: Unruhige See
Schattenflotten, sabotierte Pipelines und Datenkabel: Die Ostsee ist seit Russlands Angriff auf die Ukraine zum geopolitischen Brennpunkt geworden. Unterwegs mit der Deutschen Marine in einem Gebiet, das nur schwer zu überwachen ist
Von Jean-Philipp Baeck (Text und Fotos)
Um kurz nach 8 Uhr verschwinden wir in den Tarnmodus. Die Transpondersignale des Minenjagdboots „Pegnitz“ und anderer Boote sind über das Identifikationssystem AIS nicht mehr aufzuspüren, die Handys müssen ausgeschaltet, elektronische Geräte im Spind verstaut werden. An Bord des deutschen Tenders „Mosel“, einem hundert Meter langen Versorgungsschiff, das dieses Manöver anführt, herrscht Anspannung.
Kommandant Stefan Ladewich steht mit einem halben Dutzend weiterer Offiziere auf der Nock, dem offenen Ausguckbereich an der Brücke, und blickt Richtung Bug: über den Kran, die Containerbeladung und die Bordgeschütze hinweg auf die enge Ausfahrt des Danziger Hafens. An einem schweren Maschinengewehr neben Ladewich steht ein Soldat mit Sturmhaube, Ohrenschützern und Schutzweste. Alle sind auf ihren Posten. Das russische Kaliningrad samt russischer Kriegsmarine ist nur rund 40 Seemeilen entfernt. Es wird ernst.
Langsam schiebt sich der graue Versorger vorbei an den Container- und Kreuzfahrtterminals hinaus in die Danziger Bucht in Richtung offene See. Es ist Anfang April, ein frischer Frühlingstag, und für die „Mosel“ und weitere Boote des III. Minensuchgeschwaders der Deutschen Marine beginnt der zweite Teil eines Manövers in der Ostsee, bei dem auch Partner aus Nato-Staaten wie Norwegen, Estland und Litauen dabei sind – insgesamt zwölf Einheiten aus acht Nationen.
In fünf Tagen geht es von Danzig nach Kiel. Fünf Tage auf See, die der Reporter mit über 100 Soldatinnen und Soldaten an Bord der „Mosel“ verbringt, ohne Netflix, Whatsapp oder Instagram, dafür mit Dieselgeruch in der Nase und schaukelnden Nächten in einem schmalen Hochbett hinter wasserdichten Schotten. Und sehr nah dran an der russischen Kriegsmarine, Tankern der Schattenflotte, Drohnenabwehrgeräten und dem verbliebenen, noch intakten Pipeline-Strang von Nord Stream 2. Es werden Tage, in denen deutlich wird, dass die Bedrohung eines Krieges zwischen der Nato und Russland nicht nur näher rückt, sondern längst real ist.
Dass alle an Bord ihre Handys ausschalten sollen, hat mit der angespannten geopolitischen Lage zu tun. Seit Beginn des Ukrainekriegs 2022 kommt es vor, dass der Empfang mitten auf dem Meer plötzlich gut ist. Eine Falle: Auf zunächst unscheinbaren Booten befinden sich falsche Sendemasten, in die sich die Mobilgeräte automatisch einwählen. Russland greift so Daten der Besatzung ab. In der Vergangenheit habe es schon Schockanrufe bei Angehörigen gegeben, um zu Hause für Verunsicherung zu sorgen, berichtet Kommandant Ladewich und spricht von „asymmetrischer, hybrider Kriegsführung“.
Seit Jahrzehnten war die geopolitische Lage in der Ostsee nicht mehr so angespannt. Mit dem Beitritt Schwedens und Finnlands 2024 in die Nato ist Russland der einzige Nicht-Nato-Staat, der mit der Gegend um St. Petersburg und der Exklave Kaliningrad an das Meer grenzt. Für die baltischen Staaten und Finnland ist ein offener Versorgungsweg über See von elementarer Bedeutung.
Der Auftrag der Marine dreht sich verstärkt um den Schutz kritischer Infrastruktur – schon lange häufen sich Nachrichten über Sabotage an Unterseekabeln und Spionagevorfälle. Putin teste fortlaufend „rote Linien“ des Westens aus, erklärte BND-Chef Bruno Kahl Ende Dezember. Deutschland sei erklärter „Feind“.
Das spürt auch die Besatzung der „Mosel“. Auf dem Hinweg nach Danzig kam es für den Marineverband Anfang April zu einem ernsten Zwischenfall. Während russische Kriegsschiffe in der Nähe waren, flogen mehrere Drohnen auf sie zu. Eine kam gefährlich nahe: zwei Meter Spannweite, kein Freizeitmodell, Herkunft offiziell unbekannt. „Threat Warning Surface Yellow, Threat Warning Air Yellow“ hieß es sogleich aus den Lautsprechern an Bord – eine Warnstufe, die besagt, dass mit einem Angriff auf der Seeoberfläche und aus dem Luftraum zu rechnen ist.
Der Tender „Mosel“ weckte seine Besatzung und rief den Einsatzmarsch aus, die zweithöchste Alarmstufe, auch Kriegsmarsch genannt. Einem Soldaten gelang es, eine der Drohnen mit einem elektronischen Abwehrgerät aufzuhalten.
Für den Reporter macht er das wenige Tage später noch mal vor: Er schultert das über acht Kilo schwere Gerät, das aussieht wie eine futuristische Panzerfaust, und zielt damit in Richtung Horizont. Der „Effektor HP-47“, wie das Gerät bei der Bundeswehr heißt, stört GPS- und Fernsteuerung der Drohne auch in mehreren Kilometern Entfernung.
Wäre das Anfang April nicht erfolgreich gelungen, hätte Kommandant Ladewich womöglich befehlen müssen, das fliegende Objekt mit einem der Maschinengewehre vom Himmel zu holen. Die Drohnen sollten vermutlich spionieren oder die Nato-Schiffe aus der Reserve locken. Dass sie über das Boot fliegen, hätte der Kommandant nicht zulassen können. Auch deshalb sind die Waffen beim Auslaufen aus der Danziger Bucht besetzt.
Nicht der einzige Vorfall bei diesem Manöver. In den Abendstunden des 3. April fiel beim Einlaufen der Schiffe in der Danziger Bucht großflächig das GPS-Satellitensystem aus. Über Stunden hatten Handels- und Freizeitschiffe Schwierigkeiten mit der Navigation. Die Danziger Bucht erstreckt sich in einem etwa 100 Kilometer breiten Halbkreis von den polnischen Städten Gdynia und Danzig im Westen bis zur russischen Exklave Kaliningrad im Osten.
Ein GPS-Ausfall kam hier bereits mehrfach vor, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Forscher der Maritimen Universität von Gdynia und der polnischen Firma GPSPATRON hatten Ende 2024 Störungen untersucht und herausgefunden, dass sie vermutlich auf eine „mobile maritime Quelle“ – also auf ein Schiff – zurückzuführen seien. Ausdehnung, Dauer und Besonderheiten der Störung ließ die Forscher auf ein „militärtechnisches Gerät“ als Ursache schließen.
Über Schiffe der russischen Schattenflotte, die sanktionierte und verbotene Ware transportieren, weiß man, dass sie teilweise mit Spionagetechnik bestückt sind, die nicht nur empfangen, sondern auch senden kann. So etwa der Tanker „Eagle S“, den die finnische Marine Ende Dezember festgesetzt hat, weil er mit seinem Anker das Stromkabel Estlink 2 zwischen Finnland und Estland zerstört haben soll.
Bei vergangenen GPS-Unterbrechungen, die im Ostseeraum unter anderem den Flugverkehr betrafen, hatten sich wiederum Behörden aus Litauen und Estland festgelegt und erklärt, diese würden in der russischen Exklave Kaliningrad ausgelöst.
Und der Vorfall Anfang April in der Danziger Bucht? War das Russland?
Spricht man mit Soldatinnen und Soldaten auf dem Tender „Mosel“, ist die Sache klar. Ganz offiziell festlegen will sich dazu aber niemand. Dafür sorgen nicht zuletzt auch die Presseoffiziere, die bei vielen Gesprächen anwesend sind. Sie ermöglichen dem Reporter Einblicke, achten aber auch darauf, dass sich keiner an Bord zu einer überstürzten Aussage hinreißen lässt, die am Ende die geopolitische Lage verschlimmern könnte. Russland, das ist wichtig, ist in dieser Sprachregelung beispielsweise keinesfalls „der Feind“ sondern immer nur eine „neutrale Nation“.
Scharf auf einen Krieg wirkt an Bord der „Mosel“ jedenfalls niemand. Ein Offizier erzählt wehmütig, wie sich die Besatzungen russischer und deutscher Kriegsschiffe bei der Begegnung auf See vor ein paar Jahren noch respektvoll salutierten – im Sinne einer „guten Seemannschaft“.
Die Marine, das assoziieren viele womöglich mit Männerbündnissen und unangenehmem Gehabe. Hier an Bord sieht die Realität anders aus: Da sind zum einen die weiblichen Soldatinnen, die auf der „Mosel“ auf allen Posten wirken – oder Leute wie Kapitänleutnant Armin, der erste Wachoffizier, der nach Kommandant Ladewich an Bord das Sagen hat.
Kapitänleutnant Armin hat Tätowierungen an beiden Oberarmen, gendert beim Reden und engagiert sich außerhalb der Marine in der SPD und der Flüchtlingshilfe. Vor seiner Kammer steht ein Paar Chucks-Turnschuhe, an der Wand ein feministisches Poster: „Cinnamon rolls not gender rolls“. Kapitänleutnant Armin sagt druckreife Sätze wie jenen, dass er zur Marine gegangen sei, weil er das große Privileg genossen habe, „in relativer Freiheit und Frieden“ aufgewachsen zu sein und er seinem Land etwas zurückgeben wollte. „Dass der Beruf des Soldaten oder der Soldatin eben genau auch für diese Situationen da ist, in der eventuell Freiheit und Frieden bedroht scheinen, das war mir schon damals bewusst.“
Dass der Frieden relativ ist, wird für den Reporter spätestens am zweiten Tag an Bord real. Um 7.13 Uhr, kurz nach dem Weckruf, schallt eine Durchsage vom ersten Wachoffizier Armin durch die Deckenlautsprecher. Zwei Schiffe sind in der Nähe, die der Schattenflotte zugezählt und von zwei russischen Kriegsschiffen begleitet werden.
In solchen Situationen wird es etwas hektischer an Bord. Soldaten hechten dann auf ihre Stationen, Offiziere klettern die Dutzenden Stufen im zentralen Treppenturm zur Brücke hinauf.
Fregattenkapitän Mario Bewert steht draußen vor der Brücke. Er ist Kommandeur und leitet das Manöver. Bewert kneift die Augen zusammen und zeigt an den Horizont. Man muss genau hinschauen. Auf der Linie zwischen Wasser und Himmel erheben sich die Silhouetten zweier Handelsschiffe, davor und dahinter zwei Kriegsschiffe, die an ihren markanten Türmen samt Radargeräten und Antennen zu erkennen sind. Hinter Bewert hängen für genau diesen Zweck laminierte Fotos neben der Tür: „verdächtiger Fischer“ steht auf einer der Karten und an der Scheibe darüber zeigt ein Poster rund ein Dutzend Kähne der russischen Schattenflotte.
Die Schiffe, die an diesem Tag unterwegs sind, heißen „Sparta IV“ und „General Skobelev“, ein Containerschiff und ein Tanker. Sie sind offiziell auf dem Weg von St. Petersburg nach Port Said in Ägypten. Beide sind alte Bekannte: Sie werden auf Fachportalen mit zum sogenannten „Syrien-Express“ gezählt. Demnach werde die „Sparta IV“ für Waffen- und Munitionstransporte zwischen Syrien und Russland genutzt.
Die „General Skobelev“ wiederum steht im Verdacht, sich am illegalen Handel mit sanktionierter Fracht zu beteiligen und dabei zu helfen, die Ölpreisobergrenze zu umgehen. Mehrfach soll das Schiff wegen möglicher Verstöße gegen Umwelt- und Sicherheitsbestimmungen auffällig geworden sein.
Warum die Deutsche Marine nicht eingreift? Man sei in internationalen Gewässern, heißt es auf der Brücke, und die Russen hätten das gleiche Recht wie alle anderen, hier durchzufahren. Es wurde also aneinander vorbei navigiert und kein Kontakt aufgenommen. Aber: Die Schiffe wurden aufgeklärt. Das heißt, ein Soldat hat mit einem fast ein Meter großen Objektiv einige Fotos gemacht. Ob auch ausgefeiltere Aufklärungstechnik zum Einsatz kam, darüber erfährt der Reporter nichts.
Die Schiffe genau zu beobachten, in der Ostsee ein „Lagebild“ zu erstellen – das gehört zur großen Aufgabe der Deutschen Marine. Seit Januar 2025 geschieht das im Rahmen der Nato-Mission „Baltic Sentry“, mit der auf die Sorge um die maritime kritische Infrastruktur in der Ostsee reagiert wird. Datenkabel, Stromtrassen und Pipelines verlaufen hier kreuz und quer über den Meeresboden.
Zwar sind für deren Sicherung zunächst die privaten Betreiberfirmen selbst verantwortlich. Doch spätestens seit der Sprengung dreier der vier Stränge der Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 durch mutmaßlich ukrainische Spezialkräfte im September 2022 ist man sich in der Nato bewusst, wie verwundbar die maritime kritische Infrastruktur ist. Jetzt wird die Ostsee mit Kriegsschiffen, Drohnen und Flugzeugen stärker überwacht. Doch Aufnahmen aus der Luft reichen nur bis zur Wasseroberfläche. Darunter wird es deutlich schwieriger.
Manövern wie jenem im April, bei denen vornehmlich Minenjagdboote wie die „Pegnitz“ oder die „Weilheim“ beteiligt sind, kommt eine neue Bedeutung zu. Die Boote sind mit Sonargeräten und Unterwasserdrohnen darauf spezialisiert, die Unterwasserwelt zu erkunden. Das 3. Minensuchgeschwader war deshalb auch an der Aufklärung des Anschlags auf die Nord-Stream-Pipelines beteiligt. In den vergangenen Jahren kümmerten sich die Minenjäger dagegen vornehmlich um Altlasten. Hunderttausende Tonnen Munition und Seeminen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg befinden sich auf dem Grund der Ostsee und sind teils noch funktionsfähig.
Doch seit drei Jahren kann die Welt beobachten, welche Bedeutung der Kampf mit Seeminen auch heute noch haben kann: Die Ukraine hielt mit ihnen die gefürchtete russische Schwarzmeerflotte auf Abstand. Und auch Russland setzt Seeminen ein. Länder wie Finnland, deren Versorgung fast ausschließlich auf dem Seeweg über die Ostsee basiert, könnten mit Minen empfindlich gestört werden.
Für Minenjagdboote kommt nun die Sicherung kritischer Infrastruktur am Meeresboden hinzu. Wie das aussieht, will sich der Reporter mit zwei weiteren Journalisten aus der Nähe anschauen. Vom Tender „Mosel“ setzen wir in einer kleinen Gruppe zum Minenjagdboot „Weilheim“ über.
Für die Fahrt in einem Zodiac-Schlauchboot mit Aluminiumrumpf, das bei der Marine „Gecko“ heißt, zwängen wir uns in knallrote Überlebensanzüge, stülpen Rettungswesten und Helme über. Die Ostsee hat hier 6 Grad Celsius Wassertemperatur, wer ohne Schutzausrüstung reinfällt, überlebt das nicht lange. Einen Tag zuvor peitschten bei einer Fahrt mit dem Gecko noch die Wellen gegen den Rumpf und türmten sich fast zwei Meter vor uns auf. Das Boot sprang mit Vollspeed von 36 Knoten immer wieder hoch, knallte aufs Wasser und malträtierte die Wirbelsäulen der Journalisten und die Knie der Bootsführer.
Doch an diesem Tag ist die See ganz ruhig. Rundherum nur der Horizont. Eine friedliche Weite, zumindest in diesem kurzen Moment.
Nach ein paar Minuten prallt das kleine Boot an der grauen Seitenwand der „Weilheim“ auf. Wir kraxeln über eine Strickleiter an Bord. Kommandant Maximilian Hirnstein, ein Mann mit dunklem kurzen Vollbart und schüchternem Lächeln, erwartet uns. Er trägt drei goldene Streifen auf der Schulter seiner Jacke und ist vom Rang Korvettenkapitän. Der Mitte-dreißig-Jährige befehligt die in der Regel 42 Besatzungsmitglieder auf dem 54 Meter langen und neun Meter breiten Boot. Hirnstein übernahm 2022 das Kommando über die „Weilheim“ von Beata Król, die danach unter anderem den ständigen Minenabwehrverband der Nato leitete.
Auf dem Achterdeck warten Soldaten an einem Gerät, das aussieht wie ein kleiner Torpedo. Es ist der „Seefuchs“, eine Drohne, die an einem Kabel bis auf den Meeresboden fahren kann. Wie lang das Kabel ist? „Geheim“, sagt einer der Offiziere. Aber jedenfalls länger als 450 Meter, also die tiefste Stelle in der Ostsee.
Während wir uns weiter den Weg an Bord bahnen, vorbei an einer Gruppe Minentauchern, die neben einer Druckausgleichskammer ausharren, und wir vergeblich versuchen, uns an den niedrigen Schleusentüren nicht den Kopf zu stoßen, schlummert in der Meerestiefe eine Überraschung. Genau hier, unter uns am Boden der Ostsee, verläuft der verbliebene intakte Strang der Gaspipeline Nord Stream 2.
Kommandant Hirnstein klettert von der Brücke über eine steile Metalltreppe einen Schacht hinunter, der nur durch ein paar Rotlichtröhren beleuchtet ist. „Restricted Area“ steht an einer Tür – die Operationszentrale. Der ganze Raum ist als geheim eingestuft. Dass Journalisten hier hineindürfen, ist selten. In der düsteren Kammer unter der Brücke leuchten Bildschirme für Sonar und für Radargeräte und Sensoren für elektromagnetische Strahlung.
Wie tief die Geräte operieren können oder wie weit, welche Möglichkeiten das Boot hat, welche Technik – all das sollen unfreundliche Armeen nicht so genau wissen.
Und dann gibt es noch den Seefuchs. An einem kleinen Kran hieven die Männer und Frauen die Unterwasserdrohne über Bord und lassen sie ins Wasser gleiten. Das orangene Datenkabel surrt von der Spule, sieben Meter, acht Meter, dann ist das Gefährt kaum noch zu erkennen. Nur eine kleine Bugwelle an der Wasseroberfläche zeugt noch von der Richtung, in die der Seefuchs abtaucht.
Gesteuert wird die Drohne zur gleichen Zeit in der Operationszentrale unter Deck. Rechts vom Kommandanten Hirnstein sitzt der Drohnenfahrer. Vor ihm strahlt auf einer blauen Anzeige das Sonar-Bild der Drohne. Nach ein paar Minuten zieht sich von links nach rechts ein gelb ausfransender Strich wie ein Faden durch das Bild: Nord Stream 2.
Vor Kommandant Hirnstein erscheint nun ein Videobild. Zunächst sieht man nicht viel: ein grauer Verlauf, schummerige Schlieren, trübes Wasser. Dann, plötzlich, erscheint das runde Rohr der Pipeline. Sie liegt zur Hälfte im Schlick und sieht aus, als wäre sie an ein paar Stellen mit Muscheln besetzt. Auf den zwei Metern, die man hier erkennt, scheint so weit alles in Ordnung.
Bleiben weitere 1.223.998 Meter. Wie schwierig es sei, die lückenlos zu überwachen, fragt der Journalist. „Utopisch“, heißt es hier im Raum. Doch darum soll es nicht gehen. Sondern um Abschreckung, Aufklärung, verstärkte internationale Zusammenarbeit. Um die Präsentation der Fähigkeiten und eine Vorbereitung auf einen möglichen Krieg, von dem alle hier hoffen, dass es nur bei einem Brodeln bleibt.
das gespräch 30–31
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