■ Unsichtbare Lebensenergie: Alles durchdringend: Das Geheimnis um Qi
Vom „Tor zur Welt“ zum „Tor zum Himmel“: Im September fand in Hamburg der erste Qi-Gong-Kongress außerhalb Chinas statt. Der Ort des Treffens war dabei sorgfältig ausgewählt worden: Hamburg liegt nach dem Bagua, einem räumlichen Zuordnungsschema aus der chinesischen Feng-Shui-Lehre, auf der Position des Himmeltores.
Ebenso bedeutungsschwer war der Eröffnungstermin desKongresses: der 9. September 1999 um 9.00 Uhr – denn die Quersumme des Datums ergibt die Zahl 55, die in der chinesischen Zahlenlehre I-Ging die „vollkommene Verbindung von Himmel und Erde mit dem Ursprung“ symbolisiert.
Bei dem Kongress selber ging es dann aber weniger mystisch zu: Stattdessen präsentierten chinesische Forscher neue Ergebnisse zur Wirkungsweise und den Behandlungserfolgen der Bewegungslehre Qi Gong.
Die chinesische Heilmethode lässt sich als Verbindung von Bewegungs- und Atemübungen, Meditations- und Konzentrationstraining beschreiben. Die ältesten schriftlichen Quellen über Qi Gong stammen aus der Zeit 600 vor Christi. Seitdem glaubt man in China an eine Energieform, die sowohl durch den gesamten Kosmos als auch den Menschen fließen soll: Qi.
Und mittels der Bewegungslehre Qi Gong soll diese feinstoffliche Energie im Körper aktiviert werden. Dabei bewegt sich das Qi nach traditionellem chinesischen Medizinverständnis auf bestimmten Linien und in einer Art Kreislaufsystem im Körper, den so genannten Meridianen – bekannt sind sie hierzulande durch die Akkupunktur. Sind diese Leitbahnen blockiert oder gestört, kann das zu Erkrankungen einzelner Organe oder gar des gesamten Organismus führen.
Bislang entzieht sich die rätselhafte Energieform allerdings der Messbarkeit – und damit auch allen Versuchen, sie mit dem rationalen Weltbild der westlichen Wissenschaft zu erklären. Doch auf dem Hamburger Kongress wurde nun ein physikalisches Erklärungsmodell vorgestellt: Die Physik-Professorin Wu Bang Hui, Direktorin der „Somatic Research University“, verwies auf ihre 1998 in China veröffentlichten Experimente, nach denen das Qi mit den Eigenschaften eines elektromagnetischen Feldes oder Laserstrahles vergleichbar sei und als ordnender Parameter der Zellen eine ähnliche Bedeutung wie die Erbsubstanz DNS habe. Ob nachweisbar oder nicht – praktisch erwiesen scheint der therapeutische Nutzen des Qi Gong: Nach Untersuchungen aus China sollen die Bewegungsübungen gegen Gallensteine oder Bluthochdruck helfen und auch das Sehvermögen verbessern.
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