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Union besiegt HerthaFast so peinlich wie der Abstieg

Hertha verliert das Berliner Derby gegen Union überraschend mit 1:2. Trainer Babbel entschuldigt sich bei den Fans. Die Köpenicker sprechen von einem historischen Sieg.

Hatten allen Grund zum Feiern: Unioner am Samstag. Bild: dpa

Wenige Minuten vor dem Schlusspfiff stimmten die Anhänger von Union Berlin in der Gästekurve des Olympiastadions ihr Lied an: "Unsere Liebe. Unsere Mannschaft. Unser Stolz. Unser Verein. Eisern Union." Sie sangen es immer wieder, wie in Trance. Auch später noch, als die Partie längst zu Ende war. Auf der gegenüber liegenden Seite, wo die lautstärksten Hertha-Anhänger standen, war beklommene Stille eingekehrt.

Hertha BSC Berlin, der selbst ernannte Hauptstadtklub, der Tabellenführer der Zweiten Liga, der seine Zugehörigkeit zu dieser Klasse als ein großes Unglück betrachtet, hat im vollbesetzten Rund vor 74.244 Zuschauern 1:2 gegen den Stadtrivalen Union Berlin verloren. Gegen den Verein, der seine Heimstätte vornehmlich im Bezirk Köpenick sieht und seine Zweitligazugehörigkeit als ein großes Glück empfindet. Und der den Herthanern schon im Hinspiel ein 1:1 abgetrotzt hatte.

An sich sind Favoritenstürze nichts Außergewöhnliches im Fußball. Aber dass diese Niederlage von Hertha eine ganz besondere Tragweite hatte, war allerorten zu spüren. Union-Sprecher Christian Arbeit wischte sich in den Katakomben des Olympiastadions die Tränen aus dem Gesicht und erklärte mit brüchiger Stimme: "Das ist so ein toller Moment." Manager Christian Beeck versicherte später, ihm seien etliche Mitarbeitern des Vereins begegnet, denen das Wasser in den Augen stand. Er selbst sei nicht so der Typ dafür. Und so versuchte der 40-jährige Beeck das Geschehene zu rationalisieren: "Das ist eine der schönsten Geschichten mit Union. Die nehme ich mit in Rente. Auch wenn Hertha hochgeht, es wird immer so bleiben, dass wir gegen die gewonnen haben."

Damit sprach er zugleich die Krux an, die der Ausgang dieser Partie für Hertha bedeutete. Im Falle des wahrscheinlichen Aufstiegs wird die Gelegenheit zur Revanche auf unbestimmte Zeit ausbleiben. Auch Beeck wagte keine Prognose dazu, wann Union mal wieder im Olympiastadion aufkreuzen werde.

Gerade das Spielgeschehen am Samstag hatte allen vor Augen geführt, dass die beiden Teams nicht zuletzt hinsichtlich ihrer fußballerischen Begabung sehr weit auseinanderliegen. Auch das machte die Partie besonders - und aus Sicht von Hertha war dies die eigentliche Tragödie. Bereits in der 4. Minute mussten die Gäste einen ihrer Besten, Michael Parensen, auswechseln. Er prallte mit Peter Niemeyer zusammen und zog sich ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Und sein 1,78 Meter große Vertreter, Paul Thomik, versuchte das daraufhin währende halbstündige Durcheinander der Union-Abwehr in Worte zu fassen: "Bei Ecken und Freistößen sind die immer mit vier, fünf 1,90-Meter-Männern in den Strafraum gekommen. Wir haben einfach versucht, so gut wie möglich zu verteidigen. Wir waren die klar unterlegene Mannschaft."

Ein Paradebeispiel für die Grenzen der eigenen Möglichkeiten war der überforderte Dominic Peitz, der in der 13. Minute mit einem Fehlpass das 1:0 der Blau-Weißen durch Roman Hubnik einleitete. Ein Debakel schien sich anzukündigen. Doch Hertha verpasste es, seine ansehnlichen Offensivbemühungen durch einen zweiten, dritten oder gar vierten Torerfolg abzuschließen. "Dann", so schilderte Peitz den Fortgang der Begegnung, "haben wir uns überragend in das Spiel reingebissen, weil wir irgendwie gespürt haben, worum es auch für die Fans geht."

Hertha hatte zwar immer noch die besseren Einschussmöglichkeiten, aber die Union-Profis hielten sich an die gesungene Marschroute ihrer Fans: "Ein Schuss, ein Tor, Union." Zuerst beherzigte dies in der 37. Minute John Jairo Mosquera mit einem schönen Linksschuss. Dass er sich den Ball zuvor nicht ganz regelkonform mit dem Arm vorlegte, blieb ungeahndet. Und Torsten Mattuschka hielt die hundertprozentige Chancenverwertung aufrecht, als er mit einem Freistoß in der 71. Minute die letztlich entscheidende Führung erzielte.

Fans in Trauer

Für die Union-Fans war dies auch deshalb eine ganz große Freude, weil Mattuschka, der bereits in der Oberliga für den Verein kickte, bei ihnen in besonderer Ehre gehalten wird. Die Hertha-Angestellten versuchten hinterher den Schaden kleinzureden. Christian Lell erklärte etwas verkniffen: "Am Ende zählt die ganze Saison." Und Trainer Markus Babbel sagte: "Jetzt müssen wir eine Woche die Schmach ertragen und haben dann die Chance, die Scharte auszuwetzen." Den Hertha-Anhängern, bei denen sich Babbel in aller Form entschuldigte, wird diese Niederlage sicherlich wesentlich länger nachhängen.

Bei Union ließ Manager Beeck keinen Zweifel an der historischen Bedeutung des Erfolgs aufkommen: "Es werden ja Vereinsbücher geschrieben. Und da wird diese Geschichte heute sicher viel Platz erhalten."

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1 Kommentar

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  • WA
    Wir aus dem Westen ... von Friedrichshagen

    Im Großen und Ganzen trifft der Bericht ja den Spielverlauf, aber in einem Punkt muss man deutlich widersprechen, lieber Herr Kopp: Hertha war spielerisch nicht wesentlich besser als Union und deswegen war der Sieg auch nicht unverdient. Wie Mattuschka nach Spielende so schön formulierte: "...das Scheißgerede über die Bayern der zweiten Liga ...". Wahrscheinlich wird diese Niederlage der Grundstein für den Aufstieg von Hertha und dafür sollte man den Unionern sehr dankbar sein.

     

    Was absolut nicht erstligatauglich war: das Hertha-Publikum! 10.000 Ostkurvenfans plus 40.000 Sesselpuper ohne Stimme kommen gesanglich einfach nicht gegen 15.000 lautstarke Unioner an. Aber was will man auch machen, wenn zwischen Kurve und Tor jedes zweite Wochenende wieder 30 Meter liegen.