: Unmobile Akkustik und so
■ Wegen akkustischer Untauglichkeit scheidet das „Modernes“ ab sofort als zukünftiger Austragungsort für „Up'n Swutsch“ aus. Was nun?
Für einen mit dem technischen Vokabular nicht auf du-und-du stehenden Menschen wie mich, erinnern termini technici wie Nachhallzeiten, mobile Akkustik oder Schallschlucker an unliebsame Stunden im Physikraum. Doch um diese Wörter geht es. Ohne sie würde das „Moderne“ künftig der Austragungsort- bzw. Sendeort von Radio Bremens Sammstagsprogramm „Up'n Swutsch“ sein. Aber es gibt sie, daran läßt sich nichts rütteln. Wie berichtet (taz 28.7.), hat Radio Bremen seinen Vertrag mit dem Stadtstudio „Auf den Höfen“ gekündigt, weil die dortigen Verhältnisse, wie Redaktionsleiter Dieter Lesche berichtet, „von Anfang an unzumutbar für uns waren“: Ärger schon bei der Bauphase, das ginge ja noch, aber daß der Keller des Studios, in dem die Starkstromkabel verlegt sind, nach jedem Regen unter Wasser stand, das liebt kein Sicherheitsingenieur.
Um es kurz zu machen: Weil
die Kabel zum wiederholten Male im Wasser lagen, hat der Sender sein Stadtstudio gekündigt. Als Alternative bot sich vor allem das „Modernes“ in der Neustadt an. Das freute auch die Geschäftsführer. Doch schon beim ersten Besuch im Modernes wiegten die Techniker bedenklich ihre Köpfe, weil die Akkustik im Modernes eben auf Konzerte und Discos ausgerichtet sei und diesen für Fernsehsendungen eher unliebsamen Nachhall-Effekt von 2,9 Sekunden („eine kleine Ewigkeit“) erzeuge, „das ist wie in einer Kirche, wenn die Sätze nur so durch die Bänke schwirren“, gibt Lesche gerne Auskunft. Der vereidigte Sachverständige für Raum- und Bauakkustik, Heinrich W. Lüdeke, wurde mit dem Erstellen eines Gutachtens beauftragt, das am Donnerstag abend der „mittleren Chef
etage“ (Lesche) zur Ansicht und Durchsicht vorlag. „Das Gutachten ist eindeutig negativ“, bedauert Lesche. Nur mit dem allergrößten Aufwand („das wäre eine gigantische Geschichte“), der in-die-Hunderttausende-geht-aber-genau -kann-ich-Ihnen-das-auch-nicht-sagen, könnte man dem Modernes eine Atmosphäre wie ein „Kellerloch“ verpassen, „aber dann würde es sich eben nur noch als Fernsehsender und nicht mehr als Disco eignen“. Es gäbe da noch einige Möglichkeiten, zum Beispiel sogenannte „Schallschlukker“, die sich auch gerne unter dem Begriff „mobile Akkustik“ subsumieren lassen, also plastikschaumgummiartige Stellwände, die den Schall fressen und das Echo gleich mit. Die gibt es in zweierlei Ausführungen. Die eine - riesige Stellwände - böte sich für Fernsehübertragungen
wegen des Blickfangs nicht unbedingt an, die andere - Türen und Ecken so zu präparieren, daß auch sie den Schall wegfressen können - scheidet wegen der erhöhten Unkosten aus.
Was tun? Die Sommerpause des „Up'n Swutsch“ ist am 3. September zu Ende, Jürgen Koch und Ulla Hamann brauchen ein Dach überm Kopf, der Vertrag mit dem Höfen-Studio ist gekündigt, die Zeit rast: „Wir haben da einige Alternativen im Hinterkopf“, sagt Lesche, aber die verrät er mir nicht. „Das ist alles noch nichts Definitives“, und es sieht so aus, daß wenn in der kurzen Zeit nichts passendes gefunden wird, - „das Packhaus scheidet aus, das war eine Schnapsidee“ - doch noch einmal das Höfen-Studio in Anspruch genommen werden muß. Ach, diese Wörter.
Regina Keichel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen