Unkoordinierte Wohnungsbau-Pläne: Wieder Spaß am Bauen

Verband der Wohnungsbauunternehmen freut sich über SPD-Politik, aber nicht über Bürgerentscheide. Flächendatenbank und klare Strategie vermisst.

Hat genützt: Demonstration gegen Wohnungsmangel. Bild: dpa

Holger Kowalski hat seinen Humor wiedergefunden. "Früher musste man Spaß verstehen, wenn man in Hamburg bauen wollte", sagt Holger Kowalski vom Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), "heute macht das Bauen wieder Spaß."

Und das sei vor allem dem neuen SPD-Senat zu verdanken. "Der Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft" könne die Lage auf dem Wohnungsmarkt in der Hansestadt entspannen, glaubt VNW-Direktor Joachim Wege. Allerdings warnten er und Kowalski am Donnerstag vor Journalisten vor zu großem Optimismus: "Bezahlbaren Wohnraum zu fordern schafft noch keine Wohnung."

Der VNW ist der Dachverband von 315 Wohnungsbauunternehmen und -genossenschaften in Norddeutschland, davon 87 in Hamburg. Die größte ist die Saga/GWG. In der Hansestadt gehört mit fast 300.000 Wohnungen nahezu jede dritte zu einem VNW-Unternehmen.

Vor allem vermissen die Spitzenvertreter des Verbandes eine koordinierte Wohnungsbaustrategie. Ein Masterplan Flächenmanagement und eine Flächendatenbank seien notwendig, sagt Andreas Ibel vom Bundesverband der Freien Wohnungsunternehmen (BWF). "Das hat es bisher nicht gegeben", sagt er. Bezirke und Behörden hätten aneinander vorbei geplant. Mit dem "Bündnis für das Wohnen" zwischen Senat, Bezirken und Verbänden gebe es aber nun eine Grundlage für mehr und rascheren Wohnungsbau.

Denn die "Königsdisziplin", sagt Ibel, sei die Projektentwicklung. Neue Flächen, Brachen, Baulücken und "vergessene Quartiere wie in Teilen von Hamm" müssten erfasst und angeboten werden, "die intelligente Nachverdichtung machen wir dann schon".

Aber zu welchen Preisen? Im frei finanzierten Neubau sei wegen der Grundstückspreise und der Kreditzinsen ein Quadratmeterpreis von 11 bis 12 Euro realistisch: "Daran kommen wir nicht vorbei", sagt Ibel. Allerdings würden die Nebenkosten wegen einer besseren Energiebilanz der Wohnungen künftig sinken.

Aber nur mit Förderung sei die Zielmarke von 8 Euro für Genossenschaften zu erreichen. Die städtische Saga/GWG wolle 2012 rund 1.000 neue Wohnungen zu Mieten von 5,80 Euro anbieten. Der Durchschnittspreis des im November veröffentlichten Mietenspiegels lautet 7,15 Euro pro Quadratmeter im frei finanzierten Wohnungsbau.

Der Wohnungsbau in Hamburg ist jahrelang stark zurückgegangen.

Die höchste Zahl fertiggestellter Wohnungen weist das Jahr 2006 mit 4.278 Einheiten aus.

Danach sank die Zahl deutlich ab auf 3.173 im Jahr 2007, 3.758 im Jahr 2008, 3.587 im Jahr 2009 und 3.520 im Jahr 2010.

Für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor. Die Anzahl erteilter Baugenehmigungen wurde zum 30. November 2010 vom Senat mit 6.124 angegeben.

Und noch ein Thema liegt der Wohnungswirtschaft am Herzen: die Bürgerbegehren. Es könne nicht sein, dass kleine Minderheiten nach dem St.-Florians-Prinzip Bauvorhaben verhinderten. Am Isebekkanal in Eimsbüttel wurde am 1. Juli 2010 ein Neubau per Bürgerentscheid verhindert. Die Beteiligung im Bezirk lag bei lediglich 23,3 Prozent, die siegreiche Drei-Viertel-Mehrheit repräsentierte somit nur 16,1 Prozent aller Abstimmungsberechtigten.

Deshalb fordert die VNW-Spitze die Einführung eines "Zustimmungsquorums" von 20 Prozent bei bezirklichen Bürgerentscheiden. Die Legitimation des Bürgerwillens müsse so groß sein, "dass er Respekt für sich in Anspruch nehmen kann".

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