: Union und SPD einig für verschärfte Innere Sicherheit
■ Bundesrat beschließt Kurskorrektur bei Gewalt- und Kriminalitätsbekämpfung
Bonn (AP) – Union und SPD haben sich einmütig für eine verschärfte Gangart bei der Bekämpfung der Kriminalität ausgesprochen. Der Bundesrat faßte gestern eine umfangreiche Entschließung, mit der nach den Worten des scheidenden Hamburger Bürgermeisters Henning Voscherau (SPD) eine „Kurskorrektur“ bei der Gewalt- und Kriminalitätsbekämpfung vollzogen wird. Die Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen stimmten nicht zu, ebensowenig das von SPD und FDP regierte Rheinland-Pfalz.
Union und SPD sind parteiübergreifend einig, daß vor allem vorbeugend gegen tatsächlich oder vermeintlich zunehmende Kriminalität vorgegangen werden muß. Sie fordern unter anderem ein bestimmteres Vorgehen gegen sogenannte Alltagskriminalität, auch von Kindern und Jugendlichen. Andererseits müsse als Prävention gegen Jugendkriminalität dem Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen begegnet werden.
Eine Entkriminalisierung des Ladendiebstahls wird abgelehnt. Die Polizei solle sich öffentlich deutlicher zeigen. Ausstattung von Polizei und Justiz müßten die Leistungsfähigkeit sicherstellen. Gerade bei jugendlichen Straftätern solle die Strafe möglichst schnell der Tat folgen. Das mildere Jugendstrafrecht soll bei Heranwachsenden nur noch angewandt werden, wenn eine erhebliche Entwicklungsverzögerung vorliegt.
Vorgesehen ist dauerhafte Sicherheitsverwahrung für nicht therapiefähige Sexualstraftäter, wenn ein Rückfall nicht zweifelsfrei auszuschließen ist. Straffällig gewordene Ausländer sollen schneller abgeschoben werden. Gerichts- und Ordnungswidrigkeitsverfahren sollen gestrafft, die Beschlüsse zu Lauschangriff und zur Einziehung illegaler Vermögen zügig umgesetzt werden. Die Länder plädieren außerdem für die Einführung eines „kleinen Waffenscheins“ für Schreckschuß-, Reizstoff- und Signalwaffen sowie für ein Verbot besonders gefährlicher Hieb- und Stichwaffen.
Bundesjustizminister Schmidt- Jortzig (FDP) gab zu bedenken, daß für das gesunkene Sicherheitsempfinden der Bürger auch die Überzeichnung der Probleme in der politischen Auseinandersetzung mitverantwortlich sei. Es gebe kein Gesetzes-, sondern ein Vollzugsdefizit, meinte der FDP- Politiker.
Voscherau und der bayerische Innenminister Günter Beckstein (CSU) hoben hervor, daß die Bürger sich vom Staat abwendeten, wenn ihr Sicherheitsgefühl beeinträchtigt sei. Der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) sprach sich für mehr Polizeipräsenz in den Städten und „niedrigschwelligeres Eingreifen“ aus.
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