutachten müsse abgewartet werden, bevor die Flüchtlinge dort leben könnten. Sozialstadträtin Dagmar Pohle (Linke) bestätigte die Verzögerung der Fertigstellung. Auch sie betonte: „Das ist aber kein politisches Problem, sondern ein statisches.“
Vor zwei Wochen war eine Informationsveranstaltung in Hellersdorf eskaliert, viele der rund 1.000 Teilnehmer hatten lautstark gegen das geplante Asylbewerberheim Position bezogen.
In die ehemaligen Klassenräume seien Trennwände in Leichtbauweise eingebaut worden, erklärte nun Hube. „Den Asylbewerbern sollen kleinere, familiengerechte Räume zur Verfügung stehen.“ In Absprache mit dem Bezirksamt und dem künftigen Heimbetreiber sei ein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Das solle prüfen, ob trotz der Trennwände die Statik des Schulgebäudes nach wie vor sicher sei. Je nachdem, wie das Gutachten ausfalle, werde dann ein neuer Einzugstermin vorbereitet, so Hube. Der werde aber wegen der prekären Stimmung in Hellersdorf nicht öffentlich gemacht.
In Mitte, Reinickendorf und Spandau verzögerten oder verhinderten die Bauämter durch fragwürdige Auflagen den Betrieb dauerhafter Asylbewerberunterkünfte – was das Landesamt kritisierte. Gegen das Bezirksamt in Marzahn-Hellersdorf teilte Hube nicht aus. Ob alte Verbindungen dabei eine Rolle spielen? Der zuständige Baustadtrat Christian Gräff (CDU) ist ein alter Freund von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) aus gemeinsamen Zeiten in der Jungen Union Hellersdorf.
Nach wie vor ist die Hellersdorfer Bevölkerung in der Frage der Akzeptanz des Asylbewerberheimes tief gespalten. Die vom Verfassungsschutz und vom Landeskriminalamt beobachtete anonyme „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ versammelt auf ihrer Facebook-Seite die Kritiker. Da mischen sich Kommentare, die von irrationaler Fremdenangst und Politikverdrossenheit zeugen, mit rechter Propaganda und Gewaltaufrufen. In einem inzwischen gelöschten Beitrag schrieb am Montag ein Mann: „es wird sich nichts ändern die Politik macht weiter … meiner Meinung nach hilft da nur anzünden dann reagieren die Kapitalisten“. In der vergangenen Woche waren Fotos zu sehen, wo Hellersdorfer in der Nähe des Gebäudes „Nein zum Heim“ mit Kreide auf die Straße geschmiert hatten. Die Feuerwehr beseitigte die Schrift.
Die Linken-Abgeordnete Manuela Schmidt sagte, es werde derzeit ein runder Tisch mit allen demokratischen Parteien, den Wohnungsbaugesellschaften, der Kirche, der Polizei und anderen Akteuren vorbereitet. Ziel sei es, den Neuankömmlingen eine Willkommenskultur zu bereiten. Auf Facebook hat eine Gruppe „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“ bisher 6.500 Likes gesammelt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Jahresrückblick Erderhitzung
Das Klima-Jahr in zehn Punkten
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
Biden hebt 37 Todesurteile auf
In Haftstrafen umgewandelt