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Union blockiert Hartz-IV-KompromissZu früh gefreut

Die Kompromiss-Vorschläge der Ministerpräsidenten Böhmer, Seehofer und Beck stoßen auf Widerstand – aus der Union. Dabei sah alles so gut aus.

Die drei Ministerpräsidenten – noch guter Dinge. Bild: dpa

BERLIN taz | Da wollten die Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Bayern und Rheinland-Pfalz, Wolfgang Böhmer (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Kurt Beck (SPD), am Dienstag konsensfähige Vorschläge erarbeiten, um im Hartz-IV-Streit zu einer Einigung zu kommen. Am Mittwoch hieß es jedoch aus Koalitionskreisen, die Verhandlungsergebnisse stießen bei der Union auf heftigen Widerstand, es gebe weiteren Gesprächsbedarf.

Die Süddeutsche Zeitung hatte berichtet, die drei Länderchefs hätten über eine Erhöhung des Regelsatzes um 8 statt wie geplant um 5 Euro verhandelt. Bislang war eine Regelsatzerhöhung um mehr als 5 Euro von der Regierung für tabu erklärt worden. Auch sollen sich Böhmer und Seehofer offen für die SPD-Forderung gezeigt haben, an den Schulen 3.000 zusätzliche Sozialarbeiter einzusetzen.

Fortschritte soll es auch bei Mindestlöhnen für zwei weitere Branchen geben. Aus der Union war bereits vor dem Treffen signalisiert worden, man könne sich bei Lohnuntergrenzen in der Weiterbildungsbranche und dem Wachgewerbe auf die Opposition zubewegen, auch ein Mindestlohn für die Leiharbeit war bereits konsensfähig erschienen.

Bei einer zentralen Forderung der Opposition - Leiharbeitern nach maximal einem Monat den gleichen Lohn ("Equal Pay") wie der Stammbelegschaft zu zahlen - war jedoch auch das verhandelnde Dreigespann nicht weitergekommen. Die FDP beharrt auf einer Neunmonatsgrenze.

Politiker aus Union und FDP hatten die drei Ministerpräsidenten vor ihrem Treffen gewarnt, eine eigene "Bundesratsfront" aufzubauen. Diese klagten, die Fraktionen akzeptieren keine Vorfestlegung, weil es um Geld des Bundes gehe. Böhmer sagte, man habe "die Knackpunkte" schon einmal vorbesprochen, betonte jedoch, "ohne einen Beschluss zu fassen".

FDP-Kreise kommentierten laut SZ eine Regelsatzerhöhung mit den Worten: "Damit laufen sie bei uns gegen eine Wand." Am Sonntag soll nun eine um die Partei- und Fraktionsspitzen erweiterte Runde, an der auch die ursprünglichen Verhandlungsführerinnen Manuela Schwesig (SPD) und Ursula von der Leyen (CDU) teilnehmen dürften, über die Vorschläge der Länderchefs beraten.

Bei der SPD könnten deren Vorschläge auf Zustimmung stoßen. Beim Regelsatz würde sich die Regierung nach langem Sträuben doch bewegen, wenn auch nur minimal. 3.000 Schulsozialarbeiter wären ein Einstieg. Ursprünglich hatten die Sozialdemokraten 40.000, zuletzt 5.000 gefordert. Eine Grenze von neun oder auch sechs Monaten für Equal Pay in der Leiharbeit dürfte für die SPD jedoch unannehmbar sein. Man könnte sich eher gar nicht einigen. Aus Koalitionskreisen hieß es bereits, man habe das Thema aus dem Gesamtpaket ausgegliedert.

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16 Kommentare

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  • W
    Woschtfett

    Ich tausche 5€/Monat gegen das kleine Wörtchen "bedingungslos" und die restlichen 3€/Monat gegen die Anerkennung als vollwertiger Mensch auch ohne Job (°_^)

  • W
    wolfgm

    Das ganze ist ein Problem der Kostengerechtigkeit.In unseren Lande gibt es eine Menge Leute die nach dem Motto leben "Sie Säen nicht und sie Ernten doch",alle Beamten,Selbstständige,Politiker müssen in die Sozialsysteme einzahlen.Das ist eine Frage der Gerechtigkeit und Glaubwürdigkeit.Kein Beamter hat das recht sich irgendeiner Wahl zu stellen,Beamter ist Diener des Staates.Finanzbeamte müssen soviel Rechte haben wie Richter,damit das Volk nicht betrogen werden kann,sie sind die wichtigste Beamtengruppe damit das Staatswesen und die Sozialsysteme auch von allen bedient werden .Wichtige,Versorgungen,Wasser,Post,Energie,müssen wieder verstaatlicht werden.Parteien die gegen das Gemeinwohl sind gehören Verboten.Lernen braucht man das nicht es wird in Europa bereits von der Schweiz praktiziert.

  • J
    JaneO.

    Hoffentlich kriege ich das jetzt richtig zusammen....

    Angela Merkel hat doch tatsächlich gestern gesagt :" Hier geht es nicht um mein Geld, sondern um Ihr Geld, also das Geld der Steuerzahler!"

     

    Da hatte sie doch tatsächlich vergessen, dass ihr Geld (also Merkels) der Steuerzahler aufbringen muss.

    Ja, Frau Merkel, Sie werden vom Steuerzahler bezahlt.

     

    Also, das dachte ich bis gestern....

    Ein Schelm der Böses dabei denkt und zu der Vermutung kommen könnte, dass das Geld doch überwiegend aus anderen Töpfen fließt....

    Ach, so`n Quatsch...

  • O
    Oli

    "Ursprünglich hatten die Sozialdemokraten 40.000, zuletzt 5.000 gefordert."

     

    Sag ich doch: Auf die SPD ist bei Hartz Verlass. Die wissen gar nicht, wie unglaublich ihre Linie in diesen Verhandlungen rüberkommt.

    Aber die SPD hat auch keinen einzigen Demonstranten oder Sympathisanten parat, um echten Druck auf diese Regierung (allen voran Ursula von der Leyen) auszuüben.

    Warum?

    Weil die SPD selber eine Hartz-Partei ist. Sie sind im Prinzip für dieses unglaubliche SGB II. Da können sie auch schnell von 40.000 auf 5.000 oder 3.000 gehen. Wahrscheinlich reichen auch 500 am Ende aus. Eigentlich reichen auch 3 EURO und 50 oder 1,5 EURO und 30. Typisch SPD.

  • H
    HamburgerX

    50 Jahre wurden in Deutschland von allen Parteien Steuergelder verschwendet, über 50 Jahre wurden Sozialleistungen blindwütig immer weiter emporgeschraubt, über 50 Jahre unhaltbare Subventionen fortgeführt oder installiert, über 50 Jahre Gelder in der EU missbraucht, über 50 Jahre ein Rentensystem immer maroder gemacht.

     

    Nun ist Schluss mit lustig, und das ist gut. Auf über 680 Milliarden Euro belaufen sich inzwischen die jährlichen Sozialausgaben in Deutschland.

     

    Die Menschen müssen endlich wieder spüren, dass jedes kleines bißchen Wohlstand erarbeitet werden muss.

     

    Arbeit statt Umverteilung, Fleiß statt Anspruchsdenken, Unternehmertum statt Rundumabsicherung. Eine subventionierte Zuckerwattenwelt macht die Gesellschaft weinerlich und passiv - und maßlos.

  • MD
    maria daubenbuechel

    wenn ich mir diese satten, selbstzufriedenen gesichter ansehe,und die sollen über das leben von arbeiteslosen entscheiden,dann könnte ich mit verlaub gesagt nur noch kotzen.die haben doch vom täglichen leben eines arbeitslosen nicht die leiseste ahnung.

  • TD
    The Dute

    Ich kann das daß Gelaber nicht mehr hoeren von " Daß müsst ihr als Steuerzahler zahlen","Ihr habt jahrelang

    über eure verhältnisse gelebt"!Zu Punkt 1,ich habe nie verlangt daß unsere Boys in Afganistan rumhupsen geschweige denn in Bananenstaaten Milliarden zu schicken um z.b unsere Rüstungs abnehmer nicht zu verprellen.Steuer Privilegien an die nur die wenigsten Partizipieren.Ich würde sogar noch auf die 5 Euro Almosen verzichten wenn sie das Geld nehmen würden und unsere Kinder damit mehr Chanzen im Leben zu ermöglichen.Wie zum Beispiel Kostenlose Kitas,Sozialarbeiter,und vor allem eine Perspektive!

    Die Regierung braucht sich da nicht zu wundern wenn keiner mehr wählen geht,und die jungen Menchen völlig abgleiten und sich Nichen suchen wie zum Beispiel die Neonnazis oder Ähnliches.Es fühlt sich keiner mehr vertreten vom Staat.Es erinnert mich fast an die Wheimahrer Repuplik und was dann unmittelbar danach kam...!Es braucht nur wieder so eine Person und er käme aus dem Stand sofort Werte die die Politik ganz schön nervös machen könnte!

     

    The Dute

  • A
    Amir

    heute muß man schon Familie für Unterstützung haben, damals gab´s einmalige Beihilfen, alsoe warum merken die Herr-Schaften nicht, das alle über ihre asozialen Verhandlungen lachen.

  • D
    DerDemokrator

    Seltsam

     

    Ist dieses Verhalten jetzt der PISA-Tatsache geschuldet die zeigt, das wir Deutsche immer blöder werden und der Ausgangsherd dieser "Epidemie" der Berliner Reichstag war? Oder glaubt man IM Reichstag inzw. das das Volk inzw. so verblödet ist, das das ganze Taktieren nicht als mieses Staatsschauspiel erkannt wird, sondern echter Sorge um das Volk entspringen würde oder zeigt "IM Erika" jetzt ihr wahres Gesicht, das das einer Staatsfunktionärien alter Prägung ist?

     

    Ciao

    DerDemokrator

  • KD
    Karl der Käfer

    Achja., ein Teil der Union ist vielleicht immer noch "beleidigt".., weil das Bundesverfassungsgericht einmal "Tacheles" gesprochen hat.

     

    Wie "uneinsichtige" Teenager versuchen sich da manche aus der Verantwortung zu stehlen.

     

    8 Euro wären nun wirklich für niemanden in ihrer "Kaste" ein GEsichtsverlust gewesen. Aber natürlich..sie denken ja ständig an die "armen" GEringverdiener und können ihm den Zuwachs von 5 auf 8 Euro nicht erklären und es nicht verantworten.

     

    Es sind ja Steuergelder.

     

    Ja, es sind Steuergelder. Eben drum ist es ja wichtig, die Volkswirtschaft in Gang zu bringen !

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Es ist immer wieder schön, wenn die CDU pluralistisch ist.

  • F
    FAXENDICKE

    Diesen SOZIAL-Schmarotzern genannt Politiker wünsche ich mit Inbrunst ein Leben mit dem Geld eines Hartz IV Empfängers und das bei einem wirklichen Vollzeitjob im Dumpinglohnsektor mit Aufstockung. Politiker arbeiten nämlich selbst nicht wirklich, sie labern viel und dumm und lassen sich von einem Arbeitsessen zum nächsten fahren. Das alles hat nichts mit Arbeit, schon gar nicht mit produktiver Arbeit zu tun, es ist eher so eine Art Dauerparty auf Kosten des Steuerzahlers. Die eigentliche politische Arbeit verrichten irgendwelche Referenten, Staatssekretäre und diverse teuer und extra bezahlte "Experten und Berater" aus der Wirtschaft. Darüberhinaus werden Politiker mit Steuergeld fürstlich entlohnt, zahlen null und gar nichts in die sozialen Sicherungssysteme, bei first class Krankenversorgung und Bombenpensionen (die Durchschnittspensionen liegen zur Zeit bei ca. 2500 Euro im Monat, Arbeiter!!! und Angestellte erhalten im Schnitt etwa 800 Euro Rente, Frauen noch weniger).

    Ich selbst erhalte eine kleine EM-Rente hinzu ein Wohngeld, alles in allem habe ich nach Warmmiete ca. 40.-TEURO mehr als der Hartz IV Regelsatz oder die Grundsicherung. Selbst das macht ein menschenwürdiges Leben mit anständiger Kleidung und Ernährung unmöglich. Ich denke dabei nicht an irgendwelche Modeklamotten, aber die Armut nötigt mich in Discounterläden Kleidung zu kaufen, obwohl ich weiß damit ausbeuterische und gefährliche Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und Schuldknechtschaft in der dritten Welt zu unterstützen. Bei der Ernährung denke ich auch nicht an Kaviar, Champagner und exotische Früchte, aber dauerhafter Genuß von Billigprodukten aus der Massenproduktion macht mittel bis langfristig krank, das zumindest kann jeder gute Arzt bestätigen. Eine Teilhabe am sozialen Leben ist mit Hartz IV oder 40,- Euro mehr auch nicht möglich, dies führt zwangsläufig zur Vereinsamung und macht seelisch krank.

    Wer dies ALLES mit einer gewissenlosen neoliberalen Politik in einem der reichsten Länder der Erde unterstützt macht sich zutiefst schuldig. Unsere Politiker tun es ohne mit der Wimper zu zucken.

  • F
    Frank

    Unverschaemtheit.

    So nach dem Motto "die Gespraeche wurden ernsthaft und ausdauernd, in einer gespannten Atmoshere gefuehrt. Zukunft ist gut fuer jeden und deshalb nehmen wir die Angelegenheit sehr ernst..."

     

    Nichts, null Information. So dreist kann man auch klarstellen, dass eine oeffentliche Diskussion ueber dieses nicht gewuenscht wird.

    Man verweigert einfach die informationelle Grundlage und schafft Fakten.

    Und wieder, alles ganz friedlich, ohne sichtbare Gewaltanwendung.

  • B
    beka48

    Die sollen sich ihre Regelsatzerhöhung von lächerlichen 5 € pro Monat doch sonstwo hinschieben!

     

    Die ganze Diskutiererei in den erlauchten Abgeordneten- und Ministerkreisen kostet doch den Steuerzahler inzwischen mehr Geld als die ganze Erhöhung überhaupt wert ist!!

     

    Aber HARTZ IV eignet sich natürlich bestens für Wahlkampf- und politische Profilisierungszwecke, HARTZ IVer haben ja auch keine Lobby, der man hintenreinkriechen müsste!

     

    Als vor 2 Jahren die Zockerbank HRE pleite ging, wurde ÜBER NACHT an einem Wochenende ein sog. Rettungspaket in Höhe von 8 Milliarden € cash und 130 Milliarden an Bürgschaften beschlossen!

     

    Aber die Zockerbanken sind ja auch "systemrelevant", die eigenen Bürger ganz offensichtlich nicht!

  • RW
    Ralf Wünsche

    Wann finden sich im Bundestag aus noch " Aufrechte " von SPD , Grüne und Linke , oder aus das Land Berlin und geht mit einem Normenkontrollverfahren vor das Bundesverfassungsgericht .

     

    Ansonsten kann man das Vertrauen in Politik verlieren bei soviel Schamlosigkeit betreffend

    Menschenwürde , Gerechtigkeit , Sozialstaatlichkeit

    und Rechtsstaatlichkeit !

  • G
    gesine

    Woran erinnert mich das Gebaren, vor allem von CDU, CSU und Movenpick-Partei?: An weiland Feudal'herren'. Die SPD hätte vor Jahren niemals H4 zustimmen dürfen und Gas-Gerd in die Wüste schicken müssen.

    Bei der SPD sind zu viele mit Rechtsdrall. Sonst wäre die SPD sicherlich eine wählbare Partei.

    Frau Schwesig reibt sich auf; innerhalb einer Horde verwöhnter, wildgewordener Geizhälse von Bonzen. Die Parteinicks haben doch allesamt nie gearbeitet, bis auf Böhmer, der im Osten als Arzt gearbeitet hat.

    Den Westpolitikern traue ich gar nicht zu arbeiten zu können und arbeiten zu wollen. Die Westpolitiker/innen und die meisten ostdeutschen Politiker/innen haben das Arbeiten noch nie erfunden gesweige denn am eigenen Leibe erfahren.

    Gesine