Unruhen in der Elfenbeinküste: Heißer Wahlkampf

Seit die Opposition in der Elfenbeinküste zum „aktiven Boykott“ der Wahlen aufruft, erschüttert Gewalt das Land. Proteste ergreifen Abidjan.

Eine Wahlplakat mit dem Konterfei des Präsidenten, davor ein ausgebrannter Bus

Straßenszene mit einem Bus, der während der Proteste in der Nacht zum Montag ausbrannte Foto: Luc Gnago/reuters

BERLIN taz | Es ist im Wortsinne die heiße Phase des Wahlkampfs in der Elfenbeinküste vor der Präsidentschaftswahl am 31. Oktober. Brennende Autos, Barrikaden, Tränengaswolken, steinewerfende Polizisten und Demonstranten mit Schusswunden wurden am Montag aus Abidjan gemeldet, der ivorischen Wirtschaftsmetropole.

Eine am Sonntag zur Vermittlung eingetroffene Delegation der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) unter Ghanas Außenministerin Shirley Botchway suchte vergeblich nach Gesprächspartnern außerhalb der Regierung und erklärte verschnupft: „Bürger, die Straßen absperren und Wahlmaterialien beschlagnahmen, begehen Verbrechen. Wir sind in einer Demokratie und wenn das Volk sich äußern will, soll es das an den Wahlurnen tun.“

Genau das wollen die Gegner des ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara nicht: Sie lehnen die gesamte Wahl als illegitim ab, weil Ouattaras Kandidatur zu einer dritten Amtszeit nach zwei fünfjährigen Amtszeiten verfassungswidrig sei.

Die Wahl steht unter schlechten Vorzeichen, seit sich Ouattara im Sommer doch noch zu einer Kandidatur bereiterklärte, nachdem sein Wunschnachfolger verstorben war. Erst lehnte die Justiz 40 der 44 eingereichten Kandidaturen ab. Dann zogen sich die beiden verbliebenen Oppositionskandidaten vergangene Woche von der Wahl zurück und riefen ihre Anhänger dazu auf, „aktiven Boykott“ zu üben und die Wahl zu verhindern.

Ouattaras Sieg steht damit schon im Vorfeld fest, die Machtfrage wird anderweitig geklärt

Wie vor 25 Jahren

Die Elfenbeinküste befindet sich nun in exakt derselben Situation wie vor einem Vierteljahrhundert. Damals regierte Präsident Henri Konan Bédié als Vertreter der einstigen Einheitspartei, die das Land seit der Unabhängigkeit 1960 diktatorisch geführt hatte. Der liberale Oppositionsführer Ouattara wurde von den Wahlen 1995 ausgeschlossen, der sozialistische Oppositionsführer Laurent Gbagbo solidarisierte sich mit Ouattara und rief zum „aktiven Boykott“ auf.

Abidjan wurde von Gewalt erschüttert, die Wahl endete mit einem hohlen Sieg Bédiés mit 97 Prozent der Stimmen, aber ohne Legitimität, und wenige Jahre später versank die Elfenbeinküste im Bürgerkrieg.

Nach Kriegsende standen sich bei den Wahlen 2010 Bédié, Ouattara und Gbagbo wieder gegenüber: Jetzt regierte Gbagbo, Bédié und Ouattara waren gegen ihn verbündet. Ouattara siegte, Gbagbo erkannte das nicht an und es folgten erneut vier Monate Krieg mit Tausenden Toten, bevor Rebellen Gbagbo in seinem Bunker verhafteten.

Heute haben die ewigen Streithähne eine dritte Konstellation gefunden: Ouattara an der Macht, Bédié und Gbagbo im „aktiven Boykott“ verbündet. Ggabo darf selbst nicht antreten, da sein Berufungsverfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof noch läuft, dessen Partei FPI (Ivorische Volksfront) lässt aber seinen Expremier Pascal Affi N’Guessan antreten. Gemeinsam ruft die Opposition zum „zivilen Ungehorsam“ auf.

Tote bei Unruhen

Ouattaras Sieg steht damit schon im Vorfeld fest, die Machtfrage wird anderweitig geklärt. Bei Auseinandersetzungen zwischen Anhängern Ouattaras und Gbagbos im Ort Bongouanou 200 Kilometer nördlich von Abidjan starben bis Sonntag mindestens zwei Menschen. Am Montag rief die Studentengewerkschaft der Elfenbeinküste (Fesci) zum Streik auf.

„Wenn jemand Präsident sein will, soll er sich zur Wahl stellen“, rief Präsident Ouattara bei seinem offiziellen Wahlkampfauftakt am Freitag. Aber Ouattaras Gegnern geht es darum, wer nicht Präsident sein soll.

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