Unruhen in Kirgistan nach Parlamentswahl: Hunderte Verletzte in Bischkek
Die Opposition hat das Wahlergebnis nicht anerkannt. Demonstranten stürmen das Parlamentsgebäude und befreien den Ex-Präsidenten aus dem Gefängnis.
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Kirgisische Medien berichteten, dass Demonstranten mehrere öffentliche Gebäude besetzt hätten, darunter den Regierungssitz und das Bürgermeisteramt in Bischkek. Am Montagabend hatten Menschen auch das Parlamentsgebäude gestürmt. Sie befreiten zudem mehrere Politiker aus dem Gefängnis, darunter den Ex-Präsidenten Almasbek Atambajew, wie die kirgisische Nachrichtenagentur Akipress berichtete.
Mehrere Oppositionsparteien hatten die Ergebnisse der Wahl vom Sonntag nicht anerkannt. Zuvor hatte die Wahlkommission mitgeteilt, dass die dem Präsidenten Sooronbai Scheenbekow nahestehenden Parteien den Einzug ins Parlament geschafft hätten. Die OSZE zeigte sich wegen möglicher Stimmenkäufe besorgt. Angesichts der Proteste hat die Wahlkommission des Landes das Ergebnis der Parlamentswahl am Montag annulliert.
Präsident Sooronbaj Dscheenbekow hatte die Wahlleitung um eine Überprüfung der Wahlergebnisse gebeten. Dscheenbekow versuche laut seiner Sprecherin, das Land mit seinen mehr als sechs Millionen Einwohnern wieder zur Ruhe zu bringen. Die Ex-Sowjetrepublik habe bereits zwei Volksaufstände hinter sich und „kenne wie niemand sonst den Preis für Frieden und Stabilität“. Dscheenbekow rief demnach alle Kräfte zur Vernunft auf.
Rückschritte nach Reformerfolgen
Kirgistan ist nach den Revolutionen der Vergangenheit heute eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Nach dem Sturz von Präsident Kurmanbek Bakijew 2010 hatte die demokratische Politikerin Rosa Otunbajewa die Führung in dem Land übernommen. Sie war die erste Frau an der Spitze und setzte bis dahin in der von autoritären Staatschefs geprägten Region beispiellose demokratische Reformen durch. Gestärkt wurde dabei auch die Rolle des Parlaments.
In dem stark von politischen Clanstrukturen geprägten Land gab es zuletzt nach Meinung von Menschenrechtlern wieder Rückschritte. Bereits 2005 musste nach Vorwürfen der Wahlfälschung Präsident Askar Akajew das Land verlassen. In dem völlig verarmten Staat, in dem Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 30 Jahren bis heute Einfluss hat, kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Gewalt.
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