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Unkultur im NetzSchieß den Muezzin

In einem Onlinespiel der steirischen FPÖ kann man auf Moscheen und Muslime schießen. Nach einer Anzeige der Grünen ermittelt nun die Staatsanwaltschaft.

Stumpfer geht's nicht! Bild: Screenshot www.stmk-wahl.at

WIEN taz | Es erinnert frappant an die gute alte Moorhuhnjagd: "Moschee baba" ("Tschüss, Moschee") heißt ein Onlinespiel, das die FPÖ Steiermark am letzten Dienstag auf ihre Wahlkampf-Homepage gestellt hat. Anstelle von schottischen Hühnern tauchen da Minarette und orientalisch gekleidete Männlein aus dem Nichts auf. Erwischt man diese mit einer irrlichternden Stopptaste, verschwinden sie und man gewinnt Punkte.

Das lustige Muezzin-Abknallen soll vor den steirischen Landtagswahlen am 26. September auch den Dümmsten klarmachen, dass sich die FPÖ gegen Moscheebauten und Zuwanderung aus islamischen Ländern stark macht.

Vom Grazer Bürgermeister Siegried Nagl über den lutherischen Bischof Michael Bünker bis zur islamischen Kultusgemeinde zeigen sich Vertreter von Religionsgemeinschaften und praktisch aller Parteien empört über den Aufruf zur Gewalt. Nach einer Anzeige der Grünen ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren.

FPÖ-Spitzenkandidat Gerhard Kurzmann, der parteiintern den Ruf des Rechtsauslegers genießt, will die Aufregung nicht verstehen. Die Vorbeter würden ja gar nicht abgeknallt, sondern nur "weggeklickt".

Doch nicht alle Parteifreunde finden das Geballer witzig. So hat der niederösterreichische FPÖ-Abgeordnete Christian Höbart dem "lieben Gerhard" via Presseaussendung mitgeteilt: "Dieses Spielchen überspannt meiner Meinung nach schlicht den Bogen." Es gefährde den Wahlerfolg.

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache ist zwar nicht glücklich, kann aber im Wahlkampfrenner seines Parteikollegen "nachweislich kein Schießspiel" erkennen: es gebe kein Fadenkreuz, keine Waffe und keinen Knall. Er selbst hätte Gerhard Kurzmann nicht zu solchen Mitteln geraten: "Ich will eine inhaltliche Debatte führen."

Das Spiel wurde von FPÖ-Strategen gemeinsam mit dem deutschen Werbefachmann Alexander Segert ausgekocht, der schon vorletztes Jahr in der Schweiz bei der Mobilisierung gegen Minarettbauten mitgeholfen hatte. Dort kam ein ähnliches Spiel zum Einsatz.

In Österreich wurde die Debatte über islamische Gebetshäuser und Vollkörperschleier in den letzten Wochen von der FPÖ aufgeheizt. Landesweit gibt es bisher drei Moscheen mit Minaretten, keine einzige davon in der Steiermark. Es liegt auch kein Antrag zum Bau einer solchen vor.

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18 Kommentare

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  • O
    oesterfix

    was hat anklicken mit Schießen zu tun, übrigens in islamischen Ländern bin ich vielen Jugendlichen begegnet, die leider nicht Computerspielen sondern auf "Andersgläubige" schießen gelehrt werden, im Gaza-Streifen sogar mit Raketen.

  • B
    blabla

    "Schieß auf die Kartoffel" - und die TAZ würde Hurra schreiben!!!

  • N
    Naja

    Es ist kravallig, mehr nicht. Grüne gehen mit ihren Gegnern auch nicht gerade menschlich um, das läuft dann aber unter witzig. Hätten Kirchengegner Kirchtürme und Pfarrer genommen um gegen den Papst zu demonstrieren fände es die Taz lustig. So ist es ein Aufruf zu Mord und eine Massenerschießung. In Wirklichkeit soll es eben diejenigen an die FPÖ binden die keine Islamisierung Österreichs wollen. Es ist unzweifelbar richtig, daß bestimmte Kreise genau dies wollen und es bereits umsetzen. Hin und wieder bringt die ARD etwas anderes als Sarrazin Hinrichtungsberichte. Die sollte sich dann hin und wieder auch der Autor des Artikels ansehen. Wenn keiner etwas dagegen unternimmt und die Politiker anderer Parteien lieber das Integrationslied singen, dann kommt eben die FPÖ. Unrecht haben sie damit nicht immer. Glaubt ihr nicht? Bitte: http://www.youtube.com/watch?v=pCG2ud23Pl4&feature=player_embedded

  • DM
    don miguel

    1) das spiel ist nun vom netz. wegen einer einstweiligen gerichtlichen verfügung und wie es seitens der fpö heißt, auf anraten ihres rechtsbeistandes. mit dem ergebnis, dass enttäuschte fans der fpö in internetforen vorwerfen "keine eier" zu haben.

    2) in der fpö steiermark gibt es bereits wegen volksverhetzung verurteilte menschen. susanne winter, mittlerweile im österreichischen nationalrat hat mohammed öffentlich als kinderschänder bezeichnet. ihr sohn in einem parteiblatt empfohlen im grazer stadtpark eine schafherde grasen zu lassen, damit muslime der sodomie frönen können und die grazer frauen in ruhe lassen.

    3) in der fpö gibt es eine ganze reihe von funktionären, die allesamt rechtskräftig verurteilt wurden und dennoch ihren dienst tun. siehe dazu: http://www.wien.gv.at/mdb/gr/2010/gr-056-w-2010-01-27-084.htm

  • S
    Schwartau

    @Name

     

    "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland weniger versteckt auf Muslime eingedroschen wird, so wie in unseren Nachbarländern. Aber so lange in der aktuellen Debatte um Sarrazin dieser Punkt immer wieder vernachlässigt wird und man lieber versucht ihn über seine Gen-Spinnereien lächerlich zu machen, kann die islamophobe Haltung weiter in der Gesellschaft Fuß fassen...um es mit den Worten Hagen Rethers zu sagen: "Wehe uns, wenn hier demnächst die Moscheen brennen, dann will's wieder keiner gewesen sein."

     

    Erbärmlicher Kommentar!

  • E
    erikius

    Man kann alles und jeden in Computerspielen abballern. Wo die Aufregung, wenn man Jesus abknallen kann? Oder wen auch immer?

    Es scheint sich immer mehr zu bestätigen: Wenn man gewaltbereite Reaktionen einer Gruppe befürchten muss, fässt man diese lieber mit Samthandschuhen an. Da Christen, Demokraten oder Buddhisten nicht zu Gewaltausbrüchen neigen, darf man diese von der TAZ ungestraft mit deren Symbolen alles machen, es wird sogar applaudiert (ich erinnere an das Peniskreuz am Kirchentag, welche als Religionskritik gewertet wurde, der Klinsmannjesus aus der Titanic, welches in der TAZ gar kein Problem ist).

    Die TAZ selektiert in diesem Bereicht sehr stark und nimmt einseitig Partei. Ich habe noch nie einen Artikel in der TAZ gelesen, in der Christen wegen so einer Sache verteidigt wurden dafür aber haufenweise negative Artikel zu christlichen Veranstaltungen.

  • M
    Maximo

    Ein Land, dass sich immer weiter gen rechts bewegt, dank einer Partei, die an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist. Dazu kommen dann Bürger, die so eine Witzgestalt wie Strache auch noch wählen.

    Traurig, traurig. Und ob man nun schießt oder klickt, die message ist diesselbe.

    Abstoßend!

  • L
    LinksFeatAntifa

    auch wenn die taz mal wieder ein wenig über das ziel hinausgeschossen ist, läuft (wie in der deutschen) in der österreichischen politik zurzeit sehr viel falsch.

    für fremdenhass sollte auch in österreich kein platz sein.

  • N
    Name

    Gut 90 Minuten später ist "Österreicher"s Aussage über die Umfrage schon hinfällig. Mittlerweile stimmen mehr gegen die Positionen der FPÖ als dafür.

     

    Dieses "Spiel" zeigt doch die ganze Lächerlichkeit der Rechten. Nicht nur, dass mehr Gotteshäuser gebaut werden als vermutlich benötigt, nein, sie sind natürlich auch so hoch wie die Berge und überragen alles...absolut lächerlich. aber dennoch gefährlich, denn solch billige Propaganda wirkt leider bei allen, die Angst vor der Zukunft haben, die den Wandel der Gesellschaft nicht sehen wollen, den (ewig) Gestrigen usw. usf.

     

    Aber dies ist ja auch nur ein weiteres Zeichen dafür, dass man in unseren Nachbarländern offener mit dem Hass gegen Muslime umgeht als bei uns. Hier sind es Menschen wie Sarrazin und Broder oder Giordano, die sich eher durch ihre Rhetorik entlarven als durch offen zur Schau gestellte Fremdenfeindlichkeit. Das ist es dann ja auch. Es ist ja nicht der Hass auf alles Fremde, sondern "nur" auf Muslime (bei vielen ist es wohl noch "nur" Angst, aus der aber Hass werden kann) und dafür haben wir noch kein Wort. Aber wenn man sich genau damit auseinandersetzt, dann erleben wir viele Parallelen zum Antisemitismus und Antiziganismus.

     

    Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in Deutschland weniger versteckt auf Muslime eingedroschen wird, so wie in unseren Nachbarländern. Aber so lange in der aktuellen Debatte um Sarrazin dieser Punkt immer wieder vernachlässigt wird und man lieber versucht ihn über seine Gen-Spinnereien lächerlich zu machen, kann die islamophobe Haltung weiter in der Gesellschaft Fuß fassen...um es mit den Worten Hagen Rethers zu sagen: "Wehe uns, wenn hier demnächst die Moscheen brennen, dann will's wieder keiner gewesen sein."

  • A
    Ackbar

    "Schieß den Muezzin" entspricht nicht der Wahrheit.

     

    Toller Journalimus.

  • P
    Piet

    "Aufruf zur Gewalt"?

     

    Geht's vielleicht auch 'ne Nummer kleiner?

  • B
    BigKelle^

    Na und gibt viele spiele da wird auf deutsche geschossen oder auf Amis oder Juden, weiß ich auf was noch alles...

    taz das ist "Bild dir deine Meinung"

     

    tata

  • S
    Österreicher

    Warum lügt der Autor?

     

    Man kann nicht schießen in diesem Spiel!

    Man kann (ähnlich wie Zensursula es plante) ein Stopschild setzen, um den Bau von virtuellen Minaretten zu verhindern oder das Singen von virtuellen Muselmännern zu stoppen, was einem auf Dauer (so ist das im Spiel gewollt) nicht gelingen kann.

    Am Ende gibt es dann eine Umfrage bei der zur Zeit 2/3 der Spieler der FPÖ recht geben, ihre Pläne gegen Überfremdung des Landes, durchzusetzen.

     

    Lügen verbreiten; das ist also Qualitätsjournalismus?

  • K
    Ketzerschnecke

    Wo gibt es das Spiel "Schieß den Päderastenpriester"?

  • IN
    ihr Name

    "Nach einer Spielidee von Thilo Sarrazin."

  • JW
    Johnny Weismann

    Alltag raus, Österreich rein.

  • B
    bämbäm

    Toll, erst wird man mit Screenshot und Beschreibung angefüttert und dann ist nirgends n link zum spielen..

  • S
    Sebastian

    "Klick den Muezzin weg", so müsste der Titel heißen! Der jetzige Titel ist absolut reißerisch und hat BILD Zeitung Niveau!

     

    Achja, danke für den Spiele-Tipp, 47500 beim ersten Versuch :)